Bestimmte Aussagen in Stellenanzeigen abschreckend?

Jeder, der mal Bewerbungen schreiben musste, wird die Floskel aufgefallen sein, die sich immer häufiger in Stellenanzeigen integriert findet. Dort steht dann meist, dass bei gleicher Eignung Frauen bevorzugt würden bei der Bewerbung (oder so ähnlich). Jedenfalls habe ich mir bei diesem Satz nie etwas gedacht. Für mich war das immer eine Floskel und mich hat das nie beeinflusst, wenn es um eine Bewerbung an sich geht. Denn man kann es ja trotzdem probieren und schauen, ob man Erfolg hat.

Nun meinte ein Bekannter neulich, dass ihn dieser Satz total abschrecken würde und dass er bei so einem Satz von einer Bewerbung sogar Abstand nehmen würde. Ich finde diese Einstellung wenig nachvollziehbar. Denn mittlerweile hat doch gefühlt jede Stellenanzeige diese Floskel integriert, sodass man sich ja dann gar nicht mehr bewerben dürfte, wenn man diese Stellen dann wegen einem Satz boykottiert. Wie seht ihr das? Findet ihr bestimmte Aussagen in Stellenanzeigen abschreckend oder überhaupt nicht? Welche sind das? Findet ihr die Einstellung meines Bekannten nachvollziehbar?

So ein Satz ist nun einmal für Behörden und Unternehmen öffentlichen Rechts Pflicht, der stört mich nun wirklich nicht. Da gibt es ganz andere Klopper, vor allem wenn diese Formulierungen im Rudel auftauchen. Zu meinen persönlichen Gruselvorstellungen gehören unter anderem Folgende:

Traditionsunternehmen: Das heißt nichts anderes als Innovationen unerwünscht, das haben wir schon immer so gemacht und das bleibt so. Außerdem haben wir eine Bürokratie wie in Asterix beim Passierschein A38. Eingespieltes Team: Unsere Mitarbeiter arbeiten seit 20 Jahren zusammen, dem Neuen traut man nicht einmal zu, Kaffee zu kochen.

Auch nett sind gute Aufstiegschancen: In diesem Sauladen hält es keiner lange aus, die Fluktuation beschäftigt ein eigenes Arbeitsamt. Wer hartnäckig ist, wird automatisch befördert. Flache Hierarchie: Bei uns herrscht das Chaos! Entscheide selbst und lebe mit den Konsequenzen. Junges Team: Hier gibt es einen Hungerlohn. Wer etwas Berufserfahrung gesammelt hat, flüchtet sofort.

Mir fallen gerade keine konkreten Formulierungen ein, die mich bei einer Stellenanzeige abschrecken würden. Ich nehme allerdings keine Stellenanzeige ernst, in der nicht konkret ersichtlich ist, was genau meine Aufgaben wären oder um welches Unternehmen es sich überhaupt handelt. Einige machen da ja wirklich ein Geheimnis draus.

Man kann in jede Formulierung etwas Negatives hineininterpretieren, sowohl was Positives als auch was Negatives. Ich habe es beispielsweise ganz gerne, wenn sich in einem Unternehmen nicht ständig was ändert und ich mag es auch, selbst zu entscheiden. Daher käme mir ein Traditionsunternehmen mit flachen Hierarchien sehr gelegen.

Die Bemerkung, dass Frauen bevorzugt werden, würde mich jetzt nicht abschrecken, aber ich frage mich auch, ob man das nur aus politischer Korrektheit schreibt und ob es unbedingt sein muss, solche Formulierungen zu verwenden.

Das ist auch mit dem Satz, dass Behinderte bevorzugt werden, so. Erstens mal glaube ich das nicht, denn es weiß ja keiner, wer sich da alles beworben hat und als Bewerber kannst du nicht nachvollziehen, ob man sich daran hält, und selbst wenn es so ist, wäre die Frage, ob es die Situation überhaupt gibt, dass zwei Kandidaten genau die gleiche Eignung haben. Da müssten die doch eine identische Karriere haben, überall die gleichen Noten in den Zeugnissen, was sicherlich kaum vorkommt.

Wie schon erwähnt: Wenn in Stellenanzeigen erwähnt wird, dass bei gleicher Qualifikation Frauen oder Schwerbehinderte bevorzugt werden, dann geschieht das nicht aus "politischer Korrektheit" , sondern weil das für Behörden und den öffentlichen Dienst gesetzlich vorgeschrieben ist. Genauso gut könnte man darüber meckern, dass auf jeder Müslipackung "Serviervorschlag" steht. Das ist auch gesetzlich vorgeschrieben, damit der Verbraucher nicht glaubt, dass in der Müslipackung auch eine Schüssel, ein Löffel, eine Kuh und ein 12jähriger Bursche enthalten sind.

Die Aussage, dass bei gleicher Qualifikation bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugt werden, ist natürlich problematisch, da es sich streng genommen einerseits um Diskriminierung handelt, andererseits derlei Vorgaben meiner Meinung nach auch leicht zu unterlaufen sind. Da hat dann der Bewerber, der kein Hörgerät braucht oder keine Vagina hat, eben einen vhs-Kurs mehr absolviert, und der offiziell nicht behinderte Herrenclub bleibt weiter schön unter sich.

Aber wenn man sich von derlei Formulierungen derart in der nicht-behinderten Männerehre gekränkt fühlt, dass man sich auf diese Stellen nicht bewirbt, ist der Sache auch gedient. Derart dünnhäutige Weicheierigkeit kann man sich auf dem heutigen Arbeitsmarkt sowieso nicht leisten, auch wenn man das Ganze heroisch als "Boykott" uminterpretiert.

Von der Aussagen, dass bei gleicher Qualifikation eher eine Frau eingestellt wird, habe ich noch nichts gelesen, aber bei meinem Beruf ist so eine Aussage auch nicht wirklich sinnvoll. Es gibt bei mir aber durchaus schon Floskeln, die auf mich eher abschreckend wirken. Mir fällt nun spontan keine ein, die hier nicht schon genannt worden wäre, aber ich denke auch, dass man sich eine Anzeige schon gut durchlesen, aber wegen so einer Aussage nicht unbedingt vor einer Bewerbung zurückschrecken sollte.