Patienten ablehnen, wenn diese befreundet sind?

vom 06.02.2018, 08:30 Uhr

Eine Freundin geht seit geraumer Zeit zu einer Psychologin. Sie hat mit dieser schon gute Fortschritte erzählt und sich mit einer anderen Frau angefreundet, die ähnliche psychische Probleme hat. Sie hat ihr diese Psychologin empfohlen. Die beiden Frauen haben sich wohl durch einen Sportkurs kennengelernt.

Die Psychologin hat auch die neue Patientin angenommen und die beiden Frauen haben sich immer mehr angefreundet. Nun sagte die Psychologin meiner Freundin wohl, dass sie die neue Patientin nicht angenommen hätte, wenn sie vorher gewusst hätte, dass die Beiden befreundet sind. Sie hätte doch Bedenken, dass sich die Fälle überschneiden könnten. Dem ist aber bisher nicht so und die beiden Frauen klären wohl privat alles, was die Krankheiten betrifft untereinander und halten sich gegenseitig bei den Therapiestunden heraus.

Könnt ihr nachvollziehen, dass ein Psychologe oder Arzt einen Patienten ablehnt, wenn dieser mit einem bereits angenommenen Patienten befreundet oder verwandt ist? Habt ihr solche Fälle schon erlebt? Ist das durchaus üblich, dass dann ein Patient abgelehnt wird? Ist es ansonsten schwer die Fälle zu trennen?

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Gerade im psychiatrischen Bereich ist es tatsächlich nicht ungewöhnlich, dass Therapeuten die parallele Behandlung bekannter oder verwandter Patienten ablehnen. Im stationären Setting beispielsweise werden Patienten, die die gleiche Schulklasse besuchen, eine Liebesbeziehung untereinander haben oder privaten Kontakt zu jemandem vom Personal hegen, in der Regel so aufgenommen dass kein täglicher Umgang mit den jeweiligen Bezugspersonen bestehen kann. Und auch bei ambulanten Psychotherapeuten ist es nicht ungewöhnlich, dass sich diese weigern, beispielsweise Mitglieder der gleichen Familie zu betreuen.

Das erscheint vor dem Hintergrund der biopsychosozialen Genese vieler psychischer Erkrankungen in meinen Augen auch sehr sinnvoll. Es gibt da ja fast keine Fälle, in denen die familiären und sonstigen sozialen Beziehungen, Schule und Arbeitsplatz oder generell die Einbindung ins Alltagsleben nicht beeinträchtigt sind und zum Störungsbild irgendeinen Beitrag leisten. Für den Erfolg der Behandlung ist es oftmals essentiell, die Patienten aus diesem Gefüge herauszuholen und im geschützten Rahmen an den Problemen zu arbeiten, bevor man sie wieder ins normale Leben integriert. Das ist ungleich schwieriger, wenn man potentiellen Triggern täglich auf dem Gang begegnet oder im Wartezimmer gegenübersitzt.

Auch bringt es den Therapeuten womöglich in eine moralische Zwickmühle, wenn er Person A und Person B behandelt, die sich gegenseitig die Schuld für ihre Erkrankung zuschieben. Da braucht es schon eine starke Kompetenz und Abgestumpftheit, um sich nicht in seiner Professionalität beeinflussen zu lassen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich verstehe ehrlich gesagt das Problem gar nicht. Wäre ich die Therapeutin hätte ich keine Hemmungen, die "neue" Patientin nachträglich abzuweisen und sie an andere Therapeuten zu "überweisen". Die Begründung der Patientinnen wäre mir persönlich so ziemlich egal. Des weiteren würde ich als Therapeutin meine Taktik im Gespräch mit den Patienten ändern.

Sie sagt ja selbst, dass sie gar nicht gewusst hat, dass da ein Kontakt zwischen den Patienten besteht. Da hätte man ja ansetzen können. Da wäre es sinnvoll das nächste Mal konkret zu fragen, wie man zu eben dieser Therapeutin gekommen ist. Wenn dann gesagt wird, man ist empfohlen worden durch Onkel X, Cousine Y oder Freundin Z, dann ist die Sache ja klar.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Bei einem Psychologen kann ich es auf jeden Fall verstehen, warum dieser lieber keine zwei Patienten betreuen möchte, die untereinander befreundet sind. Sicher kann man es nicht immer verhindern, das sieht man ja im vorliegenden Fall. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass das durchaus üblich ist, keine befreundeten Patienten anzunehmen, um den Arzt selber nicht in eine Zwickmühle zu bringen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^