Würdet Ihr einen gehörlosen Mitarbeiter einstellen?
Ein Kumpel von mir ist gehörlos und hat arge Probleme in seinem studierten Beruf eine Anstellung zu bekommen. Das obwohl er einen Job gewählt hat, wo das Sprechen als solches auch gar nicht mit Kunden so notwendig ist, weil vieles via E-Mail klappen könnte. Eben Webdesign und irgendwas mit Informatiker in der Anwendung. Das sind seine Spezialgebiete, aber all seine Bewerbungen endeten beim Vorstellungsgespräch, wenn sie überhaupt bis dahin gegangen sind.
Nun hat er mich mal aus reinem Interesse gefragt, ob ich ihn einstellen würde, was ich natürlich mit einem „Ja“ beantwortet habe, aber ihm zu einfach war. Er sagt, das kann er jetzt aus Freundschaft sehen oder eben weil man sich kennt, aber wenn ich es eben nicht tun würde, ob ich ihn dann immer noch eine Chance in den Beruf geben würde. Auch da habe ich gesagt, „ja“, was für ihn aber unglaubwürdig ist, weil wir uns eben kennen und das verstehe ich.
Doch was ich nicht verstehe ist, dass er sich selber sowie seine Fähigkeiten über sein Handicap definiert und eben auch jegliche Vorstellungsgespräche das zu tun scheinen. Dadurch ist sein Selbstbewusstsein derzeit arg angekratzt und er muss niedrige Arbeiten in einer Art Hilfswerkstatt tun, die seiner nicht gerecht werden.
Ich sehe aber generell kein Problem darin, einen gehörlosen Menschen einzustellen und wollte daher mal von Euch wissen, ob das für Euch so abwegig wäre? Würdet Ihr einen Gehörlosen, wenn nicht gerade im Call Center oder ähnliches einstellen, wenn er dieselben Arbeiten genauso gut verrichten kann oder stört Euch das Handicap in der eigenen Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu sehr, um jemanden mit einem Hörschaden einzustellen?
Ich hätte kein Problem damit, einen Menschen mit Handicap einzustellen. Wichtig wäre mir nur, dass diese Person engagiert und motiviert ist und einiges auf dem Kasten hat vom Kopf her. Ein Handicap sagt doch nichts über Intelligenz oder Motivation aus. Man kann es trotzdem schaffen, wenn man nur will.
Ich habe mal gelesen, dass jeder Betrieb einen gewissen Prozentsatz von Menschen mit Handicap einstellen muss. Ich weiß nicht, inwiefern das kontrolliert wird, aber ich vermute mal, dass viele Arbeitgeber Angst davor haben und sich eher davor drücken. Ich hatte schon einige Arbeitgeber, wobei meine aktuelle blinde Kollegin die erste Kollegin mit Handicap ist, die ich habe. Bei den anderen Arbeitgebern waren die Angestellten immer frei von Handicaps, was ich schon traurig finde im Nachhinein betrachtet.
Rein theoretisch gesprochen kann ich mich natürlich hinstellen und behaupten, ganz und gar kein Problem damit zu haben, einen gehörlosen oder sonst wie körperlich eingeschränkten Mitarbeiter einzustellen. Schließlich habe ich in meinem Job keinerlei Personalverantwortung und müsste mit der Person nur als Kollegen oder Kollegin gut auskommen, und darin sehe ich erst einmal kein Problem, wenn die fachlichen Voraussetzungen stimmen und irgendeine Form der Kommunikation möglich ist, ohne dass ich erst einmal ein halbes Jahr auf Fortbildung geschickt werden muss.
Außerdem habe ich, wie schon oft erwähnt, einen stress- und verantwortungsarmen Bürojob, bei dem es nichts ausmachen würde, wenn jemand vielleicht aus Gründen der Kommunikation ein bisschen länger für die Einarbeitung brauchen würde oder was auch immer. Aber es hat eben nicht jeder einen kuscheligen Schreibtischjob, und Vorgesetzte müssen bei der Ausschreibung und Besetzung von Stellen auch andere Faktoren beachten als nur ihren persönlichen guten Willen in Bezug auf die gesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen.
Es stimmt zwar auch, dass die Diskriminierung von Menschen mit Handicap bei der Stellenvergabe verboten ist, bzw. soll man ihnen bei gleicher Eignung sogar den Vorzug geben, aber wie will man das beweisen, und was heißt schon "gleiche Eignung"? Meiner Meinung nach wird trotz aller Gesetze bei der Einstellung von Mitarbeitern nach wie vor nach Herzenslust diskriminiert, weil man immer einen Grund finden kann, beispielsweise auch einen Mann anstelle einer Frau, eine attraktive anstelle einer durchschnittlichen Frau oder einen jüngeren/älteren Bewerber vorzuziehen.
Solange man auf Anfrage sagen kann: Bewerber X hat aber einen Notendurchschnitt von 1,2, und Bewerber Y von 1,5!, ist das Unternehmen wahrscheinlich aus dem Schneider. Und gerade in Positionen mit hoher Arbeitsbelastung wird wahrscheinlich die Sorge vorherrschen, dass BewerberInnen mit Behinderung mehr Umstände machen und den Betrieb aufhalten. Da ist es auch völlig egal, ob dies den Tatsachen entspricht, da das Vorurteil alleine schon ausreicht.
Täubchen hat geschrieben:Ich habe mal gelesen, dass jeder Betrieb einen gewissen Prozentsatz von Menschen mit Handicap einstellen muss. Ich weiß nicht, inwiefern das kontrolliert wird, aber ich vermute mal, dass viele Arbeitgeber Angst davor haben und sich eher davor drücken. Ich hatte schon einige Arbeitgeber, wobei meine aktuelle blinde Kollegin die erste Kollegin mit Handicap ist, die ich habe. Bei den anderen Arbeitgebern waren die Angestellten immer frei von Handicaps, was ich schon traurig finde im Nachhinein betrachtet.
Das ist absolut richtig und das wird auch entsprechend kontrolliert, jeder größere Arbeitgeber muss einmal im Jahr eine Meldung abgeben, wie viele Mitarbeiter in seinem Betrieb einen Schwerbehindertenstatus haben oder dem Schwerbehindertenstatus gleichgestellt sind. Wenn man dann die entsprechende Quote nicht erreicht, so ist ein Strafgeld zu zahlen. Das kann man maximal etwas minimieren, indem man nachweisen kann, das man gewisse Aufträge z.B. an eine Werkstatt für Behinderte vergibt und diese entsprechend dafür bezahlt. So oder so, wenn die Quote nicht erfüllt ist, dann kostet das Geld.
Dabei muss man aber beachten, das dabei eben nicht nur ein Handicap zählt, was offensichtlich ist, wie z.B. Taubheit, Blindheit oder jemand der im Rollstuhl sitzt. Einen Schwerbehindertenausweis bekommt man auch aus ganz anderen Gründen, manchmal auch befristet und das fällt oftmals gar nicht auf. Wer z.B. eine Organtransplantation hatte, der erhält häufig auch einen Behindertenausweis für einen befristeten Zeitraum, ansehen tut man der Person auf den ersten Blick aber erstmal nichts.
Viele Mitarbeiter die einen entsprechenden Ausweis haben, reden da aber auch nicht offen drüber mit den Kollegen und viele melden reichen auch ihren Ausweis nicht mehr ein und verzichten damit auf einen Sonderstatus im Kündigungsschutz und beim Urlaubsanspruch. Sie möchten einfach nicht anders behandelt werden oder befürchten Konsequenzen. Und da beginnt die Krux im Prinzip schon bei der Bewerbung, gerade der öffentliche Dienst ist dazu verpflichtet Schwerbehinderte oder Frauen bei gleicher Qualifikation zu bevorzugen, aber wenn man in der Bewerbung den Status Schwerbehinderung nicht angibt, dann kann man von diesem Fakt nicht mal ansatzweise profitieren. Natürlich gibt es immer noch x-Möglichkeiten jemanden dennoch abzulehnen, aber es von vornherein zu verschweigen macht erst recht keinen Sinn.
Ich habe generell kein Problem damit jemanden einzustellen, der auch eine körperliche Beeinträchtigung hat, egal welcher Art, sofern die örtlichen Begebenheiten existieren oder die Tätigkeit auch entsprechend auszuführen ist. Gerade bei dem Beispiel, wenn jemand gehörlos ist und es eine Tätigkeit ist, wo man auf das Telefon und persönliche Gespräche verzichten kann und alles über E-Mail und Co. erledigen kann, sehe ich überhaupt kein Problem darin auch jemanden einzustellen, der eben nicht hören kann. Da zählen einzig und alleine die fachlichen Qualifikationen.
Wir hatten mal eine Bewerbung für eine Ausbildungsstelle im kaufmännischen Bereich, das Mädel hatte ein entsprechendes Implantat und Kommunikation von Angesicht zu Angesicht war tatsächlich recht gut möglich, am Telefon war es schon etwas schwieriger, Deutsch war noch einigermaßen möglich, aber Englisch hat sie selber zugegeben, dass das am Telefon gar nicht klappt und auch persönlich schwierig ist. Insbesondere sprechen und verstehen, schreiben und lesen war kein Problem.
Da wir in der Firma aber auch viele Anrufe tätigen mussten mit Kunden im In- und Ausland, sowie auch intern, da wir weltweit tätig sind und da dann eben auch Englisch an der Tagesordnung ist, haben wir lange hin- und herüberlegt, ob wir das hinbekommen können, wenn wir den Ausbildungsplan irgendwie umstellen und wie wir das gestalten können. Leider haben wir da aber überhaupt keine Lösung finden können, was wirklich sehr schade war.
Das tat uns dann schon wirklich leid, denn ihre Qualifikationen waren sehr gut, aber es hätte im beruflichen Alltag zu viele Probleme gegeben und wir hätten sie nicht in jeder Abteilung vor dem Telefon bewahren können und das gehört eben zu der Ausbildung in dem Betrieb und dem Bereich dazu. Hätte sie eine Stelle im Labor angestrebt, hätte das überhaupt keine Probleme gegeben, da hätte man alles entsprechen organisieren können.
So einfach ist das nicht zu beantworten. An sich braucht man nicht hören zu können um meinen Job zu machen, man muss nur gute Ideen haben und sie zu Papier bzw. auf den Bildschirm bringen können.
Allerdings arbeite ich mit einem Team und wenn wir einen neuen Mitarbeiter einstellen ist ein wichtiger Aspekt auch immer, wie gut der sich in unser Team integrieren lässt. Da spielt die Kommunikationsfähigkeit schon eine wichtige Rolle und wir haben auch schon Leute mit funktionierendem Gehör abgelehnt weil wir gemerkt haben, dass das einfach nicht richtig passt.
Wir hatten jetzt noch nie den Fall, dass sich so jemand beworben hat, aber grundsätzlich ablehnen würde ich den nicht wenn die Qualifikationen stimmen. Ich würde im Bewerbungsgespräch dann erst mal fragen, wie er sich die Zusammenarbeit vorstellt, ob er zum Beispiel eine Idee hat wie er an Skype Konferenzen teilnehmen könnte. Menschen mit Einschränkungen haben ja oft Lösungen für Probleme gefunden, auf die man als nicht Betroffener nicht so spontan kommt.
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