Nahrung aus dem Sichtfeld schaffen, um weniger zu essen?
Eine Kollegin von mir macht eine Diät und hat mich daher auch gebeten die Süßigkeiten vom Schreibtisch zu nehmen, die dich dort normalerweise immer stehen habe. Sie meint, dass Lebensmittel die einfach offen herum stehen einem Appetit machen und man daher vorsichtig sein muss. Sie handhabt es wohl auch daheim inzwischen so, dass sie sich alles aus den Augen schafft, was ihr Appetit macht.
Sie glaubt, dass wenn sie keine appetitlichen ungesunden Dinge sieht, auch nicht so schnelle Hunger darauf bekommt und es ihr leichter fällt, darauf zu verzichten. Daher stehen bei ihr im Haus wohl inzwischen auch nur noch gesunde Dinge wie Obst und Gemüse offen herum und andere Lebensmittel werden verstaut. Nicht einmal die Cornflakes ihrer Kinder dürfen mehr auf dem Tisch bleiben.
Denkt ihr auch, dass Nahrungsmittel im Sichtfeld Appetit machen und man sie daher entfernen sollte, wenn man Gewichtsprobleme hat? Ist das nicht eigentlich sehr schwierig, da man gerade in der Öffentlichkeit die ganze Zeit mit Nahrungsmitteln konfrontiert wird, die ungesund sind und zum schnellen Essen verleiten? Sollte man sich nicht lieber in Disziplin üben?
Wo wird man denn in der Öffentlichkeit permanent mit schnellem Essen konfrontiert? Es ist ja nicht so, dass einem der Döner quasi vor der Nase gehalten wird, aber man nicht zubeißen darf. Die paar Plakate, wo man Werbung für Pizza oder Burger sieht, ist für mich keine permanente Konfrontation mit Essen. Permanente Konfrontation mit Essen wäre für mich, wenn man quasi nur noch die Hand ausstrecken und den Mund aufmachen muss und man hat was im Magen. Wenn man allerdings erst einen Umweg zum nächsten Burgerladen machen muss, dann ist das Essen doch nicht permanent verfügbar.
Was anderes ist es, wenn das Essen zu Hause in der Küche offen sichtbar herumsteht und man nur noch einen Löffel und eine Schüssel greifen muss und alles ist im Magen. Man muss ja nichts vorher kaufen oder besorgen fahren, es ist ja schon da und wenn man dann Leerlauf zu Hause hat und nicht weiß, was man machen soll, essen manche Menschen eben aus Langeweile. Das kommt auch vor, bei so einer Verfügbarkeit.
Mir leuchtet es eigentlich unmittelbar ein, dass ich eher zum Zugreifen verleitet werde, wenn die Kekspackung oder die angebrochene Tafel Schokolade in meinem Blickfeld oder gar in Greifreichweite zu finden ist. Dann kommt es bei mir viel eher vor, dass ich sinnlos etwas in mich hinein mampfe, als wenn ich extra in die Küche gehen, den Schrank aufmachen und die entsprechende Tupperdose suchen muss. Aus diesem Grund habe ich auch keine Süßigkeiten am Arbeitsplatz. Gerade bei einem Schreibtischjob, bei dem man auch mal drei Stunden dransitzt und Listen abgleicht, ist sonst die Verführung zum nebenbei Knabbern einfach zu groß. Und ich bin so schon relativ stattlich.
In der Öffentlichkeit wiederum bezeichnet man "Nahrung im Sichtfeld" als Werbung, und ich habe mir wie viele Leute auch schon ein Stück Pizza oder ein Nusshörnchen gekauft, weil es so lecker ausgesehen hat. Aber ich kann den Betreibern von Bäckereien und Pizzabuden ja schlecht verbieten, ihre Ware den Käufern auch anzubieten. Privat dagegen habe ich schon eher Einfluss darauf, ob mich Kekse oder gesunde Mandarinen anlachen. Wieso sollte ich mir dann das Leben dadurch schwer machen, dass ich Leckereien provokant in meinem Blickfeld aufstelle, um mich dann in Selbstdisziplin zu üben?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich eine effektive Wirkung hat. Auch wenn man Essen nicht sieht, weil man es nicht direkt vor sich liegen oder stehen hat, heißt das doch noch lange nicht, dass man nicht daran denken muss. Gerade wenn es ums Essen geht, habe ich leider eine ziemlich gute Vorstellungskraft, die gerade dann zum Einsatz kommt, wenn ich Hunger oder Appetit habe. Ich male mir dann alle möglichen Lebensmittel und Speisen aus, die ich gerne essen würde und auf die ich Lust hätte.
Sobald ich Hunger oder Appetit habe, muss ich automatisch ständig an Essen denken, absolut unabhängig davon, ob nun Essen vor mir liegt oder nicht. Und wenn ich genau weiß, dass ich etwas da habe, dann esse ich es auch - da muss ich das Essen nicht vorher schon gesehen haben, wenn ich von seiner Existenz weiß.
Was grundsätzlich nicht da ist, kann natürlich auch nicht gegessen werden, so dass es mir dann eher was bringen würde, nichts Essbares zu Hause zu haben, was ja aber auch keine Lösung ist. Wenn ich weiß, dass etwas da ist, macht es keinen Unterschied, ob ich etwas vor mir habe oder nicht. An den Kühlschrank zu gehen, ist ja auch kein viel größerer Aufwand, als direkt zur Tüte vor sich zu greifen.
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