Musicals als reinen Frauenkram betrachten?

Musicals sollen zu den Dingen auf diesem Planeten gehören, die die Menschen sehr stark polarisieren. Entweder man hasst sie oder man liebt sie, dazwischen soll es wohl nichts geben. Hinzu kommt, dass Musicals das Vorurteil bei vielen Menschen hervorrufen, dass das nur "Frauenkram" sei. Mich würde mal interessieren, wie ihr das seht. Mögt ihr Musicals oder könnt ihr ihnen nichts abgewinnen? Kann man eine Vorliebe für Musicals einem bestimmten Geschlecht zuordnen oder ist das Blödsinn? Ist es "unmännlich" sich Musicals anzusehen, weil da gesungen und getanzt wird?

Ich persönlich mag Musicals sehr gerne und habe auch schon einige besucht. Mir machen Musik und Tanz auf der Bühne einfach Spaß, und ich finde es ganz erfrischend, dass Musicals etwas lockerer und nicht so steif und perfekt ausgeführt wie Ballett- oder Operndarbietungen sind.

Als reine Frauensache würde ich sie definitiv nicht ansehen. Soweit ich mich erinnern kann, war das Geschlechterverhältnis in den Vorstellungen, die ich besucht habe, immer recht ausgeglichen, und sowohl mein Vater als auch mein Freund sind genauso begeistert von Musicals wie meine Mutter und ich.

Es mag sein, dass Frauen kulturellen Veranstaltungen wie Musicals, Theatervorführungen oder klassischen Konzerten ein wenig mehr zugeneigt sind als Männer, die stattdessen vielleicht lieber Rockkonzerte, spektakulärere Shows oder Sportveranstaltungen bevorzugen, aber das ist wieder mal eine stark verallgemeinerte und von typischen Rollenerwartungen geprägte Ansicht, die ich so weder unterschreiben noch gutheißen würde.

Man kann einfach nicht alle Angehörigen eines Geschlechts über einen Kamm scheren und behaupten, dass sie einheitliche Interessen und Abneigungen haben. Jeder Mensch ist individuell und sollte auch die freie Wahl haben.

Wir können die Geschlechterklischees also mal wieder nicht stecken lassen? Ich selber war schon in etlichen Musical, und habe mich öfters gut unterhalten, aber auch manchmal heimlich auf die Uhr gelinst, weil das Singen und Tanzen nicht nur von mittelprächtiger Qualität war, sondern auch gefühlt ewig gedauert hat, während die Handlung nur bedingt dadurch vorangebracht wurde. Und das hatte nur sehr wenig mit meinen Genitalien zu tun.

Dass Musical als Kunst- oder Unterhaltungsform ähnlich polarisiert wie der gute, alte deutsche Schlager, weil es manchen Leuten einfach zu seicht und zu läppisch ist, während andere nicht unbedingt immer die Tiefen menschlicher Abgründe ausloten wollen, wenn sie ins Theater gehen oder einen Film anschauen, ist ja nichts Neues. Ich kann beide Seiten verstehen, aber ich glaube nicht, dass sich die Trennlinie parallel zu den Geschlechtern zieht.

Aus eigener Erfahrung habe ich schon viele Zuschauer beiderlei Geschlechts gesehen, die seufzend am Handy gespielt haben, während auf der Bühne tapfer gesungen und getanzt wurde, und bei denen es offensichtlich war, dass sie die Karten zum Hochzeitstag bekommen haben und es nicht über sich brachten, sie verfallen zu lassen.

Umgekehrt bin ich aber auch schon neben älteren Herren gesessen, die ab der Mitte des ersten Aktes am Mitsingen und Sitz-Tanzen waren und beim Schluss-Applaus die Standing Ovations angeführt haben. Es ist wohl wie so oft Geschmackssache, und man muss sich wie bei jedem Erlebnisgeschenk überlegen, ob der Empfänger oder die Empfängerin wirklich etwas damit anfangen kann oder eher von drei Stunden Dauergesang Kopfweh bekommt.

Ich finde manche Musicals gut, aber nicht allen kann ich etwas abgewinnen. Aber dass Musicals ein reiner Frauenkram sind, kann ich so gar nicht bestätigen. Ich habe einen Bekannten, der sehr auf Musicals abfährt und einige auch schon sehr, sehr oft gesehen hat. Wie bei so vielen Dingen würde ich auch hier sagen, dass es keine geschlechtsspezifischen Vorlieben gibt, sondern dass es einfach Geschmackssache ist, wie man Musicals findet.