Charakter von jemandem durch Vergangenheit begründen wollen?

vom 26.12.2017, 10:37 Uhr

Einige Personen die ich kenne, haben teilweise einen schwierigen Charakter - das trifft natürlich nicht auf das Gesamte zu, aber eben auf Teile. Mal reagiert jemand sehr schnell angegriffen und muss sich sofort verteidigen, auch wenn man ihm nichts Böses gewollt hat, mal ist jemand sehr bestimmerisch und dominant. Vor allem dann, wenn sich dieser Charakter erst mit der Zeit entwickelt hat und die Person nicht so war als ich sie kennengelernt habe, frage ich mich, was denn dazu geführt hat, dass die Person eben so geworden ist.

Meine Mutter ist beispielsweise erst seit dem Tod meiner Oma so bestimmerisch - davor war sie extrem schüchtern und hat sich immer darüber beschwert, dass meine Oma über sie dominieren würde - selbst hatte sie sich jedoch nie getraut, ihr das zu sagen. Ich habe das Gefühl, dass sie nun einfach den Spieß umgedreht hat und sie das Spiel nun mit anderen machen will, was früher mit ihr gemacht wurde.

Natürlich geht das alles in Richtung Hobbypschychologie und ob das alles so stimmt was ich vermute, sei dahingestellt. Allerdings versuche ich schon oft den Charakter von Menschen durch seine Vergangenheit zu begründen - vor allem dann, wenn sich dieser mit der Zeit geändert hat und die Person früher nicht so war. Macht ihr das auch?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Der Charakter vom Menschen verändert sich mit den Lebensjahren und das ist auch ganz normal. Vom Kind zum Jugendlichen verändert sich der Charakter spürbar. Und natürlich auch vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Das sind eben auch ganz normale Vorgänge. Allerdings können uns auch Erlebnisse und Lebenserfahrungen stark verändern. Sind diese positiv zu sehen, ist der Charakter auch positiv davon betont. Bei schlechten Erfahrungen sind wir dann eher strenger im Charakter geworden. Auch dieser Vorgang ist normal.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Eine Person in meinem Freundeskreis konnte sich nie zusammenreißen, beispielsweise hat er sich sehr grob und nicht besonders einfühlsam verhalten. Manchmal wurde er auch ein wenig beleidigend oder hat seine Freunde nicht ganz zu schätzen gewusst. Seine Begründung war immer, dass er im Heim aufgewachsen ist und er wenig Liebe erfahren hat, deswegen ist er manchmal eben ein "Mistkerl". Aber irgendwann muss es auch aufhören, vor allem wenn man den Grund für sein Verhalten kennt, sollte dieser irgendwann keine Ausrede mehr sein.

Das Verhalten von meinem Großvater konnte man aber auch mit seiner Vergangenheit begründen. Im zweiten Weltkrieg war er wirklich sehr jung gewesen, weswegen er auch nicht immer ausreichend zu essen hatte. Auch in der Nachkriegszeit ging es ihm nicht besonders gut, weswegen er auch oft Hunger erleiden musste. Bis zu seinem Tod konnte er keine Lebensmittel wegschmeißen. Schimmel wurde einfach weggeschnitten und auch Lebensmittel wurden konsumiert, deren Mindesthaltbarkeitsdatum lang überschritten war. Für ihn waren Lebensmittel immer wichtig und kostbar.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Für mich ist es eher eine Binsenweisheit, dass der Charakter einer Person zum Teil genetisch bedingt ist, aber auch zu einem großen Teil auf ihren bisherigen Erfahrungen basiert. Das fängt mit der Erziehung in der Kindheit an, aber auch spätere Erlebnisse machen eine Person zu der, die sie gegenwärtig ist, und der Prozess ist bis ins hohe Alter nicht abgeschlossen. Die Grundparameter, die man entweder von den Genen her oder von frühester Kindheit her mitbekommt, ändern sich zwar nicht, aber ich bin durchaus der Meinung, dass viele Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften aus der Biographie eines Menschen zu begründen sind.

Beispielsweise haben mir meine Eltern von frühester Kindheit vermittelt, wie wichtig Bildung ist, indem sie mich beispielsweise in Museen mitgenommen und mir Kindersachbücher geschenkt haben. Deswegen bin ich jetzt wohl ein Bücherwurm mit einem unersättlichen Wissensdrang. Hätten sie mich ans Klavier gesetzt oder zum Sport geschickt, wäre ich wahrscheinlich keine Spitzensportlerin oder Künstlerin geworden, aber in jedem Fall hätte ich heute andere Präferenzen.

Auch die Art der Erziehung und der Umgang, den meine Familie in meiner Kindheit gepflegt hat sowie die Freunde, die ich später in der Schule kennengelernt habe, haben mich geprägt, und ich nehme stark an, dass es den allermeisten Leuten so geht, die nicht gerade in einem Käfig großgeworden sind. Deswegen kann die Vergangenheit eines Menschen zwar nicht alles entschuldigen, aber vieles begründen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Beispielsweise haben mir meine Eltern von frühester Kindheit vermittelt, wie wichtig Bildung ist, indem sie mich beispielsweise in Museen mitgenommen und mir Kindersachbücher geschenkt haben. Deswegen bin ich jetzt wohl ein Bücherwurm mit einem unersättlichen Wissensdrang.

Interessant, und warum bin ich dann ein Bücherwurm mit unersättlichem Wissensdrang? Meine Eltern haben mich nie in irgendwelche Museen mitgenommen und gezielt Sachbücher sind mir auch nicht geschenkt worden. Mein Vater und mein Großvater waren zwar in ihrer Jugend Bücherwürmer, aber ich habe beide Personen nie wirklich lesen gesehen, sodass ich in der Hinsicht kein Vorbild hatte, bei dem ich das Lesebedürfnis abschauen konnte. Trotzdem habe ich mich aber in diese Richtung entwickelt. Sachbücher hatte ich zwar auch welche, aber das lag eher daran, dass ich mir diese aktiv gewünscht hatte und meine Eltern gar nicht von sich aus mir solche gekauft haben. Wie erklärst du dir das?

Ich finde, dass man zwar vieles theoretisch durch die Vergangenheit und Prägung erklären kann, aber alles auch nun wieder nicht. Mein Leben kenne ich persönlich auch am besten, aber ich weiß trotzdem nicht, warum ich in mancher Hinsicht komplett aus der Reihe tanze, gerade wenn es niemanden gab, bei dem man gewisse Verhaltensweisen abschauen konnte.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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