Ist eine Intervention mit in die Enge treiben vergleichbar?

vom 12.12.2017, 00:59 Uhr

Wir haben zwei unterschiedliche Probleme in der Familie. Zum einen ist es die Sucht nach Alkohol und die Zocksucht. Diese beiden Süchte sind in meiner Familie seit Jahrzehnten zu erkennen und werden an allen Generationen weitergegeben. Jeder der Süchtigen glaubt jedoch, die Süchte im Griff zu haben und aktuell haben einige Verwandten, die nicht den Süchten verfallen sind, abstruse Ideen, Leute von ihren Problemen zu überzeugen.

Geplant ist von einigen Mitgliedern jeden einzeln in eine Intervention mit einem entsprechenden Experten, anonymen Alkoholiker Treffleiter, einem Psychologen & Co zu konfrontieren. Das bedeutet, ein Experte soll da sein und der Rest der Familie, der der betroffenen Person gerne helfen möchte.

Dieser Vorschlag kommt nicht bei allen gut an, einschließlich nicht bei mir. Die Süchte sind in der Familie bekannt. Trotzdem empfinde ich eine Intervention als nicht zwangsläufig hilfreich, weil man Personen mit einigen Leuten + einem Fachmann entsprechend in die Enge treibt, dann auf diesen einredet, gefühlsmäßig auf die Tränendrüse und mehr drückt. Dieser Meinung bin ich vermute auch, dass dies bei einigen Mitgliedern der Familie Theater geben wird.

Nun möchte ich von Euch gerne wissen, ob Ihr auch empfindet, dass eine Intervention als in die Enge treiben durchaus gesehen werden kann? Wie würdet Ihr euch als Betroffener fühlen, wenn auf einmal 6 Verwandte und ein vermeintlicher Fachmann Euch mit Problemen, Gefühlen und Beobachtungen der Familienmitglieder konfrontieren?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich würde mich da schon in die Enge gedrängt fühlen und wäre alles andere als begeistert. Man kann ruhig mit mir unter vier Augen sprechen und dann sagen, was ich falsch mache oder dass man sich Sorgen macht. Damit habe ich kein Problem. Aber wenn im Prinzip ein ganzes Rudel an Familie auf einen einreden würde und man praktisch dazu gedrängt wird, sein Verhalten zu ändern, würde ich mich in die Enge getrieben fühlen und dann im Prinzip die Flucht nach vorn antreten.

Bei mir ist es so, dass ich abblocke, wenn ich den Eindruck habe, dass ich zu sehr zu etwas gedrängt werden soll und wenn ein ganzes Rudel gleichzeitig auf einen einredet, dann hat das diesen Effekt meiner Ansicht nach. Daher wäre das in meinem Fall kontraproduktiv, wenn man mir ins Gewissen reden wollen würde. Bei Gesprächen unter vier Augen bin ich viel empfänglicher und dann auch bereit, zuzuhören, wenn es um Kritik geht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Gibt es diese Methode tatsächlich? Das überrascht mich jetzt. Ich kenne es nur aus mittelmäßigen Filmen und Serien aus den USA, dass man die ganze Familie und den Freundeskreis still und heimlich versammelt und dann den Betroffenen aus dem Nichts im Kollektiv überfällt, um der Person klar zu machen, dass zuviel Koks und Nutten einem Familienvater aus dem Vorort nicht gut anstehen. Schon da habe ich mich als Zuschauerin immer gefragt, was das bringen soll.

Erstens erzählt man dem Betroffenen ja im Prinzip nichts Neues, und zweitens erzeugt Druck auf diese Art nur Gegendruck. Ich kann mir partout nicht vorstellen, dass jemand, der unverhofft mit einer derartigen Situation konfrontiert wird, anders reagiert als sich angegriffen zu fühlen und instinktiv in die Defensive zu gehen. Auf diese Art ist in meinen Augen weder ein vernünftiges Gespräch noch eine tatsächliche dauerhafte Verhaltensänderung zu bewirken. Jedenfalls glaube ich nicht, dass jemand tatsächlich sagt: "OK, Freunde-und-Verwandte, ihr meint es wohl ernst - ich rufe dann mal bei der Entzugsklinik an. Nehmt euch auf dem Hinausweg noch einen Kaffee mit! :D "

Ich kann zwar verstehen, dass die Angehörigen von Suchtkranken irgendwann verzweifeln und jede Methode ausprobieren, um den Betroffenen wieder auf den rechten Weg zurückzubringen, aber mich wundert schon sehr, dass sich tatsächlich "Experten" für eine solche Aktion hergeben sollen. Ich sehe das Ganze also mehr als skeptisch und würde mir eher Sorgen machen, dass mein Verwandter den Kontakt zu mir abbricht, wenn ich so eine Aktion inszenieren oder daran teilnehmen würde.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Meine befreundete Psychologin hat mir auch gesagt, was sie von Interventionen dieser Art hält und meinte, dass sie garantiert nicht Teil dessen wäre und den Experten dort spielen würde. Sie findet das nämlich sogar kontraproduktiv und empfindet es als unter Umständen Verschlechterung der Situation. Wo Betroffene zwar wissen, dass sie viel zocken, Geldsorgen wegen dem zocken haben und eben mal zu viel trinken und das auch zugeben könne es zum Beispiel passieren, dass die Verwandten mit den Problemen sich entziehen und nichts mehr offenkundig sagen.

In den meisten Fällen in der Familie wissen alle das wir diese Süchte haben und die Betroffenen auch. Okay, mal wird die Zocksucht kleiner geredet oder die Alkoholsucht, weil man sich ein wenig gebessert hat und statt den gesamten Lohn verzockt nur noch die Hälfte verzockt hat. Ja das klingt affig, aber so sind einige Süchtige nun einmal und eine Intervention? Damit würde ich nie um die Ecke kommen.

In der Tat gibt es diese in Deutschland, aber wohl eher selten. Als ich eher sarkastisch den Satz einwarf „ habt ihr zu viele Hollywood Movies geguckt?“ kam auch schon von einer Dame aus der Familie der Satz, dass sie diese Idee dort her hat und einige Familienmitglieder eben das Thema näher brachte und diese auf den Mist mit angesprungen sind.

Also es ist in der Tat so, dass es offenbar irgendwo aufgeschnappt wurde, weil mir was eine Intervention bis dato komplett neu. Ich begrüße sie auch wirklich nicht und um die Personen, die es in der Familie geht weiß ich, dass sie blocken werden und unter Umständen sich abkapseln werden. Meine Cousins sind da zum Beispiel sehr empfindlich auf das Thema und das muss man schon behutsamer machen, ich kriege das auch hin, aber die wollen direkt mit der Holzfällermethode kommen, was niemals gut gehen wird.

Ich persönlich für mich? Ich wäre eher der Blockierer. Ich kenne meine Probleme, aber das bedeutet nicht, dass ich darauf Bock habe, dass dort 10 Leute sitzen, Kätzchen wir haben Angst um dich. Kätzchen hör doch bitte auf und überleg mal etc. Wenn dann noch ein Möchtegern Experte kommt, dann ist bei mir wahrscheinlich der Knall richtig groß und ich würde wohl richtig verbal loslegen.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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