Werden Psychologen von vielen Menschen nicht ernst genommen?

vom 12.12.2017, 01:52 Uhr

Eine Freundin von mir ist seit Jahren schon Therapeutin. Wir reden oberflächlich über Psychologie und Menschen mit psychologischen Problemen sowie möglichen Ansätzen von Behandlungen. Aus Datenschutzgründen natürlich nur oberflächlich. Doch eines wird immer deutlicher, meine Freundin sagt und das sagen ihre Kollegen offenbar übereinstimmend, dass viele Patienten, die Hilfe suchen, sie trotzdem nicht ernst nehmen.

Das erschien mir total surreal, weil ich keine Hilfe von einem Psychologen annehme und diesen im Endeffekt nicht ernst nehme. Doch das scheint immer häufiger Realität zu sein. Sätze wie „sie lernen doch nur aus Büchern“ oder „sie kennen die Realität nicht“ kennt meine Freundin in ihrem Beruf schon regelmäßig. Sie ist jedoch ehrlich und sagt auch, dass viele ihrer älteren Kollegen diese „Buch-Psychologen“ sind und vermutet, dass dies noch bei vielen hängen geblieben ist.

Trotzdem frage ich mich im Allgemeinen, ob es wirklich gängiger ist, dass Psychologen von vielen müde belächelt werden? Quacksalber ist durchaus auch ein Begriff, den ich in Verbindung von Psychologen immer wieder gerne höre.

Werden Eurer Meinung Psychologen weniger ernst genommen und wenn ja, woran glaubt Ihr liegt das? Oder seid Ihr der Meinung, dass dies eher Ausnahmen sind, dass Leute wie oben erwähnt denken?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Gut, ich bin kein Maßstab, ich möchte aber meine Sicht der Dinge kund tun. Ich habe bei Psychologen oft den Eindruck, dass diese so ein "Schema-F-Denken" haben. So nach dem Motto, jeder Mensch muss sich im Idealfall nach Schema F entwickeln und am Ende sollte er Menge X an Selbstwertgefühl haben, Menge Y an Ordentlichkeit und Fleiß etc. und das stört mich. Meiner Ansicht nach kann man das gar nicht so pauschal sagen.

Es wird immer Menschen geben, die weniger selbstbewusst sind als andere, aber das hängt meiner Ansicht nach ein Stück weit auch vom Charakter ab und muss nicht zwangsläufig heißen, dass in der Erziehung oder Kindheit was falsch gelaufen ist. Viele Psychologen gehen meiner Ansicht nach zu wenig auf das Individuum an sich ein und orientieren sich zu sehr nach irgendwelchen Schemen, Modellen und Büchern. Dabei sind die auch nicht das Maß aller Dinge. Als hätten die Psychologen Angst, sich von diesen gelernten Inhalten aus Büchern zu weit zu entfernen. Ist aber nur mein subjektiver Eindruck.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich kenne keinen Psychologen persönlich und habe auch noch nie mit jemandem zusammengearbeitet, der diese Berufsbezeichnung hatte. Aber ich halte es für ganz normal, dass manche Berufe und Sparten von der breiten Bevölkerung weniger ernst genommen und/oder respektiert werden als andere, und dazu gehören auch Sparten der Gesundheits- und Sozialbranche. Das ist wahrscheinlich nicht einmal immer auf persönliche Erfahrungen zurück zu führen, sondern einfach nur auf gesellschaftlich verankerte Vorurteile.

Ich habe die Theorie, dass es beispielsweise auch eine Rolle spielt, wie offensichtlich es ist, was ein Mensch im Job tatsächlich tut, um anerkannt, ja sogar bewundert zu werden, oder auch nicht. Bei Profisportlern oder Bühnenkünstlern beispielsweise ist es scheinbar brüllend offensichtlich, womit die Leute ihr Geld verdienen, auch wenn wahrscheinlich viel unglamouröser Routinekram dazugehört. Aber wenn jemand "nur" in einem Büro, einer Praxis, einem Labor oder einer Behörde scheinbar am Schreibtisch sitzt und in einen Bildschirm starrt oder Reagenzgläser in die Zentrifuge stellt, denken sich viele, gerade simplere Gemüter: Für den Kram bekommt die Person Geld? Und Psychologie stellen sich viele Leute bestimmt nur als "gescheit Daherreden" vor, während Fußballprofis wenigstens trainieren und schwitzen müssen. :roll:

Vielleicht liegt es daran, dass ich auch in einem oft verkannten Feld tätig bin, aber ich habe den Eindruck, dass Vorurteile über bestimmte Berufsgruppen oft geradezu zum guten Ton gehören, vermutlich, weil man diese noch ungestraft haben darf. Dass alle Lehrer faul oder alle Polizisten korrupt seien, ist ja geradezu schick zu behaupten. Und dieses Schicksal teilen eben noch andere Berufssparten.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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