Wird Erdogan von Deutschland schlecht behandelt?

vom 06.12.2017, 13:40 Uhr

Diese Meinung vertreten viele Deutschtürken laut einer Umfrage. Immerhin hat Erdogan hier in Deutschland seinen Wahlsieg errungen. Wahrscheinlich denken auch viele Kurden, dass sie hier schlecht behandelt werden und sehen sich auch als Opfer der deutschen Politik.

Meiner Ansicht nach zeigt sich hier, wie kompliziert es mit den doppelten Staatsbürgerschaften wird. Ich will die innertürkischen Konflikte nicht auch noch hier in Deutschland haben. Wer Erdogan will, soll auch zu Erdogan gehen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Aus "Deutschland" kamen wohl 400'000 Stimmen für Erdogans Pläne und "nur" 250'000 Stimmen waren dagegen. Daraus aber jetzt abzuleiten, dass das den Ausschlag gegeben hat, ist etwas "überspitzt". Denn ebenso einen Anteil am "Erfolg" dürften z.B. die Türken in der Türkei sein, die ebenfalls für Erdogan gestimmt hatten. Daher muss dies nicht auf Deutschland bezogen werden.

Das jetzt "Deutschtürken" (also Menschen mit zwei Staatsbürgerschaften) hier "glauben", der Präsident der Türkei würde "schlecht behandelt" werden ("Deutschland" behandelt keinen Staatspräsidenten in keiner Form), dann liegt das ja zu Recht an der schlechten Presse. Aber die hat ein Trump oder ein Putin letztlich auch. Und ein Viktor Janukowitsch ist sogar soweit "schlecht behandelt" worden, dass er als gewähltes Staatsoberhaupt Asyl in Russland in Anspruch nehmen musste. Das ist jetzt also nichts, was Erdogan allein für sich beanspruchen kann.

Es kann aber sein, dass "Deutschtürken" diese Ablehnung des türkischen Präsidenten als Ablehnung der "Türken" verstehen. Und das ist dann zu erklären, wenn man versteht, dass eben Türken wohl noch nie in der BRD im gesellschaftlichen Leben "anerkannt" wurden. Es bleibt "der Deutsche mit türkischen Migrationshintergrund" - selbst wenn sie denn in der BRD geboren wurden. Anders als Ausländer aus z.B. Skandinavien, Benelux oder Frankreich. Im Ansehen unter den Ausländern haben Türken einen schweren Stand. Und das treibt dann in die "mutmaßlich wahre nationale" Heimat - zur angeblichen Identität. Das solche Deutschtürken (zumal wenn sie hier geboren wurden, in der Türkei Ausgrenzung erfahren würden, bleibt ja oft unerwähnt).

Das Thema jedenfalls sehe ich als schlechtes Beispiel, wenn man Gründe dafür sucht, was an der doppelten Staatsbürgerschaft schlecht sein soll. Zumal man ja z.B. bei Kindern aus gemischten Ehen (also binationale Ehen) noch nicht mal rechtlich gegen den Doppelpass vorgehen könnte. Und man muss sich dann schon die Frage stellen, on dies dann "schlechtere Deutsche" wären. Und wenn sie es nicht sind - warum soll es dann für die Anderen zutreffen?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Sollen wir etwa niemanden mehr kritisieren dürfen, der hier auch noch Mitbürger hat. Die Italiener sind zusammen mit den Türken gekommen und wurden auch nicht gerade in Watte gepackt. Allerdings gingen die Italiener mit uns in die Kirche während die Türken von der Ditib belehrt wurden. Darin liegt der Unterschied.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wüsste niemanden, der behauptet, dass niemand zu kritisieren sei. Und gerade Erdogan macht es jeder und jedem leicht, ihn zu kritisieren bzw. sorgt für reale Kritikpunkte. Und diese Kritik ist berechtigt und richtig! Wollte aber in meinem Post nur darauf hinweisen, was es für Gründe geben mag, dass man sich mit jemandem eben aus falschen Gründen solidarisiert.

Ich unterstelle zwar auf der einen Seite wirklich vielen Türken der ersten Generation (also die, die temporär in Deutschland bleiben wollten und ausschließlich als Arbeitskräfte angeworben wurden) eher "konservativ" waren und z.B. der CSU viel näherstehen, als sich beide Seiten eingestehen wollen. Hier kommt eine Art von Rassismus und Vorbehalten gegenüber (schwächeren) Dritten zusammen - und eine gewünschte Weltordnung, die sich am Vergangenen orientiert und grundsätzlich jeden Fortschritt nicht als solchen annehmen bzw. die eigenen (konservativen) Grundüberzeugungen damit angegriffen sehen. Das ist nicht nur in Fragen der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften so. Wäre aber ein gutes Beispiel.

Ob Italiener "mit uns" in die Kirche gehen oder nicht - ein Mann wie Silvio Berlusconi ist trotzdem (auch zu Recht) kritisiert worden.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Eine Runde Mitleid für den armen Herrn Erdogan, der Deutschland als „Nazi Deutschland“ betitelt, der dringend in die EU will, aber keine Regeln einhalten möchte. Ein großes „ohh der Arme“ für den Mann, der die Tore und Türen geebnet hat, damit mehr Muftis wieder Kinderehen einführen können, der den Harem verkörpert, dessen Frau Kopftuch trägt als Zeichen ihrer Rolle der Frau ohne Emanzipation. Nochmals „och der Arme“ für einen Diktator, der sein Land spaltet, Homosexuelle hasst und verhaften lässt sowie auf offener Straße verprügeln lässt.

Es tut mir leid für all jene, die Erdogan gewählt haben und diese sich jetzt schlecht fühlen, weil ihr Huldiger nicht so beliebt in Deutschland ist. Woran könnte das wohl liegen? Tut er nicht genug dafür, dass man an Menschenrechte zweifelt, an seiner Wahl, an seinem Charakter und vor allem an allem, was die EU zum Beispiel wünscht, um einen Beitritt zu bekommen. Nicht zu vergessen, dass er mittlerweile willkürlich jeden verhaftet, den er gerade zu packen kriegt.

Wir leben in einem Land, wo jeder seine Religion ausleben darf, wo jeder seine Meinung sagen darf solange diese nicht verboten ist oder strafrechtlich von Belang ist und wir leben in einem Land, wo man Respekt zollt. Das dies aber nicht für jemanden gelten muss, der ein Land umkrempelt, die Menschenrechte tritt, sich nicht an Abmachungen mit der EU hält usw. das lernen die Türken oder Deutschtürken eben jetzt auch mal kennen. So einfach läuft es ja nun einmal nicht und Verhandlungen um EU-Beitritt, Flüchtlingsdeals etc. sind eben keine Einbahnstraße.

Wer Erdogan wählt und hier in aller Seelenruhe sitzt, sich seiner Willkür nicht ausgesetzt sieht und nicht mitkriegt, was eigene Landsleute teilweise da leiden, der sollte vielleicht auch mal still sein. In vielen Regionen ist es nicht einfach und viele Menschen in der Türkei haben es im Augenblick nicht leicht, während Deutschtürken hier heulen, dass ihr Präsident schlecht behandelt wird?

Geht doch alle da hin, haltet ihm sein armes diktatorisches Händchen und tauscht mit all jenen, die ihn nicht wollten. So einfach könnte das Leben sein, wenn man mal drüber nachdenkt. Ich habe dafür kein Verständnis und kein Verständnis dafür, dass Leute ihn gewählt haben und ich habe noch weniger Mitleid mit ihm, sondern mit all jenen, die unter ihm zu leiden haben.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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