Wie mogelt sich ein Analphabet durch Schule und Beruf?

vom 21.11.2017, 16:54 Uhr

Analphabeten können sich ja geschickt durchs Leben mogeln und es fällt oft erst im höheren Alter auf, dass diese Menschen kaum bis gar nicht lesen und schreiben können. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass mir das nicht auffallen könnte, wenn ich als Angehöriger mit einem Menschen zusammenlebe oder ständig mit diesem Menschen zu tun habe.

Wie mogeln sich Analphabeten durchs Schule, Beruf und Leben? Wie machen sie eine Ausbildung? Warum fällt es im näheren Umfeld so wenig Leuten auf, wenn man dem glauben kann, was man so liest?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Das habe ich mich auch oft gefragt, wie man sich tatsächlich bis zu einem Beruf durchkämpft, ohne lesen zu können. Allerdings gibt es ja zwei Sorten Analphabetismus, den primären und den sekundären. Beim primären hat man nie gelernt zu lesen oder zu schreiben, was in der Regel eher in Entwicklungsländern auftritt, durchaus aber auch in Ländern wie Deutschland. Sekundärer Analphabetismus bedeutet, dass man zwar lesen und schreiben gelernt hat, es dann später aber wieder verlernt hat.

Man nennt es funktionalen Analphabetismus, wenn Leute die Buchstaben des Alphabets im Grunde verstehen und auch eine gewisse Anzahl an Wörtern schreiben können, bei einem langen Text aber entweder die Bedeutung nicht verstehen oder wenn das Lesen ihnen so viel Mühe bereitet, dass es für sie keinen Zweck hat und sie keinen Nutzen davon haben. So kann man sich aber bei gewissen Themen bzw. bei Standard-Tests durchboxen.

Spickzettel, beim Nachbarn abschauen, Texte für Diktate auswendig lernen etc., so kann man sich wohl schon durch den schulischen Alltag schummeln, zwar nicht mit guten Noten, aber wohl doch, um es zu einem Abschluss zu bringen.

Scheinbar sind solche Menschen sehr kreativ wenn es darum geht, dieses Defizit zu verstecken und es liegt schon nahe, dass man sich immer mehr dafür schämt, je älter man wird, dementsprechend traut man sich dann nicht später Hilfe zu suchen.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke mal das die meisten keinen guten Schulabschluss haben und vermutlich nur die Hauptschule machen. Manche Analphabeten werden die Schule möglicherweise auch ganz abbrechen. Im Beruf kann man sich dann ganz gut durchmogeln. In vielen Berufen kommt man gar nicht erst in die Lage, dass man etwas schreiben muss und dann besteht mitunter die Möglichkeit es irgendwo abzuschreiben.

In einer Doku habe ich auch mal gesehen, dass ein Mann der Analphabet war bei wichtigen Dokumenten immer seine Frau von der Arbeit aus angerufen hat. Diese hat ihm dann manchmal ein Foto per SMS geschickt, auf dem er gesehen hat was er schreiben sollte. So kann das eben auch laufen. Es gibt in Deutschland eine beträchtliche Zahl an Analphabeten, daher muss es wohl auch genug Möglichkeiten geben sich da gut durchzumogeln.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Crispin, wie kommst du darauf, dass funktionale Analphabeten grundsätzlich einfache Jobs haben? Jeder 10. Betroffene hat ein abgeschlossenes Studium. Und genügend andere bringen Leistungen, die muss man erst einmal nachmachen. Ich hätte beispielsweise größte Schwierigkeiten, den gesamten Nahverkehrsplan von Berlin auswendig zu lernen, um Kunden Verbindungen und Abfahrts- und Anschlusszeiten mitzuteilen.

Jeder vierte Koch kann nicht lesen und schreiben. Abgesehen von Überleben in der Berufsschule, frag dich mal, wie viele Rezepte diese Menschen im Kopf haben und was die im Kopf umrechnen und sich merken. Dazu kommen weitere 13 Millionen, die nur sehr langsam und fehlerhaft lesen und schreiben. Die sind nicht alle Hilfsarbeiter.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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