Lehrbuch wegen moralischer Ansichten des Autors ablehnen?

vom 23.11.2017, 21:40 Uhr

Neulich haben wir eine neue Praktikantin im Arbeitskreis begrüßt und diese hat uns in der Mittagspause direkt nach Buchempfehlungen gefragt. Am nächsten Tag dann meinte sie, dass sie sich einige der Bücher angesehen hätte und sich Buch X, das am meisten empfohlene Buch, definitiv nicht kaufen würde. Die Gründe dafür wären die moralischen Ansichten des Autors.

Dieser schreibt bereits in der Einleitung seines Buches, dass er beispielsweise die Debatten um die Klonierung des Menschen lächerlich findet. Generell ist er der Meinung, dass Menschen nicht mitreden sollten, wenn sie von einem bestimmten Fachbereich keine Ahnung haben. Das Buch ist fachlich top und das Vorwort hat mich nie gestört. In gewisser Weise teile ich die Ansichten des Autors auch.

Wie seht ihr das? Würdet ihr euch ein gutes Fachbuch nicht kaufen, weil der Autor gewisse moralische Ansichten vertritt, die ihr nicht teilt? Ein Fachbuch soll fachspezifisches Wissen vermitteln da sollte es doch egal sein, was der Autor privat denkt und was nicht. Wie seht ihr das?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Die Klonierung des Menschen? :lol: Was ist den nun gemeint? Die Klonierung menschlicher Zellen oder das Klonen von Menschen? Ansonsten meinst du wohl den Mülhardt? Klar, der ist ein Standardwerk und inhaltlich nicht doof. Aber der Autor ist eben mehr Fachidiot als Wissenschaftler. Differenzierung ist nicht so sein Ding, obwohl das dringend nötig wäre. Dass solche Themen die Gesellschaft angehen, begreift er auch nicht wirklich. Aber als Fachidiot ist er nützlich. Dass dir die Ansichten gefallen ist klar. Differenzierung und das Verständnis für andere Standpunkte sind ja auch nicht dein Ding.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Eins vorweg: Ich kenne das Buch nicht und bin auch geistig meilenweit davon entfernt, mich mit Naturwissenschaften in jedweder Form gut genug auszukennen, um mir wirklich eine wissenschaftlich fundierte Meinung zu bilden. Aber das nur nebenbei. Ich denke mir, dass es in jedem Metier Vertreter ihrer Zunft gibt, die zu Recht als Geistesgrößen auf ihrem Gebiet gelten und die dem Rest der Mannschaft einiges voraus haben.

Aber dies allein macht sie natürlich nicht zu moralischen Vorbildern. Man kann der beste Neurochirurg Europas oder die versierteste Mittelalterhistorikerin überhaupt sein, und trotzdem bestenfalls kontroverse, schlimmstenfalls idiotische Ansichten vertreten. Hirn allein ist kein Beleg für moralische Überlegenheit.

Ich selber bin hier eher pragmatisch veranlagt. Wenn die Kenntnis gewisser Werke für mein berufliches Fortkommen unmittelbar nötig ist, mache ich mich darüber her, egal, ob der Verfasser Schmähschriften gegen den Fleischkonsum verfasst hat oder gerade wegen Steuerhinterziehung im Knast sitzt. Wieso sollte ich mir selber das Leben schwer machen, nur um meinen moralischen Standpunkt kund zu tun?

Wenn ich mir ein Standardwerk zur Geschichte der Einkommensteuer zu Gemüte führen muss, heißt das ja nicht, dass ich jede Ansicht und Auffassung der Verfasser besagter Werke gleich mit zu Eigen mache. Meine eigene Meinung bleibt mir ja, und oft ist es auch ganz interessant, die Argumente der "Gegenseite" genauer zu studieren. Schließlich wird man davon ja nicht infiziert und verpflichtet, diese dann auch zu teilen und weiter zu verbreiten.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Wenn die Kenntnis gewisser Werke für mein berufliches Fortkommen unmittelbar nötig ist, mache ich mich darüber her, egal, ob der Verfasser Schmähschriften gegen den Fleischkonsum verfasst hat oder gerade wegen Steuerhinterziehung im Knast sitzt.

Das sehe ich genauso. Das Buch hat offensichtlich einen elementaren Nutzen, da es eben von einem "Fachidioten" geschrieben ist, der sich offenbar bestens auf seinem Gebiet auskennt. Ich persönlich gehöre zu den Menschen, die da schon unterscheiden und trennen. In dem Fall wäre es für mich nur wichtig, dass ich beruflich die Erkenntnisse aus dem Lehrbuch habe. Was der Verfasser privat denkt und tut, geht mich doch im Endeffekt gar nichts an und in meinen Augen ist seine Auffassung über das Klonen des Menschen Privatsache.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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