Suizid weniger tragisch, da es eigene Entscheidung war?

vom 08.11.2017, 09:30 Uhr

Vor kurzem habe ich die Meinung von jemanden gehört, der die Ansicht vertritt, dass ein Suizid doch eigentlich nicht so tragisch wäre, wie ein Unfall oder ähnliches, weil es die eigene Entscheidung war, sein Leben zu beenden. Ich finde die Aussage schon irgendwie sehr krass und denke nicht, dass ein Selbstmord weniger schlimm ist. Immerhin muss die Person schon sehr verzweifelt gewesen sein, um Selbstmord zu begehen. Und auch für die Hinterbliebenen ist es doch sehr schlimm. Ich glaube, dass es auch sehr schwer ist, damit zurecht zu kommen, dass jemand seinem Leben bewusst ein Ende bereitet hat.

Meint ihr, dass ein Suizid weniger schlimmer oder tragisch ist, da sich die Person das selbst so ausgesucht hat? Meint ihr, dass ein Unfall oder Tot durch Krankheit viel schlimmer ist? Oder ist ein Selbstmord sogar für die Hinterbliebenen schlimmer? Kann man da überhaupt sagen, dass eine Art schlimmer ist als die andere? Ist nicht jeder Tot auf seine Weise irgendwo tragisch und schlimm?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Wie kann man so etwas nur verallgemeinern wollen. Euthanasie mag zum Beispiel ein besseres Ende sein als unter Schmerzen zu sterben oder die letzten Tage dahin zu vegetieren. Aber Selbstmord bedeutet nicht, dass man hier die beste Entscheidung für sich getroffen hat. Oftmals ist es der einzige Ausweg, den ein Mensch noch sieht. Was ist mit Missbrauchsopfern, die mir dieser Erfahrung nicht mehr leben und zu beschämt und verzweifelt waren, anderen zu erzählen, was ihnen widerfahren ist? Ich kann mir kaum etwas tragischeres vorstellen, als wenn eine Person sich deshalb das Leben nimmt, für sich selbst und auch für Angehörige, die vielleicht später davon erfahren oder eben auch nicht, sodass der Tod ein ungelöstes Rätsel bleibt.

Ich weiß von einem Fall aus meiner Bekanntschaft, bei dem ein 20-jähriger sich das Leben nahm, nachdem seine Freundin mit ihm Schluss machte. Auch wenn sie keine Schuld trägt, denn für sie hat die Beziehung einfach nicht mehr funktioniert und das Schluss machen war ehrlich und ohne Bosheiten, hängt ihr diese Erfahrung auch nach Jahren noch nach. Die Eltern kommen nicht darüber hinweg. Die Freundin zu verlieren, die ihm als einzig große Liebe erschien, war hart, aber das ist ja nichts, was später nicht wieder in Ordnung kommen könnte. Für die Angehörigen wird diese Verzweiflungstat keinen Deut weniger tragisch sein.

Wie du schon sagst, jeder Tod ist auf seine eigene Weise schlimm und Selbstmord bedeutet keinesfalls, dass die Person damit eine Lösung gefunden hat. Viel mehr, dass sie keine Lösung mehr gefunden hat.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Da macht es sich jemand aber verdammt einfach, in dem derjenige sagt, dass jeder selbst gewählte Suizid doch „okay“ sei, weil man selber dafür entschieden hat oder? Das kann man ja gar nicht so einfach verallgemeinern, weil auch da kann es zu unterschiedlichen Beweggründen kommen.

Seien es psychologische Hintergründe, die dafür verantwortlich sind, dass ein Betroffener nicht mehr richtig klare Gedanken fassen kann und aufgrund dessen sich das Leben unberechtigterweise nimmt, aber seine psychische Krankheit ihm das anders vermittelt.

Andere wiederum bringen sich um, weil man ihnen die Sterbehilfe verweigert, weil sie leiden und höllische Qualen erleiden müssen, aber vieler Orts die Sterbehilfe eben nicht Okay ist, weil man der Meinung ist, über das Leben anderer besser entscheiden zu können und sie lieber zum Sterben noch wochenlang an Medikamente drückt, damit die Fachärzte ihre dicken Gelder kassieren können.

Ich denke also nicht, dass Suizid automatisiert bedeutet, dass es ein besser Tod sei, weil hier eine Person ja trotzdem offenbar keine Wahl sah, keine Hilfe und keinen Ausweg, als sich das Leben zu nehmen. Das ist dennoch ein trauriges Szenario, welches ich nicht so pauschal abtun würde.

Es ist für viele Menschen aber nun einmal einfacher zu akzeptieren, dass dort jemand selber entschieden hat und dann nehmen die Leute das auch anders war. Ich merke selber, dass die Leute dann weniger sagen „tut mir leid“, sondern eher sagen „und?“. Das hat echt mit dem Gedankengang, selbst entscheiden zu tun.

Da fragt niemand, wieso hat der Mann sich umgebracht? Wieso hat der Frau bei häuslicher Gewalt nie richtig einer geholfen und sie stürzte sich aus dem Fenster usw. Das gibt es alles, gab es alles schon und wird es immer geben, aber das ist noch lange kein Grund zu sagen, dann ist ja alles Okay.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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