Von sich behaupten, Ahnung vom Leben zu haben?

vom 03.10.2015, 20:48 Uhr

Gerade bei älteren Menschen erlebe ich es oft, dass sie sagen, sie hätten Ahnung vom Leben. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Leute sich beispielsweise persönlich angegriffen fühlen. Mein Vater reagiert dabei auch ziemlich oft so. Immer dann, wenn man anderer Meinung ist als er, fängt er sofort an, zu meinen, er hätte Ahnung vom Leben und wüsste es besser, weil er älter sei und mehr Erfahrung hätte.

Ich finde, dass dieser Ausdruck meistens dann kommt, wenn Leute sich verteidigen wollen und ihnen richtige Argumente ausgehen. Ich finde, dass diese Aussage meistens nicht viel aussagt, aber einfach wie eine Drohung klingt. Behauptet ihr auch oft von euch, ihr hättet Ahnung vom Leben? In welchen Situationen macht ihr das? Kennt ihr Leute, die solche Aussagen immer wieder tätigen? Wie reagiert ihr darauf?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Nein, das würde ich nicht behaupten, weil ich es schlichtweg nicht habe. Kein Mensch kann alles kennen, alles wissen und somit ist dieser Satz irgendwie hinfällig. Ich kenne auch keinen, der so argumentiert. Selbst meine Oma meint dann, dass man die Dinge heute eben ein bisschen anders sieht und ich das schon richtig mache, aber sie würde nicht behaupten alles zu wissen und das Leben besser zu kennen. Das ist ja auch eine andere Generation, da liefen bestimmte Dinge einfach ganz anders.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Na, das war bei meinem Vater auch so. Und auch meine um zehn Jahre ältere Schwester und ihr Mann halten mir vor, dass ich keine Ahnung vom Leben habe.

Es gibt ja viele verschiedene Methoden, wie man sein Leben leben kann. Meine Eltern waren oft nicht einverstanden mit dem, was ich mache. Wenn ich sagte, dass ich Dieses und Jenes ausprobieren will, dann wurde mir das oft ausgeredet oder verboten mit der Begründung, dass meine Eltern viel mehr Ahnung vom Leben haben als ich, weil sie ja schon viel älter sind und daher wissen, dass mein Vorhaben nur scheitern kann und ich es daher gleich gar nicht probieren soll/darf. Oft wurde von meinen Eltern gesagt: "Das hat es noch nie gegeben, dass das jemand gemacht hat, auf der ganzen Welt nicht. Sei doch vernünftig und mache nicht so einen Blödsinn. Auf solche Ideen kommt kein Mensch außer Dir."

Das ist ganz einfach eine konservative Haltung: Man hat laut meiner Familie immer alles so zu machen, wie es die Eltern, die Großeltern und die Urgroßeltern gemacht haben. Weil ich mich oft nicht daran gehalten habe, sahen sie in mir keinen Erwachsenen, sondern immer noch ein starrköpfiges Kind. Daher wurde ich von meinen Eltern oft bevormundet, und ich hatte große Schwierigkeiten, das zu machen, was ich machen wollte, weil mir meine Eltern viel zerstört oder verhindert haben.

» Wurstel » Beiträge: 77 » Talkpoints: 31,93 »



Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leute, die mit diesem Totschlagargument ankommen, am wenigsten Ahnung haben. Das sind meistens Leute, die ziemlich stur sind und überhaupt nicht offen für Neues. Und wenn man sich nichts sagen lässt und die Meinung von jüngeren Menschen prinzipiell ablehnt, weil die ja jünger sind und damit automatisch keine Ahnung haben können, verliert man irgendwann den Anschluss und hat dann irgendwann höchstens noch Ahnung vom Leben in der Vergangenheit, aber in der Gegenwart ist diese Ahnung nicht mehr relevant.

Ich ignoriere solche Leute wenn immer das möglich ist, aber wenn es gar nicht anders geht sage ich auch klar und deutlich, dass sie Ahnung von ihrem Leben haben, aber ganz sicher nicht von meinem Leben.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich kenne ein solches Verhalten auch und ich glaube, dass die meisten Menschen von denen, die das hier lesen und etwas dazu schreiben es auch aus ihrer Jugendzeit kennen. Als man ein Jugendlicher beziehungsweise Teenager war, musste man sich bei seinen wilden Ideen, die man da manchmal hatte, doch das eine oder andere Mal anhören, dass man lieber auf die Leute hören soll, die mehr Lebenserfahrung haben als man selbst. Wenn man grade in einer richtigen Trotzphase war, dann war das natürlich das, was man nicht hören wollte und hat sich dementsprechend noch mehr reingesteigert.

Ich stehe der Aussage, dass man dann keine Ahnung mehr hat und nur nicht weiter weiß, wenn man so was sagt, geteilt entgegen. In einigen Fällen ist es sicher so, dass viele Menschen, vor allem ältere Generationen, das nur sagen um eine Diskussion zu beenden und Recht zu behalten (auch wenn es eigentlich gar nicht so ist), weil sie keine Lust mehr haben und ihnen die Argumente ausgehen. Denn wenn wir mal ehrlich sind, dann folgte auf so eine Aussage, dass die andere Person mehr Lebenserfahrung hätte, doch meist etwas, das besagt, dass die Diskussion jetzt beendet ist, sonst müsste man mit Konsequenzen XYZ leben.

Doch auf der anderen Seite ist es so, dass diese Leute auch oft Recht haben. Wenn wir uns mal an unsere Jugendzeit zurück erinnern und dabei an ein paar Diskussionen denken, die wir mit unseren Eltern hatten und felsenfest davon überzeugt waren, dass wir im Recht sind - wären wir das heute auch noch? Oder würden wir heute vielleicht doch anders darüber denken und eher auf die Leute hören, die eben "mehr Lebenserfahrung" haben und uns damals einen anderen Rat gegeben haben? :think:

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich möchte gerne die Frage aufwerfen, was es denn eigentlich bedeutet "Ahnung vom Leben zu haben". Bedeutet das, dass man weiß wie man sich selber versorgt, seine Rechnungen begleicht, Kinder großzieht? Oder heißt das, dass man besonders viel herumgekommen ist, besonders viel im Beruf erlebt hat bzw. Karriere gemacht hat? Oder dass man viel mit Menschen zu tun hatte und oft mit Leben und Tod konfrontiert wurde?

Eine Bekannte hat mal vor Jahren behauptet, sie habe mehr Lebenserfahrung als ich, weil sie durch ihren Beruf als Krankenschwester viel erlebt habe. Aber reicht das, um behaupten zu können, man hätte mehr Lebenserfahrung?Natürlich kenne ich auch viele Ältere, die das von sich behaupten. Aber nicht alle sind je in einem Pflegeberuf tätig gewesen oder weit herumgekommen oder haben sich beruflich ausgelebt.

Ich selbst würde so weit gehen zu behaupten, dass man Lebenserfahrung hat, wenn man auf eigenen Beinen steht und sich stets selbst und allein alles aufbauen musste. Wenn man schon viel durchgemacht hat. Aber ich würde nie so weit gehen zu behaupten, dass man mehr Lebenserfahrung hätte als ein Anderer. Denn das Leben lässt sich nicht messen und manche Leben sind schwieriger und komplizierter als andere. Außerdem bedeutet das Alter nicht automatisch mehr Lebenserfahrung. Und alles Wissen, das es auf der Welt gibt, kann ein einzelner Mensch auch nicht in sich aufnehmen.

» YariXxX » Beiträge: 635 » Talkpoints: 21,58 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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