Zerbrochene Freundschaft als Erleichterung empfinden?

vom 15.10.2017, 11:35 Uhr

Ich war zwei Jahre lang mit einer Kommilitonin befreundet, allerdings ist die Freundschaft nun kürzlich in die Brüche gegangen. Ich war ein oder zwei Tage etwas traurig darüber, aber seitdem bin ich ehrlich gesagt nur noch ungeheuer erleichtert. Generell habe ich die Freundschaft mit ihr als Belastung empfunden, auch wenn das viele Menschen sicherlich nicht so gut verstehen werden.

Meine ehemalige Freundin litt an gleich mehreren chronischen Erkrankungen. Häufig war sie im Krankenhaus und fehlte an der Uni. Ich muss ihr dann Vorlesungsmitschriften von Studenten aus unteren Semestern besorgen, Entschuldigungen für sie abgeben, Dokumente für sie einreichen um die Frist zu wahren. Zu dem ganzen kam dann noch, dass sie natürlich besucht werden wollte. Und gerade während einer Klausurenphase möchte ich eigentlich nur noch lernen und nicht 45 Minuten lang in den Nachbarort gurken, um an ihrem Krankenbett zu sitzen.

Als ich ihr das klar gemacht habe und die Krankenbesuche auch beendet habe, war sie sehr sauer darüber und hat unsere Freundschaft beendet. Erst jetzt fällt mir auf, wie entlastend das für mich ist und wie gut es sich anfühlt, mehr Zeit für sich zu haben. Habt ihr euch auch schon mal in gewisser Weise darüber gefreut, dass eine Freundschaft zerbrochen ist? Kennt ihr das, wenn eine Freundschaft so viel Zeit und Raum nimmt, dass man es nur noch als Belastung empfindet?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe selbst auch schon Bekanntschaften und sogar Freundschaften erlebt, bei denen ich am Ende dann doch froh war, wenn diese irgendwann auseinandergegangen sind. Eine Freundschaft sollte immer ein Bonus sein, für beide Beteiligten. Wenn es darauf hinausläuft, dass der eine stets mehr Energie in die Freundschaft investiert als der andere oder den anderen in irgendeiner Weise immer unterstützen muss, ist das Ganze für mich kein Verhältnis auf Augenhöhe mehr.

In deinem Fall klingt es ja schon sehr danach, dass du sehr viel Zeit und Energie in diesen Kontakt investiert hast, ohne dass es dafür einen Ausgleich gegeben hat. Ich hätte da wohl auch irgendwann keine Lust mehr gehabt. Vor allem schreibst du ja auch, dass du selbst auch noch wichtige Dinge für dich selbst zu erledigen hattest, also zum Beispiel das Lernen für deine Klausuren.

Ich frage mich bei einer solchen Konstellation, wie bei der von dir beschriebenen, ob man das Ganze überhaupt wirklich als Freundschaft bezeichnen kann. Wenn es in erster Linie um eine (einseitige) Unterstützung geht, finde ich das zu wenig, um es als Freundschaft zu bezeichnen. Eine Freundschaft sollte aus meiner Sicht daraus bestehen, dass sich zwei Menschen gerne mögen, einen guten Draht zueinander haben und gemeinsam Dinge erleben, die ihnen Spaß machen. Natürlich ist es wichtig, dass man in Notlagen auch füreinander da ist, aber das sollte aus meiner Sicht nicht Hauptinhalt eines freundschaftlichen Kontaktes sein.

Ich war auch schon in Situationen, in denen ich nicht traurig darüber war, dass eine Freundschaft zerbrochen ist. Bei einer Freundin war es zum Beispiel so, dass sie sich oftmals, besonders wenn sie sich gerade mal wieder in einer Beziehung befand, nur dann gemeldet hat, wenn sie Probleme hatte. Anfänglich haben wir viel unternommen und hatten Spaß, aber irgendwann lief es nur noch in die Richtung, dass es nur noch um ihre Probleme ging und sie sich bei ihrem alten Freundeskreis eigentlich nur noch gemeldet hat, wenn sie Hilfe benötigte. Im Gegenzug war sie selbst für ihre alten Freunde aber nicht erreichbar. In dem Fall war ich eigentlich auch ganz zufrieden damit, dass sich diese Geschichte irgendwann erledigt hatte.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wenn man schon froh darüber ist, dass eine Freundschaft zerbricht, frage ich mich immer, ob man dieses Zerbrechen nicht mehr oder weniger bewusst selbst provoziert hat. So erging es mir mal. Ich habe auch schon erlebt, dass eine Freundschaft zerbrochen ist und damals war ich auch erleichtert darüber. Ich habe die besagte Freundin als ziemlich klettig und lästig empfunden und sie schränkte mich einfach ein, wenn es darum ging, mich zu entfalten. Sie hat erwartet, dass ich immer auf Abruf für sie da bin und sie chronisch bestätige. Ich durfte keine abweichende Meinung haben, dann war sie direkt eingeschnappt und gekränkt und nahm es sofort persönlich. Dabei spielte es keine Rolle wie neutral und sachlich ich meine Meinung äußerte.

Ich hatte irgendwann den Eindruck, dass ich mich jedes Mal rechtfertigen muss, wenn ich mal nicht auf Abruf da war und einfach keine Zeit hatte. Da ich arbeiten musste, hatte ich natürlich nicht so viel Zeit wie sie gerne hätte als Arbeitslose. Auch hatte ich das Gefühl, dass man mir einen Maulkorb verpasst hatte, wenn ich schon nicht immer das sagen konnte und "durfte" was ich wollte. Daher habe ich mich dann auch distanziert und immer weniger gemeldet. Auch habe ich den "Maulkorb" irgendwann abgelegt und keine Rücksicht mehr genommen, woran die Freundschaft dann zerbrochen ist. Mir war klar, dass die Freundschaft dadurch kaputt gehen würde, aber das war mir egal, weil ich mit dieser Freundschaft schon lange nicht mehr glücklich war und da einfach nur noch raus wollte. Das war leider der einzige Ausweg, diese "Klette" loszuwerden.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich denke auch, dass es eben auf die Umstände drauf ankommt. Ich habe beides schon erlebt, bei einer Freundschaft tat es mir leid, dass diese kaputt gegangen ist, da war ich auch länger traurig und finde es auch nach wie vor noch schade.

Bei einer anderen angeblichen Freundschaft, habe ich dann immer mehr mitbekommen, als wie falsch sich die Person herausgestellt hat. Ich war dann schon recht schockiert, als sie dann mal ihr wahres Gesicht gezeigt hat. Ich habe mir dann nur gedacht, dass sie besser Schauspielerin geworden wäre. :lol:

Ich war auch froh, als diese Freundschaft dann zu ende war, wenn man es überhaupt als Freundschaft betiteln kann. Ich war wohl gut genug, dass man sich bei mir ausheulen konnte. Mies fand ich vor allem belogen zu werden und das hat für mich in einer Freundschaft nichts zu suchen. Ich denke, dass man das Ende einer Freundschaft durchaus als Erleichterung empfinden kann. So ging es mir in dem Fall dann auch.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich finde es immer schwer zu beurteilen, wann man sich freuen oder nicht freuen soll. Beziehungsweise, wann es eine Erleichterung darstellt oder eben nicht. Sicher ist, dass dieses zum Krankenhaus rumgegurke wohl nicht für jedermann ist. Ich mache das für meine beste Freundin bei jeglichem Stress trotzdem, aber bin dennoch dankbar, wenn das Krankenhausthema dann beendet wäre.

Manchmal gibt es Freundschaften, wo man eben doch merkt, das ist gar nicht so vom Vorteil. Man merkt es daran, dass man sehr genervt ist von Dingen und ich mag es nicht, wenn jemand das Wort "Müssen" in Freundschaften erwähnt. Ich muss gar nichts außer sterben. Ich muss weder telefonisch ständig für die Person erreichbar sein, sie noch ständig im Krankenhaus bei allem Stress besuchen usw.

Das ist in meinen Freundschaften zu meinem besten Freund und meiner besten Freundin auch nie so gewesen. Wir ticken alle 3 gleich und kennen uns alle von Grundschulalter aus an. Wir wissen, wie wir uns nehmen, was wir tun und was nicht ohne, dass der Gegenüber am Ende sauer, traurig sowie enttäuscht ist. Gott sei Dank.

Alte Freundschaften, die aus "Müssen" bestanden habe ich sowieso aussortiert, weil ich nicht der Mensch bin, der muss mitspielt und mit macht, was man von mir geradezu erwartet. Kann mir daher schon denken, dass es eine Erleichterung sein kann, jemanden nicht mehr als Freundin zu haben.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich kenne es durchaus, dass man eine zerbrochene Freundschaft auch mal mit Erleichterung sehen kann. Wenn eine Freundschaft zu viel Raum einnimmt, dann kann ich das auch nicht gut haben und ich bin einfach bekannt dafür, dass ich auch Zeit für mich brauche. Daran ist aber noch keine Freundschaft bei mir zerbrochen.

Bei mir war es so, dass sich eine ehemalige Freundin gerne bei mir Geld geliehen hat und es auch immer mehr wurde, nach dem dann gefragt wurde. Am Anfang habe ich ihr das Geld noch immer gegeben, auch wenn ich es nicht immer zurück bekam. Als ich dann nach einer größeren Summe gefragt wurde, habe ich verneint und dann war die Freundschaft auch schnell zu ende.

Am Anfang war ich deswegen auch traurig, aber es dauerte auch bei mir nicht lange, bis ich es einfach nur noch als Erleichterung empfunden habe, dass es diese Freundschaft nicht mehr gab. Darum kann ich es gut verstehen, dass es dir so ergeht, weil ich es auch schon so empfunden habe, als eine Freundschaft zerbrochen ist.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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