Sich als arm bezeichnen aber rauchen - ein Widerspruch?

vom 16.10.2017, 23:22 Uhr

Im Fernsehen sind manchmal Berichte über Hartz 4 Empfänger, die sich vom Staat allein gelassen fühlen. Sie meinen, dass sie so wenig Geld haben, dass sie ihren Kindern am Ende des Monats nichts warmes zu Essen geben können und auch den Kindern kein Brot mit in die Schule geben können. Noch während sie darüber berichten holen sie die Zigaretten aus der Tasche und rauchen. Auch auf dem Tisch liegen Zigaretten.

Diese Berichte sind nicht nur in den privaten Fernsehsendern. Und mich ärgert so ein Widerspruch in sich. Wenn ich kein Geld habe um meinen Kindern was vernünftiges auf den Tisch zu bringen, dann höre ich mit dem Rauchen auf. Egal, wie schwer es fällt. Meine Kinder wären mir da wichtiger. Ich weiß, wie schwer es ist, ich rauche seit einigen Jahren nicht mehr.

Findet ihr es auch ein Widerspruch und könnt ihr die Menschen verstehen, die behaupten den Kindern nichts zu essen geben können, weil sie zu wenig Geld bekommen, aber rauchen? Wollen diese Menschen nur Mitleid?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Und hast du jetzt mehr Geld als früher, als du noch geraucht hast? Ich habe selber in einer Zeit aufgehört, in der ich nicht wirklich viel Geld hatte und ich hatte nicht das Gefühl dann plötzlich mehr Geld zu haben. Ich habe dann wahrscheinlich einfach mehr Geld im Supermarkt selber ausgegeben, weil an der Kasse nicht noch ein oder zwei Schachteln Zigaretten dazu kamen.

Und wenn man wenig Geld hat bedeutet mehr Geld ausgeben ja nicht, dass man sich irgendwas unnötiges kauft sondern, dass man sich zum Beispiel die Schale Erdbeeren mit nimmt, die zu teuer gewesen wäre wenn man noch Geld für Zigaretten übrig behalten muss. Die einzigen Ex-Raucher, die wirklich mehr Geld haben, sind die, die ein gutes Einkommen haben und konsequent sparen, was sie sonst in den Zigarettenautomaten gesteckt hätten.

Davon abgesehen finde ich es aber auch extrem fragwürdig, wenn praktisch das Geld der eigenen Kinder verbrannt wird und sie hungern müssen damit Mutti sich weiter ihre Sucht finanzieren kann. Aber man muss sich wohl auch fragen, von welchem sozialen Umfeld wir hier reden. Wenn alle Leute im Umfeld rauchen und noch zu jung für Lungenkrebs und COPD und was es da sonst noch gibt sind, wird das Rauchen wahrscheinlich nicht als problematische Sucht wahrgenommen, sondern als etwas, das dazu gehört und ein Grundbedürfnis darstellt.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich habe das vorhin auch gesehen und ja der Herr ist ein Paradebeispiel für das, was in der Gesellschaft oft falsch läuft. Insbesondere bei sehr vielen Hartz IV Empfängern mit Kindern und Lastern wie Rauchen. Da wirst Du dich umgucken und jeder andere auch, wie häufig sein Ebenbild in Frau und Mann mit H4 herrscht. Diese Leute sind leider auch für den allgemein gesellschaftlich schlechten Ruf von Hartz-IV Empfängern verantwortlich.

Soweit ich das verstanden habe, wurde er ja auch sanktioniert, was bedeutet, dass im vom Regelsatz 10 Prozent bei der ersten Sanktion, also knapp 40 Euro genommen werden, wenn man vom normalen Regelsatz ausgeht. Während die zweite Sanktion glaube ich um die 20 Prozent liegt und die dritte bei 30 Prozent. Danach folgt nur noch die komplette Streichung. Das fehlt schon, aber man wird nur sanktioniert, wenn man sich an Termine nicht hält usw. Also wer Kinder hat, sanktioniert wird, der sollte sich selbst auch hinterfragen. Selten ( die gibt es aber auch ) ist hier Willkür.

Nun hat der Herr angeblich kein Geld, um seinem Kind mehr Brote oder überhaupt Brote zu machen, kann aber rauchen? Schon komisch oder. Jetzt würden viele mit der Sucht argumentieren, aber das Kindeswohl sowie eine gute Ernährung sollten doch wohl im Vordergrund stehen. Ich musste mal mit 350 Euro im Monat, ohne Miete und Strom einzubeziehen leben. Das habe ich auch hervorragend geschafft und mein Ex-Freund konnte gut mit essen ohne Verzicht.

Mich ärgert es in der Tat, wenn Hartz IV Empfänger kommen und sagen, das Geld reiche vorne und hinten nicht, dann sanktioniert werden und rauchen können, aber das Kind hat kein Butterbrot. Wer gut wirtschaftet mit H4, auf Angebote achtet, beim Araber-Markt um die Ecke das Gemüse kauft, der spart verdammt viel Geld und bekommt Frisches sowie gutes Essen.

Verzichten muss niemand. Ich habe selbst mal von H4 kurze Zeit nach meinem Unfall leben müssen, ehe ich zurück im Job war. Auch habe ich das mal als Experiment gemacht. Und es geht sehr wohl, wenn man weiß wie, wenn man richtig achtet und Zigaretten gingen auch für meinen Ex-Freund zu diesem Zeitpunkt. Also Stopftabak wohl bemerkt, aber das änderte ja nichts, dass ich trotzdem Lebensmittel, Süßes, Getränke + Fußballstadium und Bekleidung von KIK oder so bekam.

Das Rauchen aufhören, glaub mir, hilft aber nicht. Denn dort liegt das Problem nur dann begraben, wenn er dauerhaft Zigarettenschachteln kauft, statt einmal für 30 Euro eine Box Tabak für 240 Zigaretten und Hülsen. Das Problem liegt meist wo anders, und das ist im Alltagsgeschehen desjenigen, der mit dem Geld zurechtkommen muss. Oftmals hauswirtschaften die Menschen nur falsch, glaub mir, da liegt meist das größte Problem.

Wenn er jetzt aufhören würde zu rauchen, dann ist das Geld trotzdem weg und nicht da. Es stimmt irgendwo anders nicht und möglicherweise ganz vieles mag nicht stimmen. Er ist leider so wirkte er, das typische H-4 Bild. So leid es mir ja tut und da hapert es meist an vielen Stellen gleichzeitig, wieso das Geld für Kinder kurioserweise nicht da ist. Und leider ist es auch so, das Verzicht auf Rauchen sowieso bei vielen nicht infrage kommt, um es dann dem Kind in Butterbrote für die Schule zukommen zu lassen. Dann wäre es wieder für eigenes weg.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Cloudy24 hat geschrieben:Und hast du jetzt mehr Geld als früher, als du noch geraucht hast? Ich habe selber in einer Zeit aufgehört, in der ich nicht wirklich viel Geld hatte und ich hatte nicht das Gefühl dann plötzlich mehr Geld zu haben. Ich habe dann wahrscheinlich einfach mehr Geld im Supermarkt selber ausgegeben, weil an der Kasse nicht noch ein oder zwei Schachteln Zigaretten dazu kamen.

Wer sagt denn, dass von dieser Ersparnis Rücklagen in Millionenhöhe gebildet werden? Diamante kritisiert doch gerade, dass Geld für Zigaretten da ist, aber die Kinder müssen hungern. Natürlich wird das Geld dann umverteilt und für etwas anderes ausgegeben, beispielsweise mehr Nahrungsmittel. Das ist aber auch Sinn der Sache. Rücklagen bringen einem nichts, wenn man (und die Kinder) dafür hungern muss.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es ist doch klar, dass man nicht merkt, dass man mehr Geld zur Verfügung hat, wenn man nicht mehr raucht. Das Geld fließt ja in den Einkauf mit ein und man kauft dann eben so Lebensmittel ein, dass die Kinder auch am Monatsende noch etwas zu essen haben. Wenn man aufhört zu rauchen und das Geld für Zigaretten in einem Glas sammelt, dann merkt man eigentlich was hängen bleibt, aber das ist ja nicht Sinn und Zweck der Sache, wenn die Familie ansonsten hungert.

Ich finde es auch immer widersprüchlich, wenn ich solche Menschen sehe, die auf der einen Seite jammern, dass sie nicht genug Essen kaufen können und auf der anderen Seite alles zusammenkratzen was geht, damit sich die Kippen kaufen können. Wie groß ist denn da die Sorge um die Kinder? Sollten diese nicht Vorrang haben und das Rauchen hinten angestellt werden? Oftmals denke ich, dass da gejammert wird, weil es eben im Fernsehen gezeigt wird. Wenn es mir so schlecht geht, dass ich kaum meine Kinder ernähren kann, dann kaufe ich doch eigentlich keine Zigaretten.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Täubchen hat geschrieben:Wer sagt denn, dass von dieser Ersparnis Rücklagen in Millionenhöhe gebildet werden? Diamante kritisiert doch gerade, dass Geld für Zigaretten da ist, aber die Kinder müssen hungern. Natürlich wird das Geld dann umverteilt und für etwas anderes ausgegeben, beispielsweise mehr Nahrungsmittel. Das ist aber auch Sinn der Sache. Rücklagen bringen einem nichts, wenn man (und die Kinder) dafür hungern muss.

Das habe ich ja auch gar nicht gemeint. Ich wollte damit nur sagen, dass man als "armer" Raucher nicht plötzlich nicht mehr "arm" ist wenn man aufhört zu rauchen. Messbar ist die Ersparnis nur wenn man als Raucher nicht "arm" war und sich für seine Sucht nicht an irgendeiner anderen Stellen einschränken musste.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich halte diese immer wiederkehrende Diskussion für Unsinn. Es wird behauptet, den Arbeitslosen wären ihre Kinder nicht wichtig, weil sie nicht jeden Cent in ihre Kinder stecken. Nur, machen das Erwerbstätige denn anders? Und ist es überhaupt wichtig, ob das Geld verraucht oder anderweitig verprasst wird?

Wie viele berufstätige Menschen verpulvern im Monat hunderte Euro für Verköstigung unterwegs? Hier ein Kaffee, da ein belegtes Brötchen, hier ein Essen mit Kollegen oder Freunden. Auch das ist alles Geld, dass man in die Kinder investieren könnte. Da sagt ja auch keiner, das Kind könnte auf eine Privatschule gehen und wichtige Kontakte für die Zukunft knüpfen-wenn die Eltern sich belegte Brote und eine Thermoskanne Tee mitnehmen würden.

Ich bin auch nicht so naiv zu glauben, würde man denen die Zigaretten wegnehmen, dass sie dann automatisch zu besseren Eltern werden und anfangen, für ihre Kinder ausreichend Mahlzeiten vorzuhalten. Da sind ganz andere Probleme die Ursache, nicht das Konsumverhalten. Denn das unterscheidet sich ja wie oben erklärt überhaupt nicht von anderen Leuten mit mehr Geld in der Tasche.

» Cola79 » Beiträge: 7 » Talkpoints: 2,91 »



Letzten Endes muss jeder selbst entscheiden, wie er ein begrenztes Budget aufteilt. Dabei setzt jeder - egal ob arm oder reich - nun mal seine eigenen Prioritäten. Ich kenne nicht nur viele sozial Schwächere, die das Rauchen nicht aufgeben wollen oder können und deswegen lieber auf hochwertigere Lebensmittel und Kleidung verzichten als auf ihr Päckchen Kippen, als auch beispielsweise Studenten, die von der Wohnung über die Verpflegung bis hin zur Körperhygiene an allem sparen, was geht, dafür aber am Wochenende beim Feierngehen kräftig mitbechern, weil ihnen das nun mal wichtig ist und für sie auch einen Teil ihrer Lebensqualität ausmacht. Nur, weil ich diese Argumentation vielleicht nicht auf mich übertragen kann, heißt das aber nicht, dass ich darüber urteilen oder einem anderen vorschreiben darf, wie er sein Geld zu verteilen hat.

Natürlich darf solch ein Freiraum nur so weit gehen, dass keine anderen Personen dadurch zu Schaden kommen. Wenn nur zu dem Preis, dass das eigene Kind hungern muss, stets genug Zigaretten im Schrank sein können, verletzt das eindeutig die Aufsichts- und Fürsorgepflicht, und dann muss eingeschritten werden - entweder durch Beratung, Sanktionen oder im schlimmsten Fall durch das Jugendamt.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich habe es auch schon des Öfteren erlebt und solche Berichte gesehen. Da ich ein paar Jahre auf einer Realschule verbracht habe und auch mein Gymnasium nicht grade das beste Einzugsgebiet hatte, kann ich sagen, dass es wirklich so ist, dass manche Eltern rauchen und trinken und die Kinder am Ende des Monats, wenn das Geld alle ist, nichts mehr zu essen mit in die Schule bekommen und zum Teil hungern müssen oder darauf angewiesen sind, dass andere Kinder ihr Essen mit ihnen teilen. Meine Mutter selbst hat mir eine Zeit lang zwei Brotdosen mitgegeben, da es einem Kind in der Schule auch so erging und es Ende des Monats kein Essen mehr zu Hause gab - Hauptsache die Flasche Wodka war da.

Ich finde es furchtbar, dass es Leute gibt, denen ihre Kinder so egal sind. Mir kann auch keiner erzählen, dass das Geld so knapp ist, dass es nicht für das Essen reicht, wenn man nicht raucht. Man sollte doch bei so was eher zum Wohle seines Kindes entscheiden und dieses sollte einem wichtiger sein als seine eigene Sucht zu befriedigen. Aber viele Eltern nutzen ihre Kinder nur aus und das Kindergeld ist der einzige Grund, weshalb sie ihre Kinder haben.

Ich habe schon ein paar Mal mit anderen Leuten über genau solche Themen diskutiert und ich glaube, dass es gut wäre, wenn es für solche Fälle vielleicht nicht nur Geld, sondern stattdessen Gutscheine für Supermärkte, speziell für Lebensmittel gäbe. So wäre die Grundversorgung sicher gestellt. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kinder, deren Eltern auf Sozialhilfe angewiesen sind, kostenfrei Mittagessen in der Schule bekommen. Es wird für so viel Schwachsinn vom Staat Geld ausgegeben, da sollten Mittagessen für finanziell benachteiligte Kinder eigentlich drin sein.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Also ich denke, dass sich ein Raucher schwer tut, sich dieses Laster abzugewöhnen, auch wenn er arm ist. Das ist doch bei Drogensüchtigen dasselbe. Auch wenn sie so gut wie kein Geld haben, kratzen sie das letzte Geld nicht für Essen sondern für Drogen zusammen.

Es ist zwar etwas übertrieben, aber ich denke, dass es wirklich nicht so leicht ist, sich das Rauchen abzugewöhnen, wenn man da wirklich tief drin steckt. Aber ich denke, bevor ich verhungere oder meine Kinder nichts zu essen haben, würde ich mir schon das Rauchen abgewöhnen.

Aber ich denke, man kann das nicht beurteilen, wenn man nicht selber in solch einer Situation steckt. Und ich finde es auch positiv von Diamante, dass sie aufgehört hat zu rauchen. Es hat ja eigentlich nur positive Aspekte.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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