Bei Noten nur am eigenen Freundeskreis orientieren?

Mein Cousin studiert seit einiger Zeit Informatik und das freut meine Tante sehr. In der Schule lief es nämlich zunächst nicht sehr gut. Nun hat er im Studium eher durchschnittliche Noten. Das denken wir zumindest. Er schreibt in der Regel Noten zwischen 3.3 und 2.7. Das wäre in meinem Studiengang nicht gerade eine Glanzleistung. Er selbst behauptet aber, dass das sehr gute Noten sind und listet dann immer die Noten seiner Kommilitonen auf.

Inzwischen fürchtet meine Tante, dass sich in seinem Freundeskreis einfach viele eher schlechte oder durchschnittliche Studenten befinden. Es gibt sicherlich auch viele bessere Studenten, aber mit diesen vergleicht er sich nicht, da er nicht mit ihnen befreundet ist.

War es während eures Studiums auch so, dass ihr eure Noten eigentlich nur mit eurem Freundeskreis abgeglichen habt und basierend darauf dann geschlossen habt, ob ihr eine eher gute oder schlechte Note habt? Oder haben eure Professoren die Notenspiegel veröffentlicht, so dass ihr eure Note objektiver vergleichen konntet? Kommt man möglicherweise häufig zu falschen Schlüssen, was die eigene Leistung angeht, wenn man sich nur mit seinen Freunden vergleicht?

Mir war das immer total egal, wer in welchem Fach welche Note geschrieben hat und ob der jenige nun eine bessere Note hatte als ich oder eben eine schlechtere. Mir kam es immer auf meine eigenen Noten und das ich mit dem Ergebnis zufrieden war, denn ich habe meinen eigenen Anspruch an mich selber und so gab es eben Fächer, wo ich zufrieden war, wenn ich bestanden habe, egal mit welcher Note und bei anderen Fächern wollte ich eine 1,7 als Minimum erreichen.

Es gab bei uns nie einen Wettstreit, wer denn nun die besseren Noten hat, noch wurde jemand abfällig behandelt, weil er vielleicht durch eine Prüfung durchgefallen ist. Vor allem bei letzterem wurde dann auch nicht im eigenen Freundeskreis geschaut wie die Noten von denen sind, sondern die gesamte Prüfung war dann der Maßstab, wenn die Durchfallquote dort über 90% lag, dann hatte das durchfallen eine andere persönliche Gewichtung, als wenn die Durchfallquote bei 10% lag und man selber ist durchgefallen.

Das so zu betrachten, macht für mich so oder so viel mehr Sinn, denn jede Hochschule ist anders, jeder Studiengang ist anders und jeder Professor auch, was den Schwierigkeitsgrad der Prüfungen angeht.

Ich habe nun nicht studiert, aber in meiner schulischen Ausbildung war es nicht so, dass ein allgemeiner Notenspiegel in der Klasse veröffentlicht wurde. Daher war es dann auch schwierig, sich an den Noten der gesamten Klasse zu orientieren und man hat es dann auch so gemacht, dass man das im Freundeskreis besprochen hatte und diese Noten hatte man dann als groben Richtwert.

Darum kann ich es mir schon vorstellen, dass es bei deinem Cousin genauso ist und dass er keinen gesamten Notendurchschnitt kennt. Aber allgemein würde ich auch sagen, dass man sich nicht an anderen orientieren sollte, sondern man sollte schauen, dass man selber mit der Zensur zufrieden ist. Es nutzt doch nichts, wenn die Noten nicht gut sind und man dann in einem Vorstellungsgespräch erzählt, dass die Kommilitonen aber noch schlechtere Noten hatten.

Ich frage mich, wie das anders sonst funktionieren sollen. Denn ein Notenspiegel wurde im Studium nie öffentlich bekannt gegeben. Im Bachelor waren wir über 200 Leute und im Master 80 Leute. Hätte man da jeden einzelnen Fragen sollen nach dessen Note, damit man sich vergleichen kann oder wie? Gerade wenn das Menschen sind, mit denen man sonst nie etwas zu tun hat, wird man doch angeschaut, als hätte man einen Knall und wäre aus der Psychiatrie ausgebrochen. Daher liegt es doch nahe, dass man sich notentechnisch nur mit den unmittelbaren Umfeld vergleicht.