Zu viel "stets" im Arbeitszeugnis - negativ auslegen?
A hat ein Arbeitszeugnis bekommen, weil sie bei einer Firma gekündigt wurde. Sie hat das Zeugnis dann nach mehrmaliger Aufforderung endlich in den Händen und liest in jedem Satz "stets". "Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit", "stets hilfsbereit", "stets gute Leistung" usw. In dem Zeugnis ist 8 mal das Wort "stets" zu lesen.
Eigentlich ein sehr gutes Zeugnis, wenn man die einzelnen Sätze bewerten sollte. Aber nun hat ein Bekannter zu ihr gesagt, dass sie mit diesem Zeugnis zu einem Anwalt gehen sollte. Denn so oft, wie da "stets" drin steht, hört es sich an, als ob die Firma sie "wegloben" will.
Kann das Wort "stets" wirklich negativ ausgelegt werden, wenn es zu oft im Zeugnis steht? Sollte man da wirklich einen Anwalt einschalten oder kann man den Exchef bitten das Zeugnis neu zu formulieren? Sollte man das überhaupt machen? A hat schon Angst, dass sie wieder so lange drauf warten muss.
Man darf ein Arbeitszeugnis nie nur in einzelnen Abschnitten beurteilen, die einzelnen Leistungsbeurteilungen sind immer das eine, aber was ist mit der Gesamtzusammenfassung? Was ist mit dem Schlusssatz, ist dort eine Dankesformel, ein Bedauern und Wünsche für die Zukunft genannt? Gerade auf die Wünsche für die Zukunft hat man keinen rechtlichen Anspruch. Genauso ist auch der Grund für die Kündigung immer interessant. Ohne das zu kennen, kann man gar nicht beurteilen, ob an dem Zeugnis ein Haken ist oder nicht. Außerdem wäre auch die Frage, gibt es dort auch einen Beurteilungspunkt, der kein stets enthält? Genauso passt die Tätigkeitsauflistung im Umfang und von den Tätigkeiten zum genannten Jobtitel?
Generell, ohne die zusätzlichen Details zu kennen, zu sagen, das dort zuviel stets genannt ist, heißt noch lange nicht, das man diesen Mitarbeiter wegloben will, vor allem nicht bei einer Kündigung, was will man da noch wegloben? Der Mitarbeiter ist doch bereits weg. Bei einem Zwischenzeugnis, was der Mitarbeiter anfordert, sähe das vielleicht anders aus.
Gehen wir hier jetzt mal von einer betriebsbedingten Kündigung aus, da ist ab eine gewissen Betriebsgröße eine Sozialauswahl vorgeschrieben, so kann es dort auch absolut leistungsstarke Mitarbeiter treffen, die man auch gerne im Betrieb gehalten hätte, da bekommt dann der Mitarbeiter auch ein entsprechend sehr gutes Zeugnis, weil man ihm bei der Suche für eine neue Stelle auch keine Steine in den Weg legen möchte. Da ist dann häufig das Wort stets oder Synonyme enthalten, die Gesamtbeurteilung fällt sehr gut aus, es wird genannt, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt und auch die Dankesformel sowie Wünsche für die Zukunft sind enthalten. Will man das dann wirklich ändern lassen und damit zu einem Anwalt gehen? Ich würde das in einem solchen Fall sicherlich nicht machen, denn von wegloben kann sowieso nicht die Rede sein und diese Zeugnisse sind immer etwas besser geschrieben, man möchte dem Mitarbeiter damit etwas Gutes tun und ihm nicht noch Steine in den Weg legen, das weiß jeder Personaler und wertet das dann auch entsprechend. Wie gesagt, das gilt meistens für betriebsbedingte Kündigungen.
Aber ohne mehr Details zu kennen und nicht nur die einzelnen Leistungsbeurteilungen des Zeugnisses ist es schwer etwas zu raten oder das Zeugnis wirklich zu beurteilen.
"Stets" ist nun einmal bei Formulierungen im Arbeitszeugnis beliebt. Aber allein bei den genannten Beispielsätzen kann ich z. B. kein "Wegloben" erkennen. Die "stets gute Leistung" hat zwar das Wörtchen "stets" dabei, aber es ist eine glatte drei und kein dickes Lob. Ansonsten wäre die Leistung stets sehr gut oder stets überdurchschnittlich gewesen.
Das ist nun kein Drama, denn, wie StarChild schon anmerkt, es kommt auf das gesamte Zeugnis an. "Stets" bedeutet in den Formulierungen eben nicht immer ein Lob. Wer sich stets bemüht, der erscheint eher unfähig. Und wer sich stets um die Belange der Belegschaft kümmert, ist entweder eine Tratschtante oder mehr mit Flirten als mit Arbeiten beschäftigt. War stets um eine zuverlässige Arbeitsweise bemüht, bedeutet auch nur, dass er es ohne Erfolg immer wieder versucht hat.
"Stets" ist absolut kein Lob sondern wertet das ganze ab. Überall wo ein stets mit dabei steht, kann man von einer 3 bis zu einer 4 ausgehen und nichts besseres. Für die die man Wegloben möchte, gebraucht man andere Formeln als das stets z.B. "stets zu unserer Zufriedenheit" ist negativ Note 3-4, "zu unserer vollsten Zufriedenheit" ist das positive Gegenteil mit einer glatten 1. Von daher ist das Zeugnis kein sonderlich gutes mit dem man sich rühmen kann und auch eine Abschlussformel mit "wir bedauern es sehr, dass Frau X uns verlässt" bringt da rein gar nichts.
So oder so sind hier die Rahmen zur Einhaltung mit eingehalten und das Zeugnis ist positiv geschrieben. Wenn die Arbeitsleistung halt nur ein "stets" zulässt von der Bewertung her, dann hat ein Arbeitnehmer auch kein Anrecht auf ein besseres Zeugnis und kann dagegen vergeblich klagen. Zudem auch hier die gute Dame die Nachweise und Beweise liefern muss, dass das nicht gerechtfertigt ist da bei ihr die Beweispflicht liegt und nicht beim Arbeitgeber. Hat sie da nichts schriftliches in der Hand z.B. Zwischenbewertungen die etwas anderes aussagen, dann sieht es schlecht für sie aus.
Sorae hat geschrieben:"Stets" ist absolut kein Lob sondern wertet das ganze ab.
Überall wo ein stets mit dabei steht, kann man von einer 3 bis zu einer 4 ausgehen und nichts besseres.
Das kann man so pauschal nicht sagen, es kommt immer noch auf den restlichen Kontext an. Nur weil irgendwo ein stets steht heißt das nicht das es eine 3 oder 4 als Note ist.
Für die die man Wegloben möchte, gebraucht man andere Formeln als das stets z.B. "stets zu unserer Zufriedenheit" ist negativ Note 3-4, "zu unserer vollsten Zufriedenheit" ist das positive Gegenteil mit einer glatten 1.
Auch das kann man pauschal so nicht sagen. Ich arbeite ja nun regelmäßig mit Zeugnisformulierungen, die auch allgemein empfohlen oder anerkannt sind, unter anderem auch mit denen von Haufe und wenn man sich dort die Formulierungen mal ansieht, dann wird schnell klar, dass es keine pauschale Aussage zu stets gibt. Das kann man in dem Beispiel sehr gut sehen, da taucht das stets bei der Note 2 und 3 schon nicht mehr auf, aber durch die weitere Formulierung, ist deutlich erkennbar, wie die Abstufung ist.
Eine Note 1 für Fachwissen ist z.b. Herr X überzeugte uns stets durch sein auch in Nebenbereichen ausgezeichnetes Fachwissen, das er zudem immer sicher und gekonnt in der Praxis einsetzte.
Die Note 2; Herr X überzeugte uns durch sein gutes Fachwissen, das er zudem sehr sicher und gekonnt in der Praxis einsetzte.
Note 3: Herr X fand durch sein Fachwissen und seine ruhige und sichere Art, es in der Praxis einzusetzen, Anerkennung.
Bei der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung ist das ganze sogar im Endeffekt noch deutlicher und das kennt auch so ziemlich jeder, denn da taucht das stets bei Note 1-3 auf und dann wieder bei der 5.
Note 1: stets zu unserer vollsten Zufriedenheit
Note 2: stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Note 3: stets zu unserer Zufriedenheit.
Note 4: im Wesentlichen zu unserer Zufriedenheit
Note 5: Herr X war stets bemüht, seine Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu bewältigen.
Note 6: Herr X war daran interessiert, seine Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu bewältigen
Nach deiner Auffassung Sorae wären die Noten 1-3 eher ein 3-4 und das bei anerkannten Formulierungen. Die Formulierung stets zur vollsten Zufriedenheit gerade mit dem Wort vollsten als grammatikalisch falsches Wort ist wohl jedem ein Begriff. Genauso wie das stehts bemüht auch ein klassisches Beispiel für ein stets mit schlechter Note ist.
Von daher ist das Zeugnis kein sonderlich gutes mit dem man sich rühmen kann und auch eine Abschlussformel mit "wir bedauern es sehr, dass Frau X uns verlässt" bringt da rein gar nichts.
Ohne da wirklich die genaueren Formulierungen zu kennen, sollte man sich niemals so weit aus dem Fenster hängen, das dieses Zeugnis schlecht ist. Denn ein stets zu unserer vollsten Zufriedenheit bleibt schlichtweg eine 1 und ein bemühte sich stets ist eben eine 4 oder sogar 5. Wir kennen hier aber nur die Anzahl der stets, das ist zu wenig, um ein Zeugnis zu beurteilen.
Die Bedauernformel bringt durchaus noch etwas, denn die rundet entweder ein Bild ab, kann es ein wenig verbessern oder sogar deutlich verschlechtern. Wenn etwas fehlt ist das nie ein gutes Zeichen, vor allem bei einer Kündigung nicht.
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