Zukünftigem Partner Depressionen verschweigen?

vom 17.10.2015, 18:47 Uhr

Neulich habe ich einen Fernsehbeitrag über die steigende Anzahl von Depressionserkrankungen gesehen. Dabei wurde auch ein junger Mann interviewt, der schon seit seiner Jugend unter teilweise schweren Depressionen leidet.

Mittlerweile hat er sie zwar einigermaßen in den Griff bekommen. Aber wer schon selbst Depressionen hatte, der weiß, dass es eine vollständige Heilung eigentlich nie geben kann.

Für ihn ist es mittlerweile auch nicht mehr sehr einfach, eine Partnerin zu finden. Deswegen verschweigt er seine Depressionen beispielsweise bei Dates oder bei Frauen, mit denen er kurz vor dem Beginn einer Beziehung steht.

Das begründet er damit, dass er seine Depressionen recht gut verstecken kann und er nicht möchte, dass die Frauen deshalb keine Beziehung mit ihm eingehen. Ich finde diesen Ansatz nicht wirklich richtig, kann ihn in dieser Lage aber irgendwo auch nachvollziehen.

Denkt ihr, es kann funktionieren, dem zukünftigen Partner am Anfang erst einmal vorhandene Depressionen zu verschweigen? Oder würde es ohnehin irgendwann rauskommen, weswegen es besser ist, gleich die Wahrheit zu sagen?

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Er ist vielleicht der Meinung das gut überspielen zu können, aber wenn jemand wirklich depressiv ist, geht dies auch nur bis zu einem gewissen Punkt und dann ist Schluss. Ich denke, dass der Fall noch tiefer ist, wenn die Partnerin sich dann belogen fühlt und Schluss macht. Meiner Meinung nach sollte man damit offen umgehen.

Depressionen sind ja nichts, was man nicht nachvollziehen kann und wenn man sich da erklärt, ist es dann eben an der Frau zu entscheiden, ob man sich das zutraut oder eben nicht. Letztendlich hat er die Depressionen ja und muss damit im Alltag leben. Diese Lüge oder das Verschweigen würden spätestens bei einem Zusammenziehen auffallen und dann ist es zu spät noch die Wahrheit zu sagen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Beim ersten Date würde ich es auch nicht sagen. Da kann es wirklich sehr abschreckend wirken. Da sich vielleicht noch nicht genug positive Gefühle aufgebaut haben, kann so etwas "Negatives" dann ganz schön ins Gewicht fallen.

Aber nach zwei, drei Dates, sobald sich anbahnt, dass aus der Geschichte etwas Ernsteres werden könnte, sollte man das Thema einfach mal zur Sprache bringen. Alles andere wäre unfair und führt, wie Ramones schon geschrieben hat, nur zu weiteren Problemen. Wer bei der bloßen Erwähnung des Wortes Depression dann schon das Weite sucht, ist eh nicht die Richtige.

Also im Grunde macht er es ganz richtig, finde ich. Du schreibst ja, dass er es bei Dates und kurz vor dem Beginn einer Beziehung verschweigt. Das ist doch ein guter Zeitpunkt, wenn man nicht gerade monatelang zwanglos datet.

Es ist nun mal ein recht intimes Detail, das man nicht jedem gleich aufbrummen muss. Depressionen können zwar einen großen Raum im Leben einnehmen, aber beim Kennenlernen geht es doch um die Persönlichkeiten und Interessen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Depressionen sind ja nichts, was man nicht nachvollziehen kann

Bei allem Respekt, aber meiner Erfahrung nach stimmt das so nicht ganz. Ich habe den Eindruck, dass du da zu optimistisch bist was entweder auf Ahnungslosigkeit beruht (weil du selbst nie Depressionen hattest) oder aber weil dein Umfeld darauf immer passend reagiert hat. Meiner Erfahrung nach ist das komplette Gegenteil der Fall.

Depressionen sind leider eine Erkrankung, die man nicht mal eben "sehen" kann wie beispielsweise die Symptome einer Grippe. Bei einer Grippe sieht man auch im wahrsten Sinne des Wortes, wenn Besserung eintritt. Bei Depressionen ist das nicht wirklich der Fall. Ich bin selbst lange Zeit depressiv gewesen, musste sogar Antidepressiva schlucken, die nicht gewirkt hatten und ich kenne diese dämlichen Kommentare zu genüge.

Da kommen dann meistens total unsensible Kommentare, weil sich nur die wenigsten etwas darunter vorstellen können. Wenn man sich nicht aufraffen kann um irgendetwas zu tun, wird dann dazu geraten, einfach fröhliche Musik anzumachen und dann aus dem Bett zu springen wie eine Scheibe Brot aus dem Toaster.

Außerdem kommen dann meistens solche Kommentare, dass man doch keinen Grund hätte, depressive Gefühle zu haben, weil man doch alles hätte wie Gesundheit, Beruf, Freunde, Familie etc. Das zieht einen depressiven Menschen noch weiter runter. Also Verständnis ist hier echt selten und es ist bei weitem nicht so leicht wie du dir das möglicherweise vorstellst.

Beim ersten Date würde ich damit definitiv nicht herausrücken, sondern erst, wenn das ganze definitiv eine Beziehung werden soll. Ich habe meinem Partner auch nicht von Anfang an gesagt, dass ich depressiv bin und abgeschreckt hat ihn das hinterher nicht. Er hat sogar alles versucht, dass es mir besser geht und mittlerweile geht es mir sehr gut und ich bin schon einige Jahre symptomfrei, worüber ich sehr froh und dankbar bin.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Außerdem kommen dann meistens solche Kommentare, dass man doch keinen Grund hätte, depressive Gefühle zu haben, weil man doch alles hätte wie Gesundheit, Beruf, Freunde, Familie etc. Das zieht einen depressiven Menschen noch weiter runter. Also Verständnis ist hier echt selten und es ist bei weitem nicht so leicht wie du dir das möglicherweise vorstellst.

Es ist halt für die Umwelt wirklich nicht nachzuvollziehen. Ich finde gerade die Stimmungsschwanlungen schwierig, wenn jemand ohne Grund plötzlich angenervt ist und unfreundlich reagiert oder eben - wie du schreibst - sich zu gar nichts aufraffen kann, nicht mal zu Dingen, die gar keinen Aufwand bedeuten.

Das kann man halt als normaler Mensch nicht nachvollziehen, weil man das so nicht kennt. Es ist jeder mal schlecht drauf oder traurig, aber man kann aufgemuntert werden und bei Depressiven ist das ein Zustand, der dauernd oder zumindest sehr lange vorhanden ist, auch ohne äußere Gründe. Das ist eine Störung, die das ganze Verhalten massiv verändert.

Ich finde es schon als Bekanntschaft schwer zu ertragen, wenn jemand depressiv ist. Da hatte ich manchmal den Eindruck, dass der andere alles falsch verstehen will und Streit sucht. Dahinter steckt zwar kein absichtsvolles Verhalten, aber für andere belastend ist es dennoch. Depressive verhalten sich eben oft ganz anders als man es erwarten würde und zwar in negativer Weise. Dass sie nichts dafür können ändert ja nichts daran, dass einem so ein Verhalten kränkt.

Es ist für eine Partnerschaft schon sehr belastend, wenn jemand immer wieder grundlos niedergeschlagen ist und nicht aufheiterbar ist, wenn jemand total antriebslos ist oder plötzlich aggressiv wird und unangemessen gereizt reagiert. Dass man so jemanden nicht als Partner möchte, kann ich nachvollziehen.

Es mag dann schade für den Betroffenen sein, aber jemanden zu veräppeln, indem man diese Information einfach weglässt, ist auch nicht fair. Nach ein paar Dates verliebt sich die Frau dann vielleicht in ihn und erfährt erst dann, dass er depressiv ist. Das finde ich der Frau gegenüber gemein.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 17.10.2015, 22:21, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich denke, dass es durchaus vertretbar ist, wenn man nicht gleich beim ersten oder zweiten Treffen erzählt, dass man unter Depressionen leidet. Aber wenn man meint, dass sich da durchaus mehr entwickeln könnte, würde ich es doch erzählen. Irgendwann es ja doch raus und da ist es sicherlich besser, wenn man vorab selbst davon erzählt hat.

Allerdings kann ich mich den anderen hier nur anschließen. Man sieht einem Menschen nicht immer an, dass er depressiv ist. Die Personen laufen ja nicht wie ein Trauerkloß durch die Gegend und brechen bei jedem bisschen in Tränen aus. Ich kenne einen Menschen, der unter starken Depressionen leidet und der eigentlich fast immer fröhlich anzutreffen ist und augenscheinlich sehr aufgedreht ist und voller Energie steckt. Aber ich weiß, dass es im Inneren oft ganz anders aussieht.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich denke, dass ich es merken würde, wenn ein potenzieller Partner Depressionen hat oder zumindest merkt man doch, dass dieser nicht ganz dicht ist und dann würde ich erst gar keine Beziehung eingehen. Sollte ich es erst später merken dann würde ich mir veräppelt vorkommen und wäre schwer enttäuscht. Die Beziehung würde ich dann auch beenden.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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