Kann Jugendamt Kinder wegen Schimmel in Wohnung wegnehmen?

vom 04.10.2017, 11:28 Uhr

Ich habe einen Fall im Fernsehen gesehen, bei dem eine dreifache Mutter mit ihren Kindern in einer verschimmelten Wohnung lebt. Da sie keinen Erfolg beim Vermieter hatte, hat sie sich Hilfe beim Jugendamt holen wollen. Allerdings hat das Amt nur damit gedroht, die Kinder wegzunehmen, wenn sich an der Wohnsituation nichts verändern würde.

Die kleine Tochter hat wohl eine neue Herzklappe bekommen und ist dadurch auch anfälliger für Krankheiten. Da ist der Schimmelbefall natürlich doppelt so schlimm. Der Vermieter behauptet aber einfach, dass die Familie falsch lüften würde. Ich muss sagen, dass ich die Reaktion des Jugendamtes in dem Fall nicht nachvollziehen kann. Immerhin hat doch die Mutter die Hilfe gesucht und sich dort gemeldet, da sie eben wegen des Schimmels nicht weiter wusste.

Ist das eine eher typische Reaktion des Jugendamtes? Meint ihr, dass es ein Fehler war, dass sich die Mutter wegen der verschimmelten Wohnung dorthin gewandt hat? Sollte das Jugendamt da nicht trotzdem versuchen zu helfen und nicht damit drohen, die Kinder wegzunehmen? Oder meint ihr, dass dies schon als eine Art Hilfe zu betrachten ist?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Persönlich nachvollziehen kann ich jetzt nicht wieso man sich da an das Jugendamt wendet, es sei denn man will die Kinder weggeben. Ich wüsste auch nicht inwieweit das Jugendamt helfen sollte, außer eben mit Pflegefamilien oder Heimplätzen. Aber ansonsten ist das eine klare Sache für den Mieterschutzbund oder einen Anwalt.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Nelchen, das sind "Reality"-Sendungen, von denen du schreibst. Das hat kaum was mit dem wahren Leben zu tun. Allerdings ist es doch so, dass das Jugendamt zum Wohle der Kinder handeln soll und das bedeutet, dass das Jugendamt die Kinder vor den gesundheitlichen Schäden bewahren soll.

Wenn die Eltern schon nicht in der Lage sind, schnellstmöglich die Wohnung zu wechseln, dann kann man vielleicht beim Jugendamt Hilfe erwarten eine Wohnung zu finden. Aber ehrlich, wer eine Wohnung sucht, der findet auch, auch wenn es vielleicht nicht unbedingt da ist, wo man jetzt wohnt. Den Kindern zuliebe muss man dann eben auch an den Stadtrand ziehen oder in den Nachbarort.

Wenn die Eltern da uneinsichtig sind, kann das Jugendamt selbstverständlich die Kinder vorübergehend in Obhut nehmen und in eine Pflegefamilie geben. Denn wenn das Kind schon gesundheitlich nicht ok ist, kann es sich durch den Schimmel nur noch verschlechtern und da würde ich als Mutter alles dran setzen um da weg zu kommen.

Man weiß nicht, wenn sowas wirklich im wahren Leben passiert sein soll, ob die Eltern da kooperativ waren oder eben sich quer gestellt haben. Ich kann das Jugendamt verstehen, wenn es da eingreift, selbst, wenn die Eltern keine Hilfe erfragen. Besser so, als wenn die Kinder ganz krank werden.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Nelchen, das sind "Reality"-Sendungen, von denen du schreibst. Das hat kaum was mit dem wahren Leben zu tun.

Das war keine solche erfundene Serie. Es war ein Bericht bei Punkt12 bei den Reportern, die anderen Menschen mit Problemen helfen sollen. Da wurde gesagt, dass sich die Mutter an das Jugendamt gewendet hatte und keine Hilfe bekam, sondern eben die Drohung, dass ihr die Kinder weggenommen würden.

Der Reporter ist dem Ganzen dann nachgegangen und am Ende stellte sich wohl heraus, dass das Jugendamt dies als Art Hilfestellung gesehen hat. Angeblich sollte die Familie durch diese Androhung mehr Druck ausüben können, dass der Vermieter etwas gegen das Schimmelproblem unternimmt. Allerdings klang das in dem Fall schon irgendwie nach einer Ausrede.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Auch was bei Punt 12 gesagt wird und was dort angeblich alles aufgedeckt wird ist einfach Sendungsfüller und da kann man auch nicht alles glauben. Das ist meist nicht das wahre Leben. Aber wie schon gesagt, muss das Jugendamt zum Wohle der Kinder handeln und wenn es zu dem Zeitpunkt besser ist für die Kinder in einer "sauberen" Umgebung zu sein, dann ist es so und da muss eben die Familie sehen, dass sie selbst an der Sache was ändert und umzieht.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Es gibt nicht nur "scripted reality" sondern auch "scripted news". Was bedeutet das? Ganz einfach, da wird ein Beitrag nach einem Drehbuch abgefilmt und so geschnitten, dass beim naiven Zuschauer der Eindruck erweckt wird, es würde sich um einen richtigen Nachrichtenbeitrag handelt.

Das sind tatsächlich "Füller", weil diese Beiträge nicht für eine bestimmte Sendung produziert sondern auf Vorrat bestellt werden. Und wenn man dann nicht genug richtige Nachrichten hat wird eben so etwas eingefügt. Die Darsteller findet man da, wo man auch Material für scripted reality findet. Also eher einfach gestrickte Angehörige der Unterschicht oder Studenten, die ein paar Euro nebenbei verdienen wollen.

Die Themen sind in der Regel deshalb relativ zeitlos gewählt. Das böse Jugendamt und der böse Vermieter und die arme Mutter sind richtige Klassiker. Darüber kann sich das Zielpublikum immer aufregen, egal ob das nun heute oder in einem Jahr gesendet wird.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Das liest sich ein bisschen so als würdest du denken, dass das Jugendamt kein anderes Ziel hat als Kinder wegzunehmen. So ist das ja auch nicht. Wenn jemand Schimmel in der Wohnung hat mit Kindern, dann muss eine Lösung her und dass man dann nicht noch ewig warten sollte ist klar, da würde ich zur Not lieber eine kleine Zwischenwohnung nehmen oder ganz weit weg ziehen, Hauptsache das Kind kann gesund leben.

Wenn man nichts ändert, einfach drinnen bleibt, kann ich aber schon verstehen, dass das Jugendamt dann handeln wird zum Wohle der Kinder, immerhin können die nicht ewig gesundheitlich in einer Schimmelbude leben. Dem kann man sich aber auch klar sein, so überraschend ist das ja nicht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Das liest sich ein bisschen so als würdest du denken, dass das Jugendamt kein anderes Ziel hat als Kinder wegzunehmen. So ist das ja auch nicht. Wenn jemand Schimmel in der Wohnung hat mit Kindern, dann muss eine Lösung her und dass man dann nicht noch ewig warten sollte ist klar, da würde ich zur Not lieber eine kleine Zwischenwohnung nehmen oder ganz weit weg ziehen, Hauptsache das Kind kann gesund leben.

Und du meinst du weißt alles? Ich denke mal eher, du hast weder den Hintergrund im Fernsehen im Beitrag gesehen noch dich anderweitig darüber informiert. Es ist nett, dass du dir eine Wohnung zur Zwischenmiete nehmen würdest. Das kann nicht jeder und hier wurde auch gesagt, dass die Familie von Hartz 4 lebt. Schon mal das selbst gehabt? Da kannst du dir nicht einfach eine Wohnung nehmen wie es dir beliebt, sie muss bezahlt werden und mach das mal von dem Satz. Anträge kann man dazu stellen, auf Umzug, eine neue Wohnung usw. aber das dauert alles, da die Mühlen der Behörden langsam mahlen. Dann kommt noch dazu, dass Wohnraum für sozial Schwache überall Mangelware ist und man darauf mehrere Jahre wartet. Mit "mal eben" und "schnell" umziehen ist da nichts, erst Recht nicht, wenn man von Hartz 4 Lebt und das Jobcenter noch seine Zustimmung geben muss, neben Wohnungsamt und Co.

Was meinst du ist die Dame zum Jugendamt gegangen? Sie hat sich dort Hilfe erwartet und eine Beschleunigung der gestellten Anträge. Jugendämter sind an jeder Stelle überlastet, haben zu wenig Personal und von daher wird viel nach Aktenlage entschieden. Spricht da jemand persönlich vor, dann gibt es bestenfalls Notizen aber meistens dann nicht. Steht in den Akten dann drinnen, verschimmelte Wohnung, die "kleine" Tochter mit 16 Jahren eine Herzklappe frisch bekommen und schwaches Immunsystem, dann wird gehandelt nach Aktenlage und das heißt, raus so schnell es geht. Aber nur für die Kinder, nicht für die Mutter - dafür ist das Jugendamt nicht zuständig! Und das kann man nur erreichen, wenn man die Kinder zeitweise abnimmt und in eine Pflegefamilie oder ein Kinderheim steckt, ohne Schimmel um diese Versorgung auch gewährleisten zu können. Nach etwas anderem wird da nicht geschaut.

Du hast noch eine super Meinung vom Jugendamt, wohl weil du damit selbst noch keinen Kontakt hattest. Da kann man sich nur wünschen, dass du auch mal die andere Seite kennenlernst und einfach mal einer vor deiner Tür steht und dir Dinge unterstellt die so nicht gelaufen sind. Einfach nur weil jemand eine Meldung gemacht hat was da angeblich ablaufen soll, oder du dich selbst an sie gewendet hast für die Hilfe.

Dann würdest du dich umsehen wie da entschieden wird und es sehr darauf ankommt, an welchen Sachbearbeiter zu kommst. Manche sind so stumpf und entscheiden nur nach Aktenlage, andere sind noch motiviert und über ihr Amt hinaus engagiert, aber die findet man eher selten. Dazu noch die negativen Fälle von nicht Handeln und falschem Handeln in Vergangenen Fällen, was auch dazu bewegt mal schneller Kinder abzunehmen als hinterher vor Gericht zu stehen wegen einem toten Kind. Da nimmt man lieber einen Prozess in Kauf, dass man übereifrig war, hat auch weniger Nachteile für den Beamten in seiner eigenen Laufbahn im Bezug auf Aufstiegszeiträume und Beurteilungen.

Aber vielleicht kannst du das selbst bald erleben mit dem zweiten Kind in der 1 Zimmer Wohnung mit vier Personen, die dann nach deiner Beschreibung auch zu klein sein dürfte. Da wird das Jugendamt dann auch zum "wohle der Kinder" dich anhalten, zeitnah in etwas größeres zu ziehen mit der Mindestanzahl an Quadratmetern. Auf Wohnungsmarkt und Wohnungsmangel wird da auch keine Rücksicht genommen bei der Fristsetzung, die stupide nach gesetzlichen oder behördlichen Verordnungen am ablaufen sind.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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