Abmahnung, weil nicht weiblich genug angezogen?

vom 22.06.2017, 09:31 Uhr

Als Chefsekretär bekomme ich in meinem Unternehmen sehr viele Dinge mit, doch was sich vor wenigen Tagen bei uns abspielte ist unglaublich. Auf meiner Etage arbeiten überwiegend Frauen in den Vorzimmern der Abteilungsleiter und da kommt es leider regelmäßig zu der einen oder anderen anstößigen Äußerung.

Nun wurde jedoch der Gipfel erreicht als eine Kollegin weinend aus ihrem Büro gelaufen kam, nachdem sie bei ihrem Abteilungsleiter zum Gespräch war. Als sich die Kollegin wieder beruhigt hatte und ihr Vorgesetzter nicht mehr im Hause war, erzählte sie in der Pause was passiert war und mir fiel alles aus dem Gesicht.

Sie öffnete einen Brief mit einer Abmahnung, die Begründung: Sie ist auf der Arbeit nicht weiblich genug gekleidet. Ich finde diese Abmahnung sehr lächerlich, denn wir haben keine offizielle Kleiderordnung an die wir uns halten müssen, lediglich Richtlinien die uns dazu bewegen sollen vernünftige Kleidung zu tragen. Sie hat immer eine Bluse und einen langen Rock an. Bisher hat sich noch keine Frau offiziell beschwert, obwohl ich sie dazu schon mehrmals ermutigt habe.

Die Angst den Job zu verlieren ist einigen Kolleginnen aber wohl zu groß. Ich habe den Vorfall gemeldet, weil ich der Meinung bin, dass meine Kollegin hier ganz klar zu etwas gedrängt werden soll und das die Abmahnung aufgrund fehlender Kleiderordnung nicht rechtens ist. Dafür habe ich schon bei einigen männlichen Kollegen Abneigung erfahren müssen, denn die waren fast durchweg der Meinung, dass sich eine Frau ruhig etwas pfiffiger anziehen kann.

Habt ihr vielleicht schon ähnliche Erfahrungen mit eurem Kleidungsstil gemacht? Würdet ihr gegen diese Abmahnung angehen und welche Schritte würdet ihr einleiten um euch dagegen zu wehren? Ist es vielleicht sogar möglich Anzeige zu erstatten? Findet ihr meine Kollegin sollte sich nicht so anstellen und sich einfach weiblicher oder vielleicht sogar aufreizender kleiden? Hättet ihr auch wie ich eine Meldung abgegeben oder sollte ich mich aus der ganzen Sache einfach raushalten?

» Horkrux » Beiträge: 564 » Talkpoints: 53,84 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde es sehr richtig und wichtig, dass du deiner Kollegin helfen möchtest und dich für sie einsetzt. Dennoch denke ich, dass da auf lange Sicht nur eine Versetzung oder eine Kündigung etwas bringt. Immerhin hat man danach ja immer noch den selben Vorgesetzten und wenn man sich gewehrt hat sicherlich noch mehr Probleme. Dennoch sollte man sich so einen Mist nicht bieten lassen und auch als Frau nicht einfach nachgeben.

Ob das Ganze rechtliche Konsequenzen haben kann weiß ich nicht, ich würde dazu eventuell einen Anwalt befragen. Wobei ich wie gesagt eher einen anderen Arbeitsplatz anstreben würde.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Warum sollte man kündigen direkt deswegen? Hier liegt da ganze schriftlich vor und dann muss der Vorgesetzte nach einer Meldung auch sich äußern was er unter "weiblich anziehen" versteht. Besteht er dann darauf, dass der Rock kurz sein muss, damit der halbe Hintern heraushängt und die Titten auf den Tisch knallen, dann ist er schneller weg als er schauen kann.

Denn so etwas geht dann bereits in die sexuelle Belästigung und Nötigung und meine mal nicht, dass so etwas kein Grund ist jemanden zu gehen. Es muss halt gemeldet werden damit mal etwas passiert und natürlich kann es auch nach hinten los gehen und sich alle hinter den Hampel stellen, aber die Kündigung sollte immer der letzte Schritt sein wenn sich nichts daran ändert. Haut man nur ab und macht nichts, dann geht es danach in einer Tour weiter mit anderen Damen.

Kleiderordnung hin oder her, wenn nichts geregelt ist wie diese genau auszusehen hat und auch festgeschrieben steht, dann ist man dort offenen. Sprich es kann niemand einen verdonnern, dass man "weiblich" angezogen ist und hinterher aussieht, als wenn man als Stripper arbeitet oder schon halb ausgezogen dort herum rennen muss. Bluse und langer Rock finde ich angemessen für ein Büro, die Bluse anständig geschlossen ist, nicht durchsichtig ist und der Rock nicht bis zum Hintern geschlitzt ist. Denn auch da gibt es verschiedene Auslegungen, angemessene Kleidung ist hier dann das Stichwort. Da es aber nicht "weiblich" genug war, wird es wohl eher konventionell und geschlossen gewesen sein anstatt offenherzig und geschlitzt, denn sonst sähe der Vorwurf komplett anders aus.

Aber nicht nur du sollst dich für sie wehren. Die Dame muss auch selbst anfangen sich zu wehren, immerhin geht es um sie. Die Abmahnung kann man anfechten, mit dieser kann man ebenfalls einen Arbeitsrechtler aufsuchen und sich beraten lassen. Denn das ganze hier geht schon in den Bereich der sexuellen Belästigung und Nötigung und dagegen kann man sehr wohl vorgehen. Dazu kann der Arbeitsrechtsanwalt auch genauer beraten genau auf den Fall zugeschnitten, aber alles muss man sich sicherlich nicht gefallen lassen. Unterstützen kann man und Rücken frei halten, aber die Dame muss auch selbst aktiv werden. Ist es für sie zu Belastend nach dem Vorfall, kann sie sich auch krank schreiben lassen damit kann man auch weiterem Ärger erst einmal aus dem Weg gehen, bis dieser Vorfall dann geklärt ist.

Nur weil mich ein Mann auffordert, dass ich mich weiblicher anziehen soll und hinterher die Brüste auf dem Schreibtisch hängen und der Rock nicht mehr existent ist, da würde ich nicht mitmachen und auch nicht nachgeben. Denn macht man das einmal, dann machen sie es wieder und so wird der Rock und die Bluse dann immer kürzer und ist immer weiter offen und irgendwann soll diese Dame dann in Strapsen oder nackt dort arbeiten damit die schmierigen Männer etwas zu gaffen haben? Sicherlich nicht, direkt einen Riegel vorschieben und sich wehren aber nicht erst mitmachen nur weil es irgendwer fordert und sich aufgeilen will. So etwas hat auf der Arbeit gar nichts verloren.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Mit der Abmahnung kann sich der Vorgesetzte brausen gehen. Kein Richter wird so einen Grund akzeptieren. Das ist nur ein Druckmittel, um die Sekretärin gefügig zu machen. Melden würde ich das aber nicht, denn das würde zur Kündigung, vielleicht gar zur Entlassung (mittels unwahrer Behauptungen) führen. Es hat auch keinen Sinn, den Dienstgeber anzuzeigen und zu erwarten, dass man dennoch in dessen Betrieb weiter beschäftigt bleibt.

Nach der Beschreibung zu urteilen, kann die Frau auch nicht damit rechnen, dass ihre Kolleginnen hinter ihr stehen. Wahrscheinlich nehmen sie diese Dinge in Kauf, weil der Gehalt gut ist. Es könnte auch sein, dass sich die Kolleginnen im Falle einer Gerichtsverhandlung auf die Seite des Vorgesetzten schlagen nach dem Motto: "Wessen Brot ich ess', dessen Lied ich sing". (Derartiges ist mir mal passiert - da hat ein von mir aufgestellter Zeuge gegen mich ausgesagt, weil er andernfalls Schwierigkeiten mit dem Beklagten befürchtete; prompt habe ich den Prozess verloren.)

» Wurstel » Beiträge: 77 » Talkpoints: 31,93 »



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