Als Obdachloser im Zug nach Geld für Essen betteln?

vom 04.09.2017, 06:45 Uhr

Ich war neulich eine längere Strecke mit der Bahn unterwegs zu einem bestimmten Ausflugsziel, wobei mir im Zug ein Obdachloser begegnet ist. Dieser hat im Zug direkt um Geld gebettelt und dabei jeden Fahrgast angesprochen. Er bräuchte das Geld für Essen und er hätte Hunger laut eigener Aussage. Eine junge Frau wollte ihm dann Essen geben, was er aber abgelehnt hat, er wollte eindeutig Geld.

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob er überhaupt eine Fahrkarte besitzt. Denn Schwarzfahren wird mittlerweile mit 60 Euro bestraft und so eine Strafe für ein bisschen Kleingeld für Essen würde ich nicht in Kauf nehmen. Zugtickets sind hier auch nicht gerade günstig, wenn man bedenkt, auf was für einer Strecke er unterwegs war. Er hat auch nicht nach Pfandflaschen oder so gefragt, ausdrücklich nur um Geld für Essen, dabei kann man im Zug nichts Essbares kaufen.

Findet ihr es logisch und nachvollziehbar, wenn man im Zug um Geld bettelt? Ich hätte das potentielle Geld für das Zugticket in Essen investiert und selbst wenn kein Ticket da war, würde mich die Strafe von 60 Euro abschrecken. Oder betrifft Obdachlose diese Strafe gar nicht, weil dort eh nichts zu holen ist?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich denke, dass Obdachlose die Strafe im Zug nicht trifft, weil man weiß, dass man hier nichts herein holen kann. Das ist wie bei den Sinti und Roma, die ebenfalls immer im Zug betteln, bei denen niemand eine Chance hat, weil sie einfach kein Geld haben.

Wenn ich so einen Obdachlosen treffen würde, würde ich sagen, dass er warten soll, bis man aussteigt und dass ich ihm dann beim Bahnhof etwas zu essen kaufen würde. Bargeld würde ich keines her geben. Denn es ist allgemein bekannt, dass sich Obdachlose eher flüssig ernähren und das ist nicht der Sinn der Sache.

Man könnte es aber auch so probieren wie der eine aus dem Glücksprinzip, dass man dem Obdachlosen auf die Beine hilft, was ein schwieriges Unterfangen sein dürfte. Denn viele haben sich selber schon aufgegeben und schütten sich mit dem Alkohol zu, den sie sich von Spenden kaufen.

Es ist wirklich schade und man kann froh sein, wenn man nicht in so einer Situation steckt und wenn es einem gut geht.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke mal, dass die Obdachlosen schon wissen, wie sie Kontrollen aus dem Weg gehen können bzw. auf welchen Strecken kontrolliert wird und wo nicht. Außerdem, wohin soll die Bahn bei einem Obdachlosen den Bußgeldbescheid schicken?

Persönlich habe ich ein direktes nach Geld betteln im Zug noch nicht erlebt, eher das man eine Obdachlosen Zeitung oder irgendwelche Anstecker versucht zu verkaufen. Direkt würde ich kein Geld geben, dann wie schon erwähnt ihm lieber was zu essen anbieten. Da kann man dann wenigstens sicher sein, dass er auch das bekommt wofür er das Geld haben wollte.

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» alkalie1 » Beiträge: 5526 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Bei uns wird in den S-Bahnen und U-Bahnen mittlerweile auch recht viel gebettelt. Im Zug habe ich es aber noch nicht erlebt. Ich würde da weder Geld noch Essen spenden. Ganz ehrlich, es sind mittlerweile einfach zu große Massen und würde ich da jedes Mal aus Mitleid einknicken, wäre wohl locker ein Viertel meines Lohnes weg. Bei uns in der Großstadt gibt es außerdem mehrere Tafeln. Wer explizit nach Geld und nicht nach Essen bettelt, hat meiner Meinung nach also ganz bestimmte Gründe dafür, und zwar um sich Kippen oder Bier zu kaufen. Sowas unterstütze ich sicher nicht.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wie kommt man eigentlich darauf, dass Menschen ohne festen Wohnsitz nicht rechtlich verfolgt werden (können)? Die meisten Obdachlosen sind zwar im Melderegister so erfasst, aber sie haben eine Postadresse bei einer caritativen Einrichtung. Denn das ist die Voraussetzung, um Arbeitslosengeld oder Sozialgeld zu beziehen. Dahin geht der monatliche Scheck, der auch ohne Konto bei der Postbank eingelöst werden kann. Gibt halt 5 Euro weniger, die die Bank als Gebühr einhält.

Dahin kann natürlich auch der Bußgeldbescheid gesendet werden. Und zusätzlich bringen die Verkehrsgesellschaften die Tat zur Anzeige. Das gibt weiteren Ärger. Und irgendwann wird dann wegen Nichtzahlung der Strafen ein Haftbefehl ausgestellt. Der wird dann direkt vollstreckt, wenn der Betroffene in eine Kontrolle gerät. Denn dann gilt: Entweder kommt das Geld oder es geht in die Ersatzhaft. Zehn Euro pro Tag werden von der Schuld abgezogen. Sprich 300 Euro Strafe bedeutet einen Monat Haft. In manchem Gefängnis sitzt ein Drittel der Häftlinge die Strafe für Schwarzfahren ab. Das lohnt sich total, ein Hafttag kostet 130 Euro. :lol:

So, nun ist Betteln im Zug sowieso verboten, Schwarzfahren kostet durch die Ersatzhaft Unsummen für die Allgemeinheit und Obdachlose haben in der Regel jeden Monat Geld wie jeder andere auch. Also gebe ich normalerweise nichts. So einfach ist das. Ich investiere lieber in Projekte, die den Menschen das Leben tatsächlich erleichtern.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich denke auch, dass es einfach so ist, dass die Kontrolleure es auch wissen, dass bei einem Obdachlosen nichts zu holen ist und eine Adresse gibt es sowieso nicht, mit der der Obdachlose sich ausweisen und zu der ein entsprechender Bescheid geschickt werden könnte. Darum finde ich es gar nicht so verkehrt gedacht von einem Obdachlosen, wenn er in einem Zug bettelt.

In der Stadt können die Leute eher einen großen Bogen um einen Obdachlosen machen, aber in einem Zug ist das nicht so möglich und so könnte ich es mir schon vorstellen, dass so ein Mensch in einem Zug vielleicht schon mehr Geld in kürzerer Zeit erbetteln kann.

Ich würde dann aber auch kein Geld geben. Etwas zu essen würde ich gerne abgeben, aber wenn ich schon so eine Situation mitbekäme, in der um Geld für Essen gebettelt wird, das Essen selber aber abgelehnt wird, dann würde ich sicher gar nichts geben. Das ist dann wiederum auch ein Nachteil für einen Bettler, wenn er auf so engem Raum bettelt. Aber ein Bußgeld muss ein Bettler sicher nicht so schnell befürchten.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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