Kann Unpünktlichkeit eine Form der Pünktlichkeit sein?

vom 28.03.2017, 05:15 Uhr

Ein Bekannter von mir erzählte neulich, wie er damals seine jetzige Ehefrau kennengelernt hätte So hätte er damals zum ersten Date über eine Stunde auf sie gewartet und hätte schon befürchtet, sie käme nicht. Allerdings kam sie dann doch noch. Es stellte sich dann für ihn im Laufe der Zeit heraus, dass seine Frau grundsätzlich etwa eine Stunde zu spät käme, sodass er sich in dieser Hinsicht angepasst hätte und mittlerweile auch eine Stunde später auftaucht, wenn er seine Frau treffen will.

Ist es in euren Augen auch Pünktlichkeit, wenn man praktisch verlässlich immer zu spät kommt und man aus Gewohnheit abschätzen kann, wann die Person in etwa auftauchen wird? Seine Frau scheint ja immer genau eine Stunde zu spät zu kommen, einige Akademiker, die ich kenne, orientieren sich immer am akademischen Viertel bei Verabredungen. Wird Unpünktlichkeit für euch unter Umständen zu Pünktlichkeit? Oder eher gar nicht?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich habe tatsächlich in meinem Bekanntenkreis eine Person, die relativ verlässlich immer genau eine halbe Stunde zu spät kam. Wir haben uns tatsächlich drauf eingestellt mit der Zeit und nannten das die halt XY-Zeit. Wenn wir uns verabredet haben, dann hieß es immer, ich habe XY gesagt um halb Sieben, brauchst dich also nicht stressen, reicht, wenn du um Sieben dann da bist. Interessanterweise funktioniert es mit XY zeitlich nun allerdings sogar besser, obwohl sie mittlerweile ein Kleinkind hat. :lol:

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Sie hat ihn zum ersten Treffen eine Stunde(!) lang warten lassen, und der Typ hat sie am Ende sogar geheiratet? Respekt, die Dame muss ein echt toller Mensch sein, oder reich oder so etwas. Ich selber empfinde Verspätungen von mehr als 10 Minuten, ohne Anruf oder Erklärung, als Unverschämtheit und hätte aus dem Zusammenhang geschlossen, dass ich der Dame wohl doch nicht so mega wichtig bin. Spätestens nach einer halben Stunde wäre ich heimgegangen. Ich mache mich doch nicht zum Hampelmann, nur weil andere Leute zu dumm sind, ihre Zeit richtig einzuteilen.

Man merkt also, mir ist Pünktlichkeit sehr wichtig, weil sie für mich eine Form von Respekt darstellt. Keiner von uns hat normalerweise so viel Freizeit, dass es ihm nichts ausmacht, eine Stunde lang untätig die Wand anzustarren, und zu hoffen, dass derjenige welche dieses Mal nicht ganz so unpünktlich ist wie sonst. Wenn jemand nicht gerade im Stau steht, sondern daheim noch die Fische füttern, die Wäsche waschen, die Nägel neu lackieren oder die Wischerblätter des Autos austauschen musste, schließe ich daraus, dass ich in der Prioritätenliste dieser Person extrem weit hinten stehe und es ihr relativ egal ist, dass ich Zeit, Energie und Umstände auf mich nehme, um Zeit mit ihr zu verbringen. Wenn dies meinem Gegenüber offensichtlich egal ist, kann ich mir die Mühe schließlich auch sparen.

Ich finde es auch kindisch und albern, wenn man Leute mit allen möglichen Tricks zu scheinbarer Pünktlichkeit bewegen möchte, weil man weiß, dass sie immer mindestens eine Stunde zu spät kommen. Dann werden sie über Termine und Uhrzeiten belogen oder es wird die Uhr verstellt oder was weiß ich. Bevor ich mich so zum Babysitter machen würde, würde ich es eher darauf ankommen lassen, dass die Person sich ein paar Mal so richtig blamiert. Also nein, Unpünktlichkeit bleibt für mich Unpünktlichkeit, auch wenn man die Uhr danach stellen kann.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich würde Unpünktlichkeit auch nicht als eine Form der Pünktlichkeit sehen und fände es extrem lästig, wenn jemand ständig zu spät kommen würde und man schon weiß, dass man besser selbst auch eine Stunde später kommt, da man sonst nur dumm warten muss. Ich kann nicht nachvollziehen, was so schwer daran sein soll, auch zur verabredeten Zeit am Treffpunkt zu sein.

Ich denke, dass ein erwachsener Mensch doch in der Lage sein sollte, mal Pünktlichkeit zu üben. Wenn ich eine Uhrzeit ausmache, bin ich da und nicht erst eine Stunde später. Ich würde gar nicht erst eine ganze Stunde warten und eben auch wieder gehen, wenn die Person nicht auftaucht. Und wenn ich mich verspäte, dann kann ich wenigstens gerade Bescheid sagen. Im Zeitalter der Smartphones sollte das ja möglich sein.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich hatte ja am Gymnasium einen Lehrer, und dann auf der Uni einen Dozenten, die beide immer fünf Minuten zu spät waren. Gerade beim Lehrer konnte man wirklich fast die Uhr danach stellen, der war fünf Minuten nach dem Klingeln im Klassenraum, jede Stunde. Selbst, wenn wir ihn erst in einem und direkt danach im anderen Fach hatten, so ließ er uns teils fünf Minuten früher raus, dann kamen fünf Minuten Pause, und "pünktlich" fünf Minuten nach Stundenbeginn war er dann wieder in unserem Klassenraum. Und Schüler hat es natürlich wenig gestört. :mrgreen:

Ansonsten setze ich mir oft genug selbst einen Zeitpunkt, der etwas zu früh ist. Muss ich also um zwölf aus dem Haus, nehme ich mir des Öfteren vor, um halb zwölf das Haus zu verlassen. Dann habe ich einfach noch einen ziemlichen Puffer und muss mich nicht stressen, wenn ich irgendetwas vergessen habe. Aber das mache ich ja gerade, damit ich bei irgendeiner anderen Sache pünktlich bin.

Ich würde es also, auch bei solch einer Regelmäßigkeit, nicht als "andere Pünktlichkeit" sehen, sondern es ist trotzdem noch Unpünktlichkeit. Sicher kann man danach planen, aber es nervt ja irgendwie trotzdem, wenn man darauf achten muss, Person X eine andere Zeit zu nennen als allen anderen. Gerade, falls sie dann doch einmal pünktlich ist und sich fragt, wo bitte man selbst denn bleibt.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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