Krankengymnastik und Medikamente nur von Hausarzt bekommen?
Eine Freundin war wegen ihrer Nacken- und Kopfschmerzen beim Orthopäden und dieser meinte, dass sie mal ein Medikament zur Muskelentspannung nehmen könnte und auch Krankengymnastik für sie gute wäre. Allerdings hat er ihr nichts davon verschrieben, sondern gesagt, dass er ihrem Hausarzt einen ausführlichen Bericht zukommen lassen würde und der sich dann um eine Medikation und eventuelle Krankengymnastik kümmern müsste.
Ich dachte immer, dass ein Orthopäde auch selbst Medikamente und Krankengymnastik verschreiben würde. Ist das immer vom jeweiligen Fall abhängig? Ist es da normal, dass meine Freundin dies nun nochmal mit ihrem Hausarzt besprechen muss? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?
Wenn der Hausarzt "zur Mitbehandlung" auf der Überweisung angekreuzt hat, dann darf der Orthopäde normal sowas nicht bestimmen, sondern nur einen Rat geben. Er schreibt dem Hausarzt bzw. dem überweisenden Arzt ein Bericht, wo alles drin steht und auch die Behandlung, die er machen würde und der Hausarzt macht es dann weiter.
Geht man einfach zu einem Orthopäden ohne eine Überweisung oder kreuzt der Hausarzt auf der Überweisung nicht an, dass er zur Mitbehandlung überweist, dann kann der Orthopäde auch alles in die Wege leiten. Medikationen macht ein Facharzt nicht gerne ohne Absprache des Hausarztes, weil man ja oft auch noch Medikamente vom Hausarzt bekommt und die könnten dann Wechselwirkungen haben. Es ist schon richtig, wenn ein Facharzt das dem Hausarzt überlässt.
Das kann nicht hinkommen. Alle unsere Überweisungen sind zur Mitbehandlung ausgestellt und alle Fachärzte schreiben nötige Medikamente und Maßnahmen auf. Vom Hausarzt bekommen wir nur das, was er auch behandelt. Anders wäre es nur, bei einer reinen Auftragsleistung, wie zum Beispiel Szintigrafie der Schilddrüse oder einer Konsiliaruntersuchung, wo der andere Arzt dann selbst entscheiden kann, welche Untersuchungen er dazu durchführen möchte.
Ich kenne es auch, dass Fachärzte manchmal versuchen, einen zum Hausarzt abzuschieben oder dass sie einem beispielsweise Ergebnisse von Untersuchungen nicht mitteilen wollen, sondern nur einen Bericht an den Hausarzt schicken wollen. Da ich aber seit Jahren ohne Überweisung zu Fachärzten gehe und eigentlich auch gar keinen Hausarzt mehr habe, können sie das bei mir nicht so machen.
Ich weiß, dass es bei Physiotherapie und ähnlichen Leistungen ein Kontingent gibt, dass die Ärzte nicht überschreiten dürfen oder sollten. Ich habe keine Ahnung wie so etwas überprüft und abgerechnet wird, aber könnte es sein, dass der Orthopäde deshalb an den Kollegen überweisen wollte? Krankenkassenleistungen werden ja pro Quartal abgerechnet und das dritte Quartal ist jetzt bald zu Ende. Wenn ein Kontingent ausgeschöpft ist dann am Ende eines Quartals.
Ich hatte bisher noch nie Probleme mit Rezepten von Fachärzten, auch wenn ich mit einer Überweisung vom Hausarzt gekommen bin. Untersuchungsergebnisse gehen teilweise natürlich schon an den Arzt, der die Untersuchung angeordnet hat. Aber es macht ja auch wenig Sinn mit einem Radiologen in der Klinik ein Röntgenbild zu besprechen, wenn der Orthopäde zu Hause die Behandlung übernimmt und einem wahrscheinlich genau das gleiche noch mal erzählen würde.
Ich kann mir nur vorstellen, dass er kein Geld mehr hatte für das Quartal. Ärzte haben nur ein gewisses Kontingent für Patienten. Erlebt habe ich das auch schon in ähnlicher Art und Weise. Da wurde dann gefragt was das schlimmste Symptom ist und nur das wurde dann behandelt mit einem Medikament, aber bei dem Arzt bin ich auch nicht mehr. Ansonsten muss der Arzt aus eigener Kasse draufzahlen.
Diamante hat geschrieben:Wenn der Hausarzt "zur Mitbehandlung" auf der Überweisung angekreuzt hat, dann darf der Orthopäde normal sowas nicht bestimmen, sondern nur einen Rat geben.
Ich weiß immer gar nicht, wo du dein ganzes Halbwissen hernimmst. Diese Aussage kann und darf man so einfach nicht stehen lassen, da sie sowohl fachlich als auch haftungsrechtlich falsch ist.
Natürlich kann der Orthopäde einfach einen Bericht schreiben und den Sachverhalt wieder zum Hausarzt delegieren, wenn er sich davon überzeugt hat, dass durch diesen Zeitverzug keine gesundheitlichen Schäden entstehen. Dennoch und das ist das Wichtige an dem Punkt, heißt das Feld nicht "zur Mitbehandlung" sondern "Mit-/Weiterbehandlung". Das heißt ganz klar, dass bei einem Kreuz in diesem Fall davon auszugehen ist, dass der überweisende Arzt ein Problem hat, dass er nicht selbst lösen kann und den Fall daher in die Hände eines anderen Arztes gibt. Und damit ist davon auszugehen, dass der Überweisungsempfänger für den konkreten Fall die Behandlung zu übernehmen hat und dazu gehört nicht nur Diagnostik, sondern auch Therapie.
Selbstverständlich kann man daher im konkreten Fall als Orthopäde alle Rezepte ausstellen, die nötig sind, die Erkrankung zu behandeln, sofern man dafür eine Zulassung hat (so kann es zum Beispiel für Betäubungsmittel eine Einschränkung geben). Wird man also zum Beispiel vom Hausarzt mit Verdacht auf eine entzündliche Hüfterkrankung zum Orthopäden geschickt und der macht zum Beispiel eine Sonografie und Punktion des Gelenkes und erkennt dann tatsächlich eine bakterielle Entzündung und gibt nur einen Brief für den Hausarzt mit und der Patient stirbt einige Tage später an einer Sepsis, weil er nicht gleich zum Hausarzt gegangen ist, dann ist der Orthopäde haftungsrechtlich Schuld an diesem Fall und nicht der Hausarzt.
Gleiches gilt für alle Fachrichtungen und Fragestellungen. Hierzu gibt es auch entsprechende Gerichtsurteile. Mit-/Weiterbehandlung heißt eben durchaus, dass man die komplettte weitere Therapie mit übernehmen kann und sollte, wenn es der konkrete Fall erfordert.
In besagtem Fall der Threaderstellering hat der Orthopäde dagegen scheinbar eine banale Muskelverspannung als Grund für die Kopfschmerzen ausgemacht und beschlossen, dass nichts schlimmes passiert, wenn sie die Medikamente und Physiotherapierezepte nicht sofort bekommt. Das ist soweit durchaus in Ordnung, wenn auch für den Patienten nervig. Nichts desto trotz hätte es dem Orthopäden natürlich frei gestanden, die Rezepte selber auszufüllen. Aber das wäre dann wiederum auf sein Budget gegangen und das sollte wohl aus welchen Gründen auch immer vermieden werden.
Meine Freundin hatte vorher beim Orthopäden gefragt, ob sie denn eine Überweisung von ihrem Hausarzt mitbringen sollte. Aber man sagte ihr, dass dies nicht nötig sei. Daher hat der Hausarzt auch nichts auf einer Überweisung angegeben. Bei Medikamenten ist es vielleicht noch nachvollziehbar, aber warum der Orthopäde die Krankengymnastik nicht verschrieben hat, verstehe ich auch nicht.
Nelchen hat geschrieben:Bei Medikamenten ist es vielleicht noch nachvollziehbar, aber warum der Orthopäde die Krankengymnastik nicht verschrieben hat, verstehe ich auch nicht.
Eine rein betriebswirtschaftliche Überlegung. Das Physiotherapierezept geht von seinem Budget ab, dass er zur Verfügung hat. Das Budget setzt sich aus den behandelten Patienten zusammen. Da Physiotherapie über das normale Budget, dass er für einen Patienten bekommt hinaus geht, muss er mehrere Patienten möglichst billig behandeln um einem Patienten ein Physiotherapierezept ausstellen zu können ohne draufzuzahlen. Nun kann man eben versuchen, entweder ganz viele Patienten zu behandeln um damit Reserven für vermeintlich kostenaufwendige Behandlungen zu erwirtschaften oder man versucht die Kosten zu drücken und kann dann eben mit weniger Patienten auskommen.
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