Kann ein Sarg-Schock Suizidgefährdete therapieren?

vom 16.07.2016, 21:50 Uhr

Wegen der hohen Selbstmordrate in Südkorea (im Schnitt 40 Selbstmorde pro Tag) werden dort sogenannte Sarg-Schock-Therapien durchgeführt. Dabei legen sich selbstmordgefährdete Menschen unter anderem für zehn Minuten in einen geschlossenen Sarg. Auch müssen sie einen Abschiedsbrief verfassen und laut vorlesen. Dadurch sollen diese Menschen erkennen, dass der Tod auch keine Alternative ist und vom Selbstmord abgehalten werden.

Die Sarg-Schock-Therapien finden in Südkorea großen Anklang und es konnten schon sehr viele Menschen durch die Teilnahme an diesen Therapien vom Selbstmord abgehalten werden. Sollten solche Sarg-Schock-Therapien auch in Deutschland und in anderen Ländern eingeführt werden? Was haltet ihr von dieser Methode Menschen vom Selbstmord abzuhalten?

» swipu91 » Beiträge: 580 » Talkpoints: 33,30 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wenn der Leidensdruck groß genug ist, dann wird so eine Therapie auch nicht wirklich helfen. Suizidgefährdet ist man erst, wenn die Depressionen stark genug sind und die haben eben sehr negative Gedanken und Gefühle zur Folge, die teilweise auch von den Hormonen beeinflusst werden und eine Stoffwechselstörung im Gehirn begünstigen, wo dann grundsätzlich die falschen Hormone im Überfluss produziert werden und man gar nicht anders kann als sich immer nur schlecht zu fühlen.

Daher verstehe ich nicht wie da so eine Therapie überhaupt helfen soll. In meinen Augen wird das die Menschen nicht abhalten, wenn der Leidensdruck groß genug ist und sie den negativen Gedanken und Gefühlen einfach nur entfliehen wollen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich sehe das ähnlich wie Täubchen und denke auch, dass diese Schock-Therapie nicht helfen wird, wenn der Leidensdruck sehr groß ist. Ich denke, dass da dann nur eine langfristige Therapie und sicherlich auch Medikamente helfen können. Von einem Sarg wird sicher sicherlich niemand abschrecken oder aufhalten lassen, der wirklich vor hat sein Leben zu beenden. Vielleicht regte diese Schock-Therapie manche nochmal zum nachdenken an, die es nicht so ernst gemeint haben. Aber bei den harten Fällen glaube ich kaum, dass dies von Erfolg gekrönt sein wird.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



In vielen asiatischen Ländern ist der Freitod eine Form von wieder Gutmachung. Das wissen viele nicht oder sehen das anders. Kann auch jeder sehen, wie man möchte, aber in Asien hat vieles mit Ansehen, Ehre, Stolz und Schande zugleich zu tun. Da machen die Südkoreaner den Japanern, wo der Freitod auch sehr häufig vorkommt leider starke Konkurrenz und die Begründungen sind so vielseitig, aber für uns meist komplett unverständlich, weil wir nicht in dieser Gesellschaft leben.

Wenn sich zum Beispiel eine Frau von ihrem Mann trennt, sich scheiden lässt und alleinerziehend ist, wird das von vielen traditionellen Südkoreanern als unehrenhaft und schlecht angesehen. Je nach dem, wo die Dame wohnt, sind Verachtung und wenig soziale Kontakte die Folge. Dann wählen viele Damen den Freitod als eine Art Wiedergutmachung. Klingt doof und für uns total unrealistisch, aber so ist es.

Wenn jemand Schuld daran ist, dass die Familie bedroht oder erpresst wird, bringt sich nicht selten der Verursacher um, der das zur Folge hat, dass die Familie erpresst, bedroht oder angegriffen wurde. Das haben schon Südkoreanische Stars gemacht, so traurig es klingt.

Der enorme Arbeitsdruck und das Ansehen der Südkoreaner auf den Weltmarkt führt auch nicht selten dazu, dass sich sehr viele Menschen das Leben nehmen, weil in Asien (siehe auch in Japan) der Druck auf Arbeitnehmer äußerst hoch ist, sodass hier viele Freitode gewählt werden.

Ob da so eine Sarg-Schock Therapie wirklich hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln. Das ändert nichts an das traditionelle Denken der Südkoreaner im Allgemeinen. Hier hat eben viel mit Erfolg, Ehre der Familie und Ansehen zu tun. Das ist nicht durch solch eine Therapie zu beheben, weil der Auslöser ja unglaublich tiefer verwurzelt ist. Es müsste gesellschaftlich in Südkorea sowie Japan und auch China mal ein Umdenken stattfinden, aber darauf können wir hier lange warten.

2014 haben sich mehr als 14.000 Menschen in Südkorea das Leben genommen und bei vielen sind die Gründe eben Schande über die Familie gebracht, mangelnde gesellschaftliches Ansehen, Ansehen der Gesellschaft geschadet, Trennungen usw. Das ist für uns total surreal, aber eine Schock-Therapie in Form eines Sarg-Schocks hilft doch nicht. Das Problem ist doch eben meist die Gesellschaft und da sollte man ansetzen.

Um mal die Japaner zu nehmen. Seppuku ist da das Selbstmordritual. Nicht viele mögen sich an diesem halten, aber zählen dazu und was sind die größten Gründe? Schande. Auch mehr als 10.000 Selbstmorde, mal mit dem klassischen Seppuku Ritual oder eben anders werden dort durchgeführt und der Grund ist meist das gesellschaftliche Tabu sich über die Arbeit, die Überlastung, Burn-out und daraus folgende Depressionen zu beschweren.

Denn in Japan ist es üblich 12 Stunden zu arbeiten und Überstunden kommen sowieso oben drauf. Manchmal haben Arbeitnehmer gerade mal Zeit nach Hause zu kommen, zu essen und duschen und gute Nacht. Schlafen dann vielleicht 4 Stunden und weiter geht´s. So sieht für sehr viele ein Arbeitsalltag in Japan aus, was natürlich zu Überbelastung führt. Die Gesellschaft ist nur langsam in Veränderungen, aber es wurde erkannt, dass viele Selbstmorde darauf zurückzuführen sind.

Mit dem Beispiel möchte ich wieder auf Südkorea zurückkommen. Die Probleme sind meist das Totschweigen von Problemen in der Gesellschaft, einem falschen Ehrwert- und Schandgefühl und entsprechend traditionelle Grunddinge. Das ist es, was auch hier der Grund meist ist, wieso sich viele Menschen das Leben nehmen und die Sarg-Schock-Therapie soll helfen? Verändert doch bitte mal das Grundproblem, dann wäre es viel sinnvoller.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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