Als Deutscher stolz auf den Arier-Nachweis sein?

vom 30.11.2014, 17:57 Uhr

An meiner alten Uni hatte ich häufiger mit einer Kommilitonin zu tun, nennen wir sie A. A tendierte dazu, mich hin und wieder zu ärgern, wenn es um meine Herkunft ging. So durfte ich mir nach einem Familientreffen gerne solche Sätze anhören wie "Wie war das Essen mit der Russen-Mafia?".

Irgendwann hatte ich aber die Nase voll von solchen Kommentaren, keiner lässt sich auf Dauer gerne wegen seiner Herkunft degradieren. Also konterte ich einfach und sagte zu ihr, dass sie ja auch nicht besonders deutsch sein kann, da ihr Nachname eindeutig dem Land Polen zuzuordnen war.

Ich wusste auch, dass ihre Großeltern früher in dem Gebiet des heutigen Polen gelebt haben, das aber damals eben zu Deutschland gehörte. Dieser Kommentar gefiel ihr gar nicht und sie meinte dann, vor mir betonen zu müssen, dass ihre Großeltern väterlicherseits und mütterlicherseits damals während der Zeit Hitlers eindeutig den Arier-Nachweis gehabt hätten und dass sie eindeutig Deutsche sei.

Sie sagte es nicht in einem sachlichen Ton, sondern sie schien wirklich sehr sehr stolz darauf zu sein, dass sie reine Deutsche ist und betonte dann aber gleichzeitig, dass sie kein Nazi sei. Wenn ich allerdings an die Kommentare denke, die sie mir mit der Zeit an den Kopf geworfen hat, bezweifle ich das allerdings stark. Die meisten waren eindeutig rassistisch angehaucht.

Den Arier-Nachweis bekommt man glaube ich nur, wenn man nachweisen kann, dass man mindestens 7 Generationen vor der eigenen keine Ausländer unter den Ahnen hat. Ich finde ihre Reaktion total merkwürdig und befremdlich.

Kann man nach eurer Ansicht stolz auf den Arier-Nachweis und somit auf seiner Herkunft sein und trotzdem keine nationalsozialistischen Ansichten pflegen? Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich widersprüchlich. Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr so jemanden treffen würdet?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich persönlich finde das Ganze absolut rassistisch. Ich denke, das Ganze geht schon ein ganzes Stück weit über rechts angehaucht. Alleine wenn man öfters abfällige Bemerkungen macht über Menschen, die einen MIgrationshintergrund haben und damit auf diesen anspielt, kommt dieser Eindruck erstmals zu Stande.

So richtig deutlich wird das allerdings erst an dem Arier-Nachweis. Dieser wurde im Nationalsozialismus eingeführt und ist alles andere als ein sachliches Dokument, das einen realistischen Zustand bescheinigt, sondern wohl eher eine Wahnvorstellung einer kranken Ideologie, die im Prinzip überhaupt keinen Sinn ergibt. Wie ein Mensch stolz darauf sein kann, in dieses Schema zu passen, leuchtet mir gar nicht ein. Man kann nur hoffen, dass es bei rechten Worten bleibt und sie niemanden angreift.

» crazykris1 » Beiträge: 605 » Talkpoints: 37,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich frage mich gerade, warum jemand so etwas überhaupt weiß. In meiner Familie ist nun klar, dass es so einen Nachweis nicht geben kann, aber wenn das nicht so offensichtlich wäre würde ich doch nur danach fragen, wenn das für mich irgendwie wichtig wäre.

Die andere Möglichkeit ist natürlich ein Alt-Nazi in der Familie, der damit prahlt bei Familienfesten. Aber wenn man dessen Ideologie nicht teilt ist man dann doch wohl eher peinlich berührt und fängt nicht noch selber mit der Prahlerei an.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Zur Frage ob man Stolz drauf sein kann ist die klare Antwort Nein. Denn warum sollte Ich darauf stolz sein? Es weist mich ja nicht als besseren Menschen oder ähnliches aus. Auch wenn Leute, die auf so etwas wert legen, das denken. Meine Großeltern und deren Eltern sind Deutsch, und darüber hinaus habe ich keine Ahnung. Und es ist mir auch egal. Ich bin ja kein anderer Mensch wenn ich wüsste das ich Deutsche oder Ausländische Vorfahren habe. Ich bin so wie ich bin, egal von wem ich abstamme.

Deine Bekannte ist eine absolute Rassistin und steckt Menschen in Schubladen. (Was der Kommentar mit der Russen Mafia beweist) Ich finde es unverschämt wie Sie dich wegen deiner Herkunft behandelt und würde mit so einer Person wahrscheinlich nichts mehr zu tun haben wollen. Ein kleiner Witz ist ja in Ordnung unter Freunden, so eine Reaktion ist jedoch weit unter der Gürtellinie.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Eigentlich sollte man als Deutscher doch nicht auf diese Zeit und alles was damit zu tun hatte stolz sein. Zumindest geht es mir da so und ich hatte damals nichts mit Hitler zu tun, da es mich noch nicht gab. Mir geht es da wie einigen anderen hier und könnte nicht mal sagen, ob meine Familie diesen Nachweis hatte. Soweit ich weiß, gibt es in meiner Familie nur deutsche Vorfahren und selbst wenn nicht, dass wäre mir so egal. Was soll denn so toll daran sein, ob man rein deutscher Abstammung, russischer oder vielleicht chinesischer ist? Wir sind doch alles Menschen, dass zählt, zumindest sollte es das.

Ich glaube, dass sich deine Kommilitonin da gar keine richtigen Gedanken gemacht hat, was sie da sagte. Ich denke auch, dass sie mit derlei Äußerungen durchaus vorsichtig sein sollte. Das kann auch schnell mal jemand hören, der da vielleicht nicht so ruhig bleibt wie du. Ich hätte das auch irgendwo als Beleidigung aufgefasst und ihr auch gesagt, dass ihr Verhalten und ihr Sprüche wirklich rassistisch finde.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Oha, solche Diskussionen kenne ich eigentlich nur mit alten senilen Säcken, aber nicht mit Leuten im Studentenalter. Na ja, dann könntest du deine Kommilitonin bei der nächsten Diskussion darauf hinweisen, dass Teile Deutschlands, die jetzt zu Polen gehören, teilweise vorher auch schon polnisch gewesen waren. Je nachdem, wie weit dieser Arier-Nachweis zurückreicht, hat es also nicht viel zu sagen.

Ein Bekannter hat mich letztens genervt gefragt, wieso man einer bekannten polnischen Großstadt einen polnischen Namen gegeben hat und ob man ihr nicht wenigsten den deutschen Namen hätte lassen können. Als ich ihm erklärte, dass der ursprüngliche Name auch schon polnisch war, da die Stadt eigentlich von Slaven gegründet wurde, hat er erstmal dumm geguckt. :lol:

Die Familie meines Exfreundes war leider auch so. Sie waren nicht offen ausländerfeindlich, aber als ich sie mal auf ihren ausländischen Nachnamen ansprach und darauf, dass sie sicher osteuropäische Vorfahren hatten, wurden sie richtig beleidigt. Als ob das eine Schande wäre oder überhaupt eine Rolle spielen würde. :roll:

Stolz kann ich nur auf etwas sein, was ich selbst erreicht habe und das ist meine Herkunft sicherlich nicht. Daher würde ich als Biodeutsche auch nicht stolz von meinem Ariernachweis erzählen. Aber ich will jetzt nicht zum Deutschen-Bashing übergehen, weil dieser Nationalstolz-Blödsinn in anderen Ländern leider genauso verbreitet ist. Zum Glück denken immer mehr junge Menschen unabhängig von ihrer Herkunft eher so wie ich, aber ein paar gestörte wird es immer geben.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Also ich finde solch eine Diskussion einfach nur peinlich. Und gerade, wenn man einen hohen Schulabschluss hat, dann sollte man doch ein wenig über den Tellerrand hinaus denken und einmal überlegen, worauf es denn wirklich darauf ankommt. Denn es ist ja nicht so, dass es eine Rolle spielt, woher man kommt, sondern was man daraus macht.

Und immerhin ist ja aus euch beiden etwas geworden, bis auf das engstirnige Denken deiner Freundin oder Kollegin oder was auch immer es ist. Solche Diskussionen fand ich schon immer zäh und das Wort Arier-Nachweis gehört schon bestraft, so finde ich. Einfach furchtbar, dass es so etwas überhaupt einmal gegeben hat. Und stolz muss man auf so etwas nun wirklich nicht sein.

Also ich denke, dass ich mich auf so ein niveauloses Gespräch gar nicht mehr einlassen würde und die andere Person getrost ignorieren, wenn sie wieder derartige Anspielungen macht. Immerhin ist mir meine Zeit zu wertvoll, um mich da herum zu streiten.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Entschuldigt, eure Diskussion ist ja ganz nett: Aber was zum Geier hat der Arier-Nachweis damit zu tun, ob die Vorfahren von Irgendwem deutsch sind? Darum ging es bei dem Ding nie. Das macht es nicht weniger menschenverachtend oder diskriminierend. Schließlich richtete es sich gegen Juden und Zigeuner, wenn man bei den originalen Begrifflichkeiten bleibt.

Es musste lediglich der Nachweis erfolgen, dass alle Vorfahren Christen sind oder waren. Je nach Position genügte der Nachweis bis zu den Großeltern, wer nach höherem strebte, der musste bis 1800 oder sogar bis 1750 seine christliche Abstammung nachweisen. Das zeigt, wie deppert solche Leute sind, die auf so etwas stolz sind. Sie wissen noch nicht einmal, woraus sie stolz sind! :lol:

Da mein Vater noch vor dem Ersten Weltkrieg geboren worden ist und verstorben ist, bevor ich mich nur erinnern kann, habe ich logischerweise seine Unterlagen durchgesehen. Und als Richter hatte der eine hohe Affinität zu Akten. Ja, Papa war also bestätigt Arier, aber er war nicht sonderlich deutsch. Denn seine Vorfahren kamen aus Frankreich.

Wenn man nun auch noch bedenkt, dass die Kinder eines jüdischen Menschen, der zum Christentum konvertiert als Arier gezählt werden und umgekehrt die Kinder, die von einem Christen der zum Judentum konvertiert ist, Juden sind, dann fragt sich wirklich, wie man darauf kommt, dass der Arier-Nachweis irgendetwas damit zu tun hat, ob man deutsch ist oder nicht. Die Familie hatte nur zufällig den richtigen Glauben. Oder ist jemand, der zum Judentum gehört und seit meinetwegen 1700 in und um Köln lebt, nicht deutsch, das Kind von Franzosen, die erst über 100 Jahre später in den Schwarzwald gekommen sind, ist dagegen deutscher und besser? Das ist damals hinrissig gewesen und es ist auch heute noch hirnrissig.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich finde sowieso die Menschen immer super witzig, die glauben, dass sie "Arier" seien, weil sie blond und blauäugig sind. Die machen dann immer daraus einen auf Obercool, weil sie glauben, damit jemand anderen etwas vormachen zu können. Das dies gar nicht der Knackpunkt der schwachsinnigen Arier-Rotze war, wissen die doch sowieso nicht.

Ist eben genau so wie all jene Neonazis mit Springerstiefel und Glatze, deren IQ meist einer Butterbrotdose gleicht. Sie sind die reinen "Arier"? Auch ein Witz des Jahrhunderts. Sollen doch alle mal von diesem kaputten Weltbild, welches sich im 2. Weltkrieg nochmals verfestigt hat wegkommen, weil das Arier-Nachweis Thema schon vor Hitler eine Rolle spielte, aber in dem Kontext mit dem Christentum.

Es war somit der Grund, dass man nachweisen musste, dass man Christen als Vorfahren hatte, um dann diesen Arier Nachweis zu bieten. Der 2 Weltkrieg hat offenbar nochmals etwas abgerundet, dass man nur "Arier" sei, wenn man blonde Haare und blaue Augen habe. Das ist doch vollkommener Unfug und wie dumm die Menschen waren, einem Mann zu glauben, der weder Deutsch noch der Optik entsprach, entsinnt sich mir bis heute nicht.

Wieso also auf etwas stolz sein, was eigentlich nur nachweisen sollte, dass man christlich ist oder die Vorfahren christlich sind? Davon haben die meisten doch kaum eine Ahnung, weil es ihnen doch auch egal ist. Wer jetzt denkt, blond und blauäugig sei arisch, der irrt eben auch.

Ich finde das gesamte Thema "arisch" immer nur lachhaft und fand es immer. Das habe ich schon mit einigen möchtegern Neonazis, die die alte Zeit zurück wünschen ausdiskutiert, weil ich eben viele Menschen kenne und auch früher einige in meinem Bekanntenkreis der rechten Szene zu kamen. Die so denken, sind eben all jene, deren IQ meiner Meinung nach ganz weit nach hinten zu rücken ist.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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