Keinen Beruf ergreifen wollen, wo man Exot wäre?

vom 12.09.2017, 06:06 Uhr

Ich habe kürzlich ein sehr interessantes Interview gelesen. Dort ging es darum, warum denn so wenige Männer an Grundschulen unterrichten würden. Ein Forscher meinte dann, dass Gründe wie die schlechtere Bezahlung oder die geringeren Aufstiegschancen nur vorgeschoben seien. In Wirklichkeit würden viele Männer davon abgeschreckt werden einen Beruf zu ergreifen, wo sie zu den seltenen Exemplaren, also zu den Exoten gehören würden und damit geschlechtlich unterrepräsentiert sind.

Interessante These, aber ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann. Ich denke eher, dass mehrere Gründe hierfür eine Rolle spielen. So gab es in meiner Grundschule auch einen männlichen Lehrer und ich kenne inzwischen auch schon mehrere männliche Erzieher. Möglicherweise liegt es auch an den fehlenden Vorbildern. Ich meine, wenn man von klein auf sieht, dass nur Frauen in Kindergärten und Grundschulen arbeiten, dann fehlt das männliche Vorbild um das nachzuahmen.

Wie seht ihr das? Meint ihr, dass viele Menschen keinen Exotenstatus haben wollen und deswegen bestimmte Berufe nicht ergreifen wollen? Das kann man natürlich auf auf Frauen und typische Männerberufe beziehen und nicht nur auf das männliche Geschlecht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich denke hier auch, dass es unterschiedliche Gründe haben kann, wieso man keinen Beruf ergreift, in dem das eigene Geschlecht derart unterrepräsentiert ist wie bei männlichen Erziehern und Grundschullehrern. Die üblichen Vorurteile sind schließlich allgemein bekannt, und gerade in diesem Fall kann ich auch verstehen, dass auch ein kinderlieber und pädagogisch begabter Mann nicht gerne der Aussicht ins Auge schaut, dass irgendwelche Verrückten ihm krankhafte Neigungen in Bezug auf Kinder unterstellen. So etwas kann einem das ganze Leben ruinieren und in meinen Augen schlimmere Auswirkungen haben, als wenn man als Frau unter Männern "nur" das dreifache leisten, Kaffee kochen, Kuchen backen und sich höhnische Bemerkungen anhören muss, was den Betroffenen aber natürlich auch arg zu schaffen machen kann.

In meinen Augen ist der "Exotenstatus" nicht ein Symptom unter vielen, sondern stellt eher die übergeordnete Ursache für das Ungleichgewicht dar. Gerade weil Geschlecht X in Job Y unterrepräsentiert ist, fällt man auf und es entstehen Vorurteile, weil es ja nicht "normal" sein kann, dass ein Mann im pädagogischen Bereich freiwillig tätig ist. Und natürlich will man keinen "Exotenstatus" haben, wenn damit nur ungewollte Aufmerksamkeit, Vorurteile und Drama verbunden sind, während man in einem anderen Job besser verdient, in der Masse mitschwimmt und nicht befürchten muss, als pädophil angeschwärzt zu werden.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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