Brauchen wir die Rente mit 70?

Angesichts der Bundestagswahl hat Kanzlerin Merkel von der CDU sich wie ihr Herausforderer Schulz von der SPD gegen die Rente mit 70 Jahren ausgesprochen. Dies ist auf massive Kritik führender Ökonomen gestoßen.

Allerdings ist das Thema beim Wahlvolk wohl auch gerade angesichts der Flüchtlingskrise recht unpopulär. Angeblich gibt es nun mehr Nachwuchs und die fast 250 Milliarden für die Flüchtlinge von 2016 bis 2020 wären dann wohl überhaupt nicht mehr zu erklären. Außerdem erreichen immer noch weniger als 50 Prozent das jetzige reguläre Renteneintrittsalter von 67 Jahren. Was spricht trotzdem für die Rente mit 67? Würde eine solche Entscheidung Merkel nicht politisch ruinieren?

Der einzige Vorteil der mir einfällt ist, dass manch einer seine Arbeit wirklich liebt, sich dort zuhause fühlt und gerne noch ein bisschen weitermachen würde, bevor er in den Ruhestand tritt. Es gibt ja Menschen, die erst einmal nichts mit sich anzufangen wissen wenn sie in Rente gehen. Aber abgesehen davon halte ich von der Idee überhaupt nichts und es ist definitiv ein Punkt im Wahlprogramm, mit dem ich mich nicht abfinden mag.

Die große Frage ist doch: Wo soll die Rente herkommen? Da braucht Juri gar nicht anfangen über das Geld für die Flüchtlinge zu meckern. Das hätte sowieso kein Rentner gesehen. Denn erst einmal ist die Rentenversicherung beitragsfinanziert. Der Zuschuss des Bundes ist zwar astronomisch hoch, aber er dient nicht der Finanzierung der regulären Renten. Mit dem Zuschuss werden die sozialen Leistungen der Rente finanziert, die eigentlich nicht versichert sind. Dazu gehören der frühere Renteneintritt, Erziehungszeiten oder Hinterbliebenenrente.

Die normale Altersrente finanziert sich aus den Beiträgen. Vor ungefähr 60 Jahren waren trotz Hausfrauenehe sechs Beitragszahler rein statistisch gesehen für einen Rentner zuständig. Heute kommen auf einen Rentner nur noch zwei Arbeitnehmer. Es gab einen Grund, warum Frauen unbedingt arbeiten sollen.

So, jetzt sagt zwar das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentnern erst einmal wenig aus. Mit entsprechend hoher Produktivität können wenige Arbeitnehmer viele Rentner finanzieren. Aber bei der Produktivität tut sich nur noch wenig. Das wird die Rente nicht retten.

Ein weiterer Haken ist die Dauer des Rentenbezugs. Damals, als sich sechs Arbeitnehmer einen Rentner geteilt haben, hat der im Schnitt 9,6 Jahre Rente erhalten. Mittlerweile sind es mehr als 20 Jahre. Das macht die Finanzierung nicht einfacher.

Damit wird klar, etwas muss sich verändern. Österreich klingt nett, aber einfach übertragen kann man es nicht. Erstens mussten die auch deutlichere Verschlechterungen hinnehmen. Zweitens würden nach den typischen Lebensläufen hierzulande viele Menschen gar keine Rente erhalten. Schielt man zu den Niederlanden, hätten wir einen Aufstand. Hohe Beiträge und dann eine Einheitsrente sind hier wohl kaum zu vermitteln.

Man kann nicht das System eines Landes einfach auf ein anderes Land stülpen. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht inspirieren lassen sollte. Denn verändern muss sich das System. Und es gibt sicher bessere Lösungen, als stumpf das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Das schaffen die wenigsten und die Rentenkürzung fängt man dann mit der Grundsicherung auf. Super!