Als Lehrer Film schauen lassen, den man nicht kennt?

vom 07.09.2017, 05:38 Uhr

Eine Bekannte erzählte kürzlich eine sehr kuriose Geschichte. Sie meinte, es wäre in der Schulklasse mal die Situation gewesen, dass die Kinder alle "American Pie" schauen wollten und sich das in der Schule gewünscht haben. Damals war sie in der Grundschule. Die Lehrerin hätte sich wohl nichts dabei gedacht und den Film einfach besorgt und abspielen lassen, wobei sie wohl ziemlich geschockt von der Handlung gewesen sein soll.

Ich hatte es für normal gehalten, dass man als Erwachsener, der verantwortlich für Kinder ist, vorher die Filme überprüft, ob sie eben kindgerecht sind oder nicht. Ich persönlich hätte nie einen Film einfach so abgespielt, den ich nicht kenne und wo ich vorher nie reingeschaut habe. Wie seht ihr das? Würdet ihr als Lehrer eure Grundschüler einen Film schauen lassen, den ihr so gar nicht kennt? Kann das in dem Alter nicht sogar Stress von den Eltern geben?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



In der Grundschule würde ich da durchaus etwas strengere Maßstäbe ansetzen. Dass es ein Film wie "American Pie" dort in den Unterricht geschafft hat, finde ich ehrlich gesagt auch etwas verwunderlich. Zum einen ist das nun wirklich kein unbekannter Streifen, von dem man im Leben noch nichts gehört hätte - und selbst wenn, dann hätten zwei Minuten Internetrecherche ausgereicht, um herauszufinden, dass er vielleicht nicht ganz kindgerecht ist. Außerdem ist er mit FSK12 sicherlich nichts für die niedrigeren Klassenstufen der Grundschule, sodass auch ein einfacher Blick auf die Verpackung der DVD genügt hätte, um den Film als ungeeignet einzustufen. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch einige Eltern davon nicht allzu begeistert wären.

Im Gymnasium haben wir unseren Lehrern allerdings öfter Filme vorgeschlagen, die diese noch nicht kannten. Sie haben sich dann eben kurz darüber informiert und entschieden, ob sie den Film in den Lehrplan aufnehmen oder nicht. Relevant war dafür die Inhaltsangabe und die Altersfreigabe, aber ich denke nicht, dass jede DVD vorher "probegeschaut" wurde. Das wäre ja ein riesiger Zeitaufwand gewesen, und was hätte es großartig gebracht?

Ab 16 Jahren kann man sich sowieso im Fernsehen und Kino legal Blut, Gewalt und sexuelle Handlungen ansehen, und ich kenne kaum einen Film für Erwachsene, der ohne zumindest eine dieser Komponenten auskommt. Natürlich kann man als Lehrer rigoros alles in dieser Richtung verbieten, aber das schützt die Kinder auch nicht vor dem Konsum dieser Medien auf anderen Wegen. Von daher finde ich es ab diesem Alter auch in Ordnung, unbekannte Filme zu zeigen. Bei Jüngeren würde ich aber wie gesagt, etwas genauer auf die Inhalte achten, allein schon um rechtliche Konsequenzen seitens empörter Eltern zu vermeiden.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Kann die Grundschullehrerin FSK-Siegel nicht verstehen? Sicher wird kein Grundschulkind schon das zwölfte Lebensjahr vollendet haben. Als Pädagogin im Schulbereich sollte sie schon verantwortungsvoller handeln. Ich würde es darauf beruhen lassen, wenn der Film meinem Kind offensichtlich nicht geschadet hat. Aber eine kleine schriftliche Mitteilung würde ich der Lehrerin in Punkto Jugendschutz schon zukommen lassen.

Ich habe da auch noch eine kleine Anekdote aus dem Gymnasium. Dort meinte die Deutschlehrerin, dass die Klasse sich doch mal zusammen "Fack ju Göhte" anschauen sollte. Mein Kind hat sich darüber köstlich amüsiert. Und die Augen der Lehrerin wurden während des Filmes immer größer. Das war ein sehr lustiges Erlebnis für die gesamte Klasse, bis auf die Deutschlehrerin natürlich. Merke: Dort wo Göhte drauf steht, ist keinesfalls Goethe drin.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Quasselfee hat geschrieben:Kann die Grundschullehrerin FSK-Siegel nicht verstehen? Sicher wird kein Grundschulkind schon das zwölfte Lebensjahr vollendet haben.

Im pädagogischen Kontext gilt das FSK-Siegel nicht, das sollte eigentlich auch Eltern klar sein. Möchte eine Schule einen Film z. B. frei zugänglich in der Aula aufführen, dann ist das eine öffentliche Veranstaltung und die FSK-Freigabe ist zu beachten. Läuft der Film dagegen im Unterricht und hat einen pädagogischen Kontext, dann kann auch ohne Einwilligung der Eltern von der Altersfreigabe abgewichen werden.

Ein schönes Beispiel sind die "Kinder vom Bahnhof Zoo". Die Freigabe liegt bei 16 Jahren, im Unterricht gibt es den Film gerne mal mit 13 oder 14 Jahren. Und das ist dann ok, wenn man sich gerade mit Drogen beschäftigt. Das ist den genannten Beispiel nicht der Fall, aber mehr als eine Ordnungswidrigkeit ist es nicht. Lediglich indizierte dürfen nie in der Schule gezeigt werden. Da nützt dann selbst das Einverständnis der Eltern nichts.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Also die FSK beschreibt eine freiwillige Altersvorgabe, ob man sich daran hält oder nicht, bleibt jedem selber überlassen, aber man kann sich daran orientieren. Es gab schon viele FSK, wo ich mich fragte, wer das vorgeschlagen hat, dass der Film ohne Altersbeschränkung ist, es gab aber auch schon welche, wo ich mich gefragt habe, warum der Film erst ab 12 oder ab 16 ist.

Man sollte sich den Film, gerade als Lehrerin anschauen, bevor man ihn einer Klasse zeigt. Und gerade in der Grundschule kann man da in Teufels Küche kommen, denn die Kinder erzählen ja alles zu Hause. Wenn man da an die falschen Eltern gerät kann das eine Suspendierung für die Lehrerin bedeuten. Also ich selber schaue mir die Bücher und Filme immer zuerst durch und bereite mich darauf vor, bevor ich die Kinder das anschauen lasse.

Denn es ist ja auch so, dass man die Kinder auch Fragen zum Film stellen lassen möchte, sie durch den Film begleiten soll. Wenn ich selber überhaupt nicht weiß, was das jetzt für ein Film sein wird, der da gleich abgespielt wird, dann wird das ganze ein wenig schwierig.

Vor allem wundert es mich, dass die Grundschullehrerin den Film nicht kennt. Also ehrlich gesagt kenne ich überhaupt niemanden, der den Film nicht kennt. Das war ja ein Hype und ich finde es eine Bildungslücke, wenn man den Film als Jugendlicher oder Erwachsener nicht kennt. Aber gut, das ist nur meine persönliche Meinung.

Das nächste Mal wird sich die Lehrerin ja wohl genauer überlegen, ob sie einen Film mit den Kindern ansieht, bei dem sie die Handlung nicht kennt. Denn das tolle an Fehlern ist ja, dass man daraus lernt und deshalb wird ihr so ein Fauxpas sicher nicht nochmals passieren.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 07.09.2017, 12:26, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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