Malen nach Zahlen kindisch finden?

Obwohl ich eigentlich schon dem Kindesalter entwachsen bin, habe ich ein Hobby beibehalten: Malen nach Zahlen. Immerhin gibt es auch für Erwachsene wirklich sehr schöne und anspruchsvolle Bilder. Aktuell male ich an einem dreiteiligen Bild, was leider eher schleppend voran geht, da ich nicht so oft wie gewünscht dafür Zeit finde und daher nur beim Fernsehen hier und da ein paar Felder ausmale.

Letztens war meine Schwägerin zu Besuch und da wir die Kinderfotos unserer Familie angesehen haben sind wir bei uns im Wohnzimmer gesessen wo das unfertige Bild und die dazugehörenden Farben liegen. Meine Schwägerin hat sich dann über mich lustig gemacht und gemeint, wie kindisch es sei in meinem Alter noch Malen nach Zahlen zu malen. Ich müsste wohl keine besseren Hobbies haben.

Ich selbst finde es nicht schlimm, wenn man gerne diese Art von Bildern malt, da sie immerhin ziemlich entspannend sind und kann nicht verstehen warum sie mich lächerlich gemacht hat. Malt ihr selbst auch noch ab und an ein Malen nach Zahlen Bild oder findet ihr diese Art der Freizeitgestaltung auch zu kindisch?

Also es ist jetzt wirklich nicht ironisch gemeint sondern ehrlich: Ich finde es wirklich schön, wenn sich Erwachsene schöne Dinge, die sie gerne als Kind gemacht haben, beibehalten. Ich kenne beispielsweise einen Erwachsenen, der liebt Legotechnik. Es ist immer noch ein Hobby obwohl er jetzt schon einige Sommer auf dieser Erde lebt und er geht voll darin auf.

So etwas ist doch schön. Wenn dein Hobby Malen nach Zahlen ist, dann ist es doch gut so. Ich habe das als Kind auch gerne gemacht und mir auch überlegt, wieder als Hobby damit anzufangen. Das ist auch ein sinnvolles Hobby, da man die Bilder auch aufhängen oder verschenken kann, so finde ich. Meine Oma hat sich immer voll gefreut, wenn ich ihr solche Bilder gemalt habe.

Wer dich auslacht hat den wahren Sinn des Lebens doch gar nicht verstanden. Denn der Sinn ist doch, dass man sich die Begeisterung, die man als Kind hatte, beibehält. Und es ist auch wichtig, im Herzen immer noch ein Stück weit ein Kind zu bleiben. Nur so können wir die Kinder verstehen und können sie besser erziehen.

Ich selber spiele beispielsweise gerne Mario Spiele oder andere Spiele, die wir als Kind auf dem Nintendo oder Super Nintendo gespielt haben, auf der Nintendo Wii. Viele lachen mich da auch aus, denn wenn man etwas spielt, ist es doch so, dass man Playstation oder X-Box spielt, weil es dort die Spiele für die Erwachsenen gibt. Aber so ist das meiner Meinung nach nicht.

Nur weil ich nicht so auf diese Egoshooter- Spiele abfahre sondern gerne etwas mit Mario unternehme, heißt es doch nicht, dass das Kinderspiele sind. Natürlich sind sie jugendfrei und manche Egoshooter- Spiele gott sei Dank nicht, aber ich finde das jetzt nicht weiter bedenklich. Außerdem freut sich meine Tochter auch darüber, dass ich mich noch so für diese Spiele begeistern kann.

Wieder eine andere Freundin von mir strickt und häkelt Klamotten für Barbies, die sie dann an Kinder verschenkt, die eine Freude damit haben. Ist dies auch ein kindisches Hobby? Ich finde so etwas ganz nett und bin ganz begeistert davon, dass es hier Einzelstücke gibt.

Ich male keine dieser Bilder, was aber mitnichten daran liegt, dass ich das kindisch finde oder so etwas in der Art. Ich habe einfach kein Talent zum Ausmalen. Aber so ein dreiteiliges Bild habe ich schon mal bei einer Freundin gesehen, die mir stolz gezeigt hat, woran sie gerade arbeitet. Ich fand das ganz toll und diese Bilder für Erwachsene haben ja auch gar nichts kindisches, sondern sind für meine Begriffe gar nicht so leicht zu malen.

Es gibt aber doch auch schon Malbücher für Erwachsene und ich kann es auch nicht verstehen, warum man sich über so ein Hobby lustig macht. Es ist doch schön, wenn man so etwas zur Entspannung nutzen kann und ich finde es auch sehr schön, im Erwachsenenalter noch Dinge zu machen, die ich als Kind toll fand. So höre ich gerne noch Hörspiele, was manch einer sicher auch als kindisch bezeichnet. Ich würde einfach nichts um solche Kommentare geben und weiter das machen, woran ich Spaß habe.

Ich kann es nicht leiden, wenn die Hobbies anderer als "kindisch", "unsinnig" oder "Zeitverschwendung" abgetan werden. Der Sinn und Zweck einer Freizeitbeschäftigung ist doch, dass man sich dabei entspannt und Freude daran hat. Wodurch man dieses Ziel erreicht, das kann und darf einem niemand vorschreiben.

Aber leider ereilt mich als Hobbykünstlerin dieses Schicksal auch nur allzu oft, denn "irgendwelche Bildchen zu malen" ist ja nicht altersgemäß und sei wohl ein Zeichen dafür, dass ich zu viel Zeit hätte. Ich mache mich doch auch nicht darüber lustig, dass ein Jogger stundenlang im Stadion im Kreis herumläuft, denn vielleicht tut ihm das gut oder er trainiert damit für einen Wettkampf, der ihm viel bedeutet. Ich erwarte dann aber auch, dass man meinen Hobbies ein gewisses Maß an Toleranz entgegenbringt - selbst, wenn man selber nicht viel damit anfangen kann.

An "Malen nach Zahlen" finde ich per se gar nichts kindisch. Dass die Motive vorgedruckt und die Felder mit Farbbezeichnungen vorgegeben sind, bedeutet ja noch lange nicht, dass keine Arbeit in den fertigen Werk steckt oder dass diese nicht gleichwertig wie eine andere Form der Kunst betrachtet werden kann. Man kann das schlichtweg nicht vergleichen, da der Gedanke dahinter ein ganz anderer ist. Ähnlich verhält es sich auch mit Mandalas und Zentangle.

Der eine mag es, der andere zeichnet lieber ganz frei Hand, aber nichtsdestotrotz erfordert alles Konzentration, Mühe und etwas Fertigkeit. Noch dazu existieren bei "Malen nach Zahlen" ja Abstufungen in diverse Schwierigkeitsgrade und Altersstufen. Vom dreifarbigen einfachen Tiermotiv mit großen Flächen für Kinder ab 4 bis zur Panorama-Skyline von New York bei Nacht mit Flächen, die man fast schon unter der Lupe ausmalen muss, gibt es da für jeden Skill etwas.

Die hätte ich doch eiskalt ignoriert und sie gefragt, ob sie vielleicht nach Hause gehen wollte, gäbe doch sicher sinnvolle Beschäftigung für sie. Mit solch geistig niedrigschwelligen Personen muss ich mich doch gar nicht auseinandersetzen. Dann müsste ich mich ja sehr weit hinunter begeben. Und ich wüsste nicht wozu.

So völlig empathie- und taktlose Menschen sind nicht die, mit denen ich mich gerne umgebe. Die können mir mal gestohlen bleiben. Malen nach Zahlen ist doch völlig ok. Es gibt da ziemlich große und recht anspruchsvolle Vorlagen, die Geduld und Ausdauer und auch Sorgfalt und Konzentration erfordern. Und genau darum geht es doch, um die Förderung dieser guten Eigenschaften.

Wir haben hier auch im Hausflur solch ein Werk meines Partners hängen. Es sind wunderschöne Mohnblumen in einer Glasvase. Ich mag die immer wieder gerne anschauen. Was hätte denn mein Partner statt dessen tun sollen? Vielleicht Alkohol trinken und anschließend völlig ausrasten? Dann ist es mir doch einhundert Mal lieber, wenn er sich hinsetzt und seiner freien Zeit einen Sinn gibt.