Schusseligkeit als Stolperfalle bei Verwaltungsaufgaben
Mir ist heute früh beim Aufstehen eingefallen, dass ich am Freitag vergessen hatte, auf Arbeit Gutachten wegzuschicken, die ich eben freitags hätte wegschicken müssen. Eigentlich ist das gar nicht meine direkte Aufgabe, aber ich hatte das vertretungsweise für einen Kollegen übernommen, der in der Verwaltung arbeitet. Wenn ich so darüber nachdenke, dann fällt mir richtig auf, dass mir solche Verwaltungsaufgaben gar nicht liegen. Eigentlich kann ich froh sein, dass ich das nur vertretungsweise machen muss und das nicht meine eigentliche Aufgabe ist.
Solche Verwaltungs- und Organisationssachen sind bei mir schon immer schiefgegangen. Ich übersehe dann Fristen oder klicke in einem Online-Programm, wo ich Formulare ausfüllen soll, mal auf das falsche Feld, übernehme aus irgendwelchen Listen eine falsche Angabe, weil ich in der Zeile verrutsche oder denke nicht daran, dass ich Formular A erst abgeben kann, wenn Formular B fertig ist usw. Das kenne ich von mir gar nicht anders, ich bin da immer etwas schusselig oder vergesslich. Bei einem früheren Job war es etwa meine Aufgabe, Formulare von Unternehmen und deren Abrechnungen auszuwerten und da habe ich oft etwas übersehen oder ich musste mehrfach nachkontrollieren, aber dadurch war ich dann so langsam, dass es ewig dauerte. Die Stelle war damals auch nichts für mich.
Bei meinen anderen Jobs gibt es entweder keine Verwaltungsaufgaben oder die macht jemand anderes. Beispielsweise müsste ich bei einem Nebenjob eigentlich auch irgendwelche Formulare ausfüllen, aber dafür habe ich eine Assistentin und die macht das alles, sodass ich mich damit nicht herumärgern muss. Wenn ich es doch mal selbst probiert habe, ist ab und an was schief gelaufen. Wobei mich nicht so sehr stört, wenn da was nicht klappt oder ich etwas falsch mache. In der Selbstständigkeit mache ich auch manchmal was falsch. Aber das merke ich dann und dann korrigiere ich das und gut ist, da hängt ja kein anderer mir drin.
Was mich allerdings wirklich stört, ist, dass bei der einen Tätigkeit dann immer gemeckert wird. Jemand merkt, dass ich was vergessen habe oder was nicht richtig gemacht habe und dann wird mir das unter die Nase gehalten. Wobei es meistens Dinge sind, die die Leute selbst korrigieren könnten und wenn die das machen würden, hätte ich auch gar nichts dagegen. Ich korrigiere ja auch manchmal die Fehler anderer und meckere dann nicht herum. Aber wenn ich beispielsweise in diesem Online-Programm, was wir nutzen, was Falsches anklicke, dann kommt jemand darauf und meckert dann diesbezüglich bei mir herum, anstatt dass er selbst das Richtige anklickt. Und mich nervt dieses Gemecker, das finde ich übelst frustrierend.
Zudem bin ich halt nicht de Typ für Organisatorisches. Ich kann auswendig herbeten, was man theoretisch in welcher Reihenfolge machen müsste, aber praktisch vergesse ich dann eben doch was. Man könnte das ja auch einfach akzeptieren und mich mit Verwaltungsaufgaben, die ohnehin nicht zu meiner Tätigkeit gehören, in Ruhe lassen und sich da eine andere Vertretung für die Kollegin suchen, deren Aufgabe in der Verwaltung ich zeitweise übernommen hatte. Genauso verbummle ich es oft, meinen Urlaubsplan rechtzeitig abzugeben und alle Vertretungen einzutragen. Ich habe schon vorgeschlagen, dass jemand anderes diese Pläne macht, ich hab auch schon Bestechungsgelder ins Spiel gebracht, aber das ist nicht gewollt. Ich fürchte aber, dass ich meine Schusseligkeit nicht abstellen kann, ich bin halt so, und da wird es auch zukünftig solche Dinge geben.
Ich habe schon überlegt, ob ich mal komplett mit offenen Karten spielen sollte und sagen sollte „Passt auf, solche Aufgaben liegen mir nicht, ihr müsst euch da jemand andren für diese Dinge suchen“. Aber ob das gut kommt? Vielleicht ist man mir dankbar für die Offenheit? Vielleicht nimmt man mir das übel?
Eine Aufgabe, welche ich in Vertretung von anderen übertragen bekam, erledigte ich immer vorrangig und stets gewissenhaft. Etwas einzutüten und in die Poststelle zu geben ist wirklich keine Verwaltungsaufgabe. Und sorry, nicht persönlich gemeint, ich finde das sogar unkollegial, diese Aufgabe nicht ordnungsgemäß auszuführen. Das ist doch nur eine Kleinigkeit. Ich denke aber hier liegt das Problem ganz woanders, dazu aber später.
Gerade du möchtest, dass andere Menschen dir gegenüber ehrlich und zuverlässig sind. Dann sei das doch auch. Schließlich hast du zugesagt, diese wirklich einfache Aufgabe in Vertretung zu übernehmen. Wenn du andere Menschen um deren Hilfe bittest und diese sie dir auch zusagen, möchtest du dich auch auf sie verlassen. Wenn nicht, würdest du dich ja nicht an sie wenden. Du nimmst deinen Job nicht wirklich ernst und grenzt dich anderen Kollegen gegenüber aus und ab.
Warum ist das denn so? Warum stellst du dich denn selbst als unzuverlässig hin? Denn mit Schussligkeit ist das nicht abgetan, dass ist schlicht und einfach Unzuverlässigkeit. Und hier liegt irgendwas in der Person. Irgend etwas, was schon früh geprägt wurde. Ich bin kein Therapeut aber ich verfüge über Menschenkenntnis. Daher denke ich mir, du wurdest in der Kindheit oder Jugend öfter zu Aufgaben hinzu gezogen, zu denen du einfach keine Lust hattest. Hier wurde Zwang ausgeübt und Druck gemacht.
Du hast somit nicht gelernt, zuverlässig zu sein, weil du es von dir selbst verlangst. Viel mehr wurde es immer von dir verlangt und wahrscheinlich auch streng kontrolliert. Jetzt im Job ist explizit niemand da, der hinter dir steht und Kontrolle ausübt. Somit brichst du einfach aus und machst dein eigenes Ding. Du musst jetzt wissen, was du willst. Willst du weitermachen, wie bisher und dich immer öfter der Missbilligung deiner Kollegen aussetzen?
Du bist doch sehr intelligent und qualifiziert, das hast du doch gar nicht nötig. Du musst dich doch im Job nicht angreifbar machen. Oder willst du etwas ändern, an dir arbeiten und dieses Fehlverhalten endlich abstellen? Wenn du dich für den zweiten Weg entscheidest, kannst du dir helfen lassen. Suche dir einen Therapeuten, der dir hilft, dieses Problem anzugehen und es endgültig aus dem Weg zu schaffen.
Also mich jetzt als psychisch krank hinzustellen und mir zum Therapeuten zu raten, finde ich schon ein wenig krass und auch nicht richtig. Ich hatte selbst mal eine medizinische Ausbildung absolviert und da auch Psychologie gehabt. Ich brauche keinen Therapeuten. Außerdem handelt es sich dabei um ein Persönlichkeitsmerkmal und die kann man nicht ändern. Man ist dann eben wenig gewissenhaft, das lässt sich nicht abstellen, das ist keine psychische Krankheit, sondern ein Wesensmerkmal. Genauso, wie man jemanden, der introvertiert ist oder der impulsiv ist, nicht abstellen kann.
Therapeuten behandeln psychische Störungen und nicht jede kleine Verhaltensbesonderheit, die vielleicht manchmal lästig ist, aber keine psychische Krankheit darstellt und ich verwehre mich wirklich entschieden dagegen, dass man das gleich als Krankheit hinstellt und einem zum Therapeuten schicken will. Das geht echt nicht, solche Aussagen. Ich verstehe, dass du das nett meinst, aber Therapeuten zu empfehlen ist echt nicht ok.
Außerdem mache ich das nicht, um meine Kollegen zu ärgern. Zumal ich finde, das es nicht so schlimm ist. Wenn jemand anderen so eine Schusseligkeit passieren würde, würde ich einfach darüber hinwegsehen und gut. Ich würde mir wünschen, dass man mir gegenüber die gleiche Toleranz walten lässt. Und es passiert mir bei meinen selbstständigen Tätigkeiten genauso. Ich verbummle es auch ab und an, bei den Garagen, die ich vermiete, rechtzeitig die Grundsteuer zu bezahlen. Aber da bekommt man dann eine Mahnung und zahlt eben zwei Wochen später, da hat keiner außer mir einen Schaden davon.
Also in der Selbstständigkeit passiert es mir genauso und da hat es eben keine Folgen, weil ich die einzige Person ist, die dann betroffen ist und ich sehe es meistens nicht so eng. Wenn ich in der Selbstständigkeit irgendwas verschussle, dann hat außer mir keiner einen Schaden davon und weil ich gerade das mag und schätze, ist es langfristig auch mein Ziel, diese Tätigkeit, um die es ging, sausen zu lassen und stattdessen nur noch selbstständig zu arbeiten. Aktuell ist das finanziell noch nicht drin, aber da sich meine Selbstständigkeit immer weiter entwickelt, gehe ich davon aus, dass ich das in ein paar Jahren so machen kann.
Ich denke, dass viele, die hauptberuflich selbstständig sind, das deswegen machen, weil es ihnen schwer fällt, sich in die strengen Vorgaben eines anderen Unternehmens einzufügen und weil sie sich mehr Autonomie wünschen, keinen Chef, von dem sie abhängig sind und sich eine Umgebung schaffen wollen, in der sie so sein können, wie sie eben sind. Deswegen sind sie doch kein Fall für einen Therapeuten.
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