Kind von wildfremden Leuten anfassen lassen?

Ich bin mit meiner kleinen Tochter fast jeden Tag in der Straßenbahn und dem Bus unterwegs. Sie ist erst vier Monate alt und ich nehme sie im Tragetuch überall mit hin. Ich werde ziemlich oft auf die Kleine angesprochen und wie niedlich sie denn sei. Seit einiger Zeit kommt es aber öfter vor, dass wildfremde Menschen der Meinung sind, mein Kind einfach so anzufassen. Das reicht von über den Kopf streichen bis zum Händchen nehmen (die Arme hängen ja meist aus dem Tuch raus).

Ich finde dieses Verhalten ehrlich gesagt sehr distanzlos. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es den Leuten gefallen würde, wenn das jemand bei Ihnen tut. Umso weniger verstehe ich, wie man der Meinung ist, dass das okay ist. Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Ich weiß dann immer gar nicht so schnell, wie ich mich verhalten soll.

Wie du dich verhalten sollst? Mach deinen Mund auf, dafür hast du diesen. Wenn du nicht willst, dass jeder einfach dein Kind antatscht und an ihm fummelt, dann nutzt deinen Mund und untersage das. Ich brauche darüber gar nicht nachdenken und knurre direkt los, denn ich finde ebenfalls, dass das rein gar nicht geht einfach etwas antatschen was man niedlich findet und sieht. Nur weil es ein kleines Kind ist welches sich nicht selbst wehrt, muss man das nicht ausnutzen. Und dann ist es der Job der Person die das Kind mit sich führt, dieses auch zu unterbinden.

Was ist denn so schwer an einem "Lassen Sie das!" oder "Flossen weg" mir kommt das von ganz alleine über die Lippen und ich lasse mir da nicht die Butter vom Brot nehmen und reagiere auch sehr schnell. Wenn dann immer noch nicht aufgehört wird, dann kann man auch mal die Hände beiseite schieben und seine eigenen Hände schützend um das Kind schlingen, gerade im Tragetuch ist das doch machbar.

Es ist ja nicht nur das Kind das angetatscht wird. Dir kommen die Leute damit auch sehr nahe und dringen in deine Privatsphäre ein, dessen Radius 50 cm um jede Person ist. Alleine das würde schon bei mir Unbehagen auslösen und schärft mich zu mehr Vorsicht an, wenn da jemand eintritt und ganz von alleine kämen die Arme hoch und würden sich schützend darum legen, dass gar nicht erst gegriffelt werden könnte an Händchen oder Füßchen.

Man kann darüber hinwegsehen, wenn die Schwiegermutti oder die Großmutter unbedingt das niedliche Enkelkind anfassen möchten, aber bei fremden Leuten sollte man meiner Meinung nach sofort eingreifen. Selbst wenn du deinen Mund nicht aufbekommst, so kannst du dich beispielsweise wegdrehen oder einfach ganz schnell "Nein!" sagen, wenn dir das nicht gefällt. Du musst das nicht einfach so hinnehmen, vor allem wenn du und dein Kind sich dabei unwohl fühlen.

Ich finde, dass man nicht unhöflich ist, nur weil man Nein sagt. Wenn du das nicht möchtest, dann lasse dich und dein Kind nicht von Wildfremden anfassen und du hast auch das Recht dazu, dein Anliegen zu äußern.

Ich finde so ein Verhalten auch ziemlich komisch und das geht für mich gar nicht. Ich frage mich dann auch immer, wie die Menschen auf einen solchen Gedanken nur kommen können. Allerdings wäre ich dann auch schnell dabei und würde es den Leuten mitteilen, dass ich es nicht möchte, dass das Kind angefasst wird. Ich denke, dass ich das auch schon automatisch sagen würde, weil mich so ein Verhalten schon wirklich sehr ärgert.

Als Kind mochte ich es schon nicht, dass immer Menschen kamen und mich im Gesicht angefasst haben. Das kommt ja nicht gerade selten vor. Gleichwohl die Omis und Opis das nicht böse meinen, nervt es doch oder? Ich wurde immer im Gesicht angefasst, weil ich ja so süß war, so niedlich, so lieb und nett. Bis ich dann gesagt habe "Oma fass mich nicht an". Ich hab auch mal zu einem älteren Mann gesagt, das sagt mir meine Oma immer, "Pack mich nicht an". Der muss wohl total echauffiert gewesen sein.

Ich fand das noch nett, weil wenn ich Mutter wäre, wäre ich da wohl eher die Sorte Martina Hill von Knallerfrauen und würde die Oma, die Frau oder wem auch immer ins Gesicht packen und dasselbe machen. Mir geht es nämlich darum, dass fremde Leute zum einen mein Kind nicht anfassen sollen und zum anderen ist es respektlos. Das ist genau so, wie Kinder ständig zu Hunden auf der Straße rennen, die anfassen wollen usw.

Ich weiß gar nicht, wie oft ich zu den Eltern gesagt habe, das sowas nicht gut ist, weil das Tier eben auch durch das anrennen, das Anfassen von Fremden usw. nervös werden kann. Was wäre, wenn der Hund beißt? Das wollten die Eltern aber auch nicht kapieren, genauso wie viele Menschen nicht kapieren wollen, dass man fremde Kinder, sind sie noch so süß, nicht anfassen soll.

Kätzchen14 hat geschrieben:Ich fand das noch nett, weil wenn ich Mutter wäre, wäre ich da wohl eher die Sorte Martina Hill von Knallerfrauen und würde die Oma, die Frau oder wem auch immer ins Gesicht packen und dasselbe machen

Ich finde so ein Verhalten auch sehr befremdlich. Erlebt habe ich das auch schon, wobei die meisten Leute einfach sich daneben gestellt haben und nicht angefasst haben. Die wenigen, die es versucht haben, haben dann aber von mir zu hören bekommen, dass ich das nicht möchte. Schlimm finde ich nicht, wenn man das sagt.

Bekommt man so eine Bewegung schon vorher mit, kann man sich ja auch ein bisschen drehen. Bisher hat es noch jeder so begriffen. Es ist schon okay, wenn man sich dafür entscheidet sein Kind nicht von jedem Fremden anfassen zu lassen. Wobei das bei Verwandten schon anders ist finde ich. Gerade Omas sind da schon so, dass sie das Kind gerne mal haben wollen und dann als Begrüßung auch schon mal die Hand tätscheln, das finde ich aber auch nicht schlimm.

Ich musste meine damals anderthalbjährige Tochter mal mit zum Orthopäden nehmen, da ich keine anderweitige Betreuung für sie hatte. Dieses Kind sah schon sehr auffällig aus. Es war sehr hellhäutig, fast durchsichtig. Es hatte strahlend blaue Augen und dunkelrotes langes Haar. Nachdem die Kleine erst einmal im Warteraum ihre tolle Bühne hatte und dort eine Show abzog, der alle andächtig lauschten, ging es dann für mich in das Sprechzimmer. Sie kam natürlich mit hinein.

Der Arzt war ein Südosteuropäer und dermaßen angetan, dass er das Kind, welches er total herzig und niedlich fand, drücken und küssen musste. Ich war schon überrascht von dieser Reaktion, das Kind wohl auch. Es konnte nicht mal mehr protestieren. Aber das wirkte alles so ehrlich und echt, dass es mir gar nicht in den Sinn kam, es würde etwas anstößiges passieren.

Die Kleine war durchaus schon wehrhaft und hatte eigentlich auch nichts gegen das Übermaß an Aufmerksamkeit. Er war halt aus Südosteuropa, sie sind da kleinen Kindern gegenüber halt nicht ganz so zurückhaltend wie in Mitteleuropa. Das war die einzige Situation, in der mein Kind von fremden Menschen berührt wurde. Und es war eher amüsant und berührend, als unangenehm.

Na ja, ich muss sagen, ich habe da persönlich weniger Probleme mit, als es ein Großteil hier zu haben scheint. Zwar ist es befremdlich oder gehört nicht zum guten Ton, wenn man andere Sachen und/oder Leute anpackt, aber das heißt ja noch lange nicht, dass es nicht gemacht wird. Meine Frau mag das übrigens anders sehen, sie regt sich manchmal auch auf, wenn jemand an unsere Kleine geht.

Ich weiß auch nicht, ob es je nach Alter des Kindes unbedingt so gut ist, sich dann einfach wegzudrehen oder Diskussionen anzufangen oder jemanden zurechtzuweisen. Der Ausspruch "Flossen weg!" ist ja schon nicht unbedingt freundlich zu verstehen. Die Frage ist nicht nur, wie der Gegenüber das aufnimmt, das wäre mir in dem Fall ja noch egal, aber wie das Kind diese Situation auffasst ist auch eine Frage. Ich kann mir vorstellen, dass es dadurch eine Scheu oder gar Angst vor Fremden anerzogen bekommt, wenn es nur oft genug passiert und das Kind es aktiv mitbekommt. Das muss auch nicht unbedingt sein.

Meine Tochter zum Beispiel ist da so - jetzt ist sie aber auch schon knapp eineinhalb Jahre und keine vier Monate alt - dass sie rum schaut und auch aktiv auf Leute zeigt und diese anfassen will. Im Gesicht streicheln, auf die Schulter klopfen, High Five kann sie auch schon oder wenn der Gegenüber etwas buntes an hat, dann muss das auch inspiziert werden.

Sicherlich gibt es Vor- und Nachteile, wenn das Kind Fremden gegenüber so aufgeschlossen ist. Ein Vorteil ist aber, dass wir unser Kind, zum Beispiel auf ihrem Geburtstag, wo wirklich viele unserer Freunde, Verwandten und auch ein paar Nachbarn waren, immer überall hin geben konnten, ohne dass sie gequengelt hat.

Was die Frage angeht, weise die Menschen freundlich drauf hin, sodass dein Kind selber auch merkt, dass du keine Scheu oder Angst hast, dass es angefasst wird. Man kann ja mit der Privatsphäre argumentieren oder so.