Freundschaft von Alleinerziehendem mit Kinderlosen sinnlos?

vom 04.08.2017, 01:05 Uhr

Vor einiger Zeit hatte ich ja online nach neuen Bekanntschaften/ Freundschaften gesucht und mit den beiden, die am Ende dabei heraus kamen, treffe ich mich regelmäßig. Anfangs hatte ich auch noch Kontakt zu einer dritten Person, aber der meldete sich dann nicht mehr und da habe ich das nicht weiter verfolgt. Das lag aber auch daran, dass derjenige drei Kinder hatte und wohl nach der Trennung alleinerziehend ist und mich das abgeschreckt hat. Wäre das nicht so gewesen, hätte ich damals vielleicht nochmal nachgefragt, aber so war es mir damals dann auch irgendwie egal, ob er sich nochmal meldet, weil mein Interesse auch nicht wahnsinnig groß war.

Denn ich habe ja Leute gesucht, die einen ähnlichen Lebensstil wie ich haben und das heißt, auch keine Kinder haben. Mit den beiden anderen mache ich es so (beide kinderlos), dass man sich gegenseitig besucht oder mal wohin fährt und das gänge bei demjenigen ja nicht, weil bei ihm daheim die drei Kinder sind und er meinte schon, dass es dann für die Kinder komisch wäre, wenn da eine fremde Frau da ist. Wobei ich jetzt nicht denke, dass die Kinder da einen Schock bekommen würden, aber es stimmt wohl schon, dass das für die Kinder seltsam wäre und für mich auch, weil ich den Umgang mit Kindern nicht gewöhnt bin und mich vom Kinderkrach auch schnell genervt fühle. Ich könnte mir das auch nicht vorstellen, jemanden zu besuchen und dann rennen da die Kinder herum.

Nun hat aber genau die Person sich wieder bei mir gemeldet und wollte mir unbedingt in einem Telefonat erklären, warum er den Kontakt erst einmal hat im Sand verlaufen lassen, wegen irgendwelcher persönlichen Probleme und weil ihn die Streitigkeiten mit seiner Ex und irgendwelche Sorgerechtsauseinandersetzungen so eingebunden hätten. Und dann wollte er sich nochmal mit mir treffen (da waren wir bei mir) und er meinte, er wolle schon gerne den Kontakt erhalten und er hat ja sonst auch keine Freunde und niemanden, um sich auszutauschen usw.

Von mir aus ja, also ich finde den jetzt nicht unsympathisch und er ist auch zu tiefgründigen Gesprächen fähig. Ich hätte jetzt nichts dagegen, noch eine dritte Bekanntschaft zu haben. Aber es ist für mich schon anstrengend, dass es immer um seine Kinder geht. Egal, worüber wir chatten, irgendwann kommt immer irgendwas von seinen Kindern und das interessiert mich halt nicht sonderlich. Er schickt mir Bilder von denen oder neulich haben wir uns darüber unterhalten, dass er sich ein neues Auto kaufen will und dann kam wieder die Bemerkung, dass seine Kinder aber wichtiger seien als jedes Auto usw. Ist sicherlich so, aber ich als kinderlose Person habe halt völlig andere Interessen und ich finde es auch blöd, dass man sich entweder nur bei mir treffen kann oder auswärts.

Wenn er mir was von seinen Kindern schreibt, dann tue ich aus Höflichkeit so als würde mich das interessieren und stelle Fragen dazu. Aber in Wirklichkeit ist das für mich eine Überwindung. Ich muss mir dann Mühe geben, höflich zu sein. Und dann habe ich immer den Eindruck, ich müsste mich verstellen. Ich finde den ganz ok, es ist schön, dass man mit ihm tiefgründige reden kann, während ich mit meinen anderen beiden Bekannten eher nur herumblödle. Und wenn man ihm um was bittet, etwa ob er bei einem Ausflug mitkommen will, macht er das auch, aber ich hab immer den Eindruck, ich müsste mich verstellen und so tun als würde ich Kinder mögen.

Aber den Kontakt abzubrechen, würde ich auch irgendwie doof finden. Ich glaube jedoch nicht, dass sich da langfristig eine Freundschaft entwickelt und wenn ich nun viel Zeit hinein investiere, tut mir das nachher nur leid, wenn es dann eh irgendwann keinen Kontakt mehr geben wird. Was sollte man denn da machen?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 04.08.2017, 11:26, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Wieso bist du nicht einfach ehrlich? Erkläre ihm doch, dass du dich ganz bewusst gegen Kinder entschieden hast und er für dich als Person zwar interessant ist, aber seine Kinder dich nicht so interessieren. Dann kann er das entweder zum Anlass nehmen den Kontakt abzubrechen oder weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen und versucht seine Kommunikation ein bisschen zu ändern.

Ich habe mich ganz bewusst für ein Kind entschieden, mein Umfeld weiß das und dennoch fange ich nun nicht stundenlang an über Kinder zu reden, wenn ich mit kinderlosen Freunden Kontakt habe. Ein bisschen kann man da schon darauf achten, weil einen bestimmte Dinge kinderlos vielleicht einfach nicht interessieren.

Dennoch gehe ich davon aus, dass man in einer Freundschaft alles sagen können sollte und so auch offen miteinander sprechen kann. Wenn es dich also wirklich so sehr stört, dann solltest du es auch ansprechen, gerade wenn dir eigentlich an dieser Freundschaft gelegen ist.

Generell denke ich nicht, dass diese Freundschaft sinnlos ist, aber man muss eben beidseitig etwas aufeinander zugehen. Du wirst dir wohl ab uns zu etwas über Kinder anhören müssen und er muss sehen, dass er nicht ständig davon redet. Bei 3 Kindern, die man alleine erzieht, macht das aber schon einen Großteil der Freizeit aus, was du auch mal bedenken musst.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Die Zeit, die du in einen sozialen Kontakt investierst, ist sowieso weg und kommt nicht wieder, egal, ob die Freundschaft bis ans Lebensende anhält oder nach ein paar Wochen einschläft. Im Englischen gibt es dafür den Ausdruck "sunk cost fallacy", der den Effekt beschreibt, dass wir alle, auf zwischenmenschlicher wie auch beispielsweise wirtschaftlicher Ebene, eher dazu neigen, ein für uns an sich sinnloses oder unrentables Projekt oder Vorhaben weiter zu verfolgen, wenn wir zuvor etwas investiert haben, z.B. Geld, aber auch Zeit oder Emotionen. Das ist zwar menschlich, aber nicht unbedingt rational gedacht.

Sprich, wenn du der Meinung bist, dass sich der Kontakt für dich nicht lohnt, ist es an sich logisch, ihn je nach Gusto abzubrechen oder einschlafen zu lassen. Die bereits investierte Zeit bekommst du natürlich nicht wieder, aber nur allein deswegen weiter zu investieren, bringt langfristig gesehen niemandem etwas, weder dir noch deinem Gegenüber, welches mit drei Kindern seine Freizeit sowieso sinnvoll einteilen muss,

Ich bin auch kinderlos, verstehe jedoch vollkommen, dass die Familie bei anderen Leuten eins der wichtigsten Themen in ihrem Leben darstellt und dass es gerade bei Leuten mit kleinen Kindern Phasen gibt, in denen ihr Hirn so voll mit dem Projekt Baby ist, dass sie wirklich keine anderen Themen kennen. Auch das ist in meinen Augen menschlich, und oft nur eine Phase, die sich auch wieder legt. Wenn ich alle Freundschaften mit Leuten, die sich fortpflanzen, dauerhaft an den Nagel gehängt hätte, nur weil diese gerade anderweitig beschäftigt waren, stünde ich jetzt auch ziemlich alleine da.

Aber wie gesagt, ich finde durchaus, dass manche Menschen zusammenpassen und andere einfach nicht. Wenn ich jemanden kennenlernen würde, der pausenlos über Motorräder oder sonst ein Hobby referieren würde, das ich nicht teile, würde bei mir wahrscheinlich auch keine Freundschaft entstehen. Aber da ich diese "ganz oder gar nicht"-Haltung, was Sozialkontakte angeht, ebenfalls nicht teile, würde ich eben eine Bekanntschaft daraus machen und nicht gleich beschließen, dass es sich nicht lohnt, mit jemandem zu reden, der den Kopf voll mit Dingen hat, die mir nicht viel sagen.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde es ja eher befremdlich soziale Kontakte auf den wirtschaftlichen Faktor zu reduzieren und als eine Investition zu sehen, die sich lohnen muss. Vielleicht lohnt es sich ja einfach mal Menschen kennen zu lernen, die so ganz anders leben weil man seinen Horizont dadurch erweitern kann? Und auch wenn ich so jemanden nie wieder sehe kann mir diese Erfahrung und diese Denkanstöße niemand mehr nehmen. Ist manchmal mehr Wert als sich immer nur im eigenen sozialen Umfeld zu bewegen, wo alle ähnlich ticken.

Aber davon mal abgesehen - meine Erfahrung mit Freundschaften mit Eltern ist gemischt. Die Freundschaften mit Eltern, die ihre Kinder extrem in den Mittelpunkt stellen, und mit denen man kein Gespräch führen kann, das nicht unweigerlich beim lieben Nachwuchs endet, haben sich bei mir irgendwann alle im Sand verlaufen. Das war keine bewusste Entscheidung, aber wir hatten halt immer weniger gemeinsame Interessen. Ich finde es aber nicht schlimm, dass ich irgendwann mal Zeit in diese Freundschaften investiert habe.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde es ja eher befremdlich soziale Kontakte auf den wirtschaftlichen Faktor zu reduzieren und als eine Investition zu sehen, die sich lohnen muss.

Na ja, aber wenn du viel Zeit in jemanden investieren würdest, dir Mühe geben würdet, mit jemandem Unternehmungen zu planen oder ihn ein dein Leben lässt, wärst du dann nicht auch enttäuscht, wenn sich herausstellt, dass derjenige dann auf Abstand geht und man hat sich die Mühe umsonst gegeben hat? Das ist ja auch mit Aufwand verbunden und da möchte ich schon auch etwas davon haben.

Vielleicht lohnt es sich ja einfach mal Menschen kennen zu lernen, die so ganz anders leben weil man seinen Horizont dadurch erweitern kann? Und auch wenn ich so jemanden nie wieder sehe kann mir diese Erfahrung und diese Denkanstöße niemand mehr nehmen. Ist manchmal mehr Wert als sich immer nur im eigenen sozialen Umfeld zu bewegen, wo alle ähnlich ticken.

Aber was würde es mir bringen, meinen Horizont zu erweitern? Was habe ich davon und muss ich meinen Horizont erweitern? Beruflich habe ich schon so viel mit Menschen zu tun, die teilweise gar nicht mein Fall sind, die ich aber ertragen muss und mit denen ich dennoch gut auskommen muss. Da habe ich in meiner Freizeit einfach keine Lust dazu, meine Freizeit soll Entspannung sein. Ich will nicht ständig etwas Neues kennenlernen, sondern meine Ruhe haben.

Es ist für mich anstregend, wenn ich so tun muss, als würden mich die Kindergeschichten interessieren und ich merke, dass mir diese Form der Kommunikation auch nicht gefällt und das mich das nicht erfüllt. Aber genau da sollte eine Freundschaft doch machen - einen erfüllen und ein positives Gefühl gaben und nicht zur Anstrengung werden.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Was hat das Ganze denn mit Kindern oder Kinderlosigkeit zu tun? Entweder man ist auf einer Wellenlänge und gemeinsame Themen und oft auch einen gemeinsamen Humor, oder es passt eben nicht. Es liegt doch nicht daran, dass der Mann alleinerziehend ist, sondern daran dass die Kinder oft ein Thema für ihn sind. Das interessiert dich nicht, weil eben keine so tiefe Bindung da ist, dass es für dich interessant wird, oder es ist generell zu viel. Dass du keine Lust darauf hast, ist völlig legitim. Es passt eben nicht.

Nur sind eben nicht die Kinder an sich das Problem. Wenn es die nur gäbe, würde man sie kaum bemerken, wenn man sie nicht zum Thema macht. Aber auch alle anderen Themen wären störend, wenn sie beherrschend und für dich uninteressant sind. Wenn ich von mir ausgehe, wäre ein begeisterter Fußballfan oder jemand, der nur über Computer redet, auch ausgeschlossen.

Wenn dagegen die gemeinsame Basis stimmt, dann ist der Rest egal. Mein engster Freund und ich kleben seit über 25 Jahren zusammen. Er hat keine Kinder, kein Interesse an Hunden oder Pferden, ist ein IT-Genie, mag Fußball und düst mit seinem Geländewagen durch den Matsch. Das, was uns allgemein begeistert und unser Leben bestimmt, ist kein Thema zwischen uns. Trotzdem verstehen wir uns blendend, weil die Chemie stimmt und wir ganz eigene, gemeinsame Themen haben.

Aber so eine Kombination muss man erst einmal finden. Normalerweise ist es doch eher so, dass man gemeinsame Themen hat und gut miteinander auskommt. Passen die Themen und die Lebensumstände nicht, wird es nichts. Kinderlose und Eltern gehen durchaus, wenn es nicht dauernd um die Kinder geht. Genauso wie alles andere geht, wenn nicht ein nicht gemeinsames Thema bestimmend ist. Deutliche Unterschiede, die oft thematisiert werden, gehen nur bei entsprechender Bindung, die hat man aber erst nach langer Zeit. Und selbst dann geht das oft schief.

» cooper75 » Beiträge: 13375 » Talkpoints: 509,11 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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