Sich über kleine Rentenerhöhungen nicht freuen können?
Eine Bekannte bezieht Rente und hat sich daher über die Erhöhung gefreut, die es jetzt vor kurzem gab. Sie meinte, dass es sich nur um ein paar Euro handeln würde, aber das wäre ihr egal. Immerhin hätte sie diese mehr und könnte davon wieder etwas kaufen, dass sie braucht. Sie meinte auch, dass sich ihr Partner gar nicht recht darüber gefreut hätte und es so abgetan hätte, weil es ja nur ein paar Euro wären. So nach dem Motto, dass sie mal nicht so ein Fass aufmachen sollte.
Meine Bekannte fand das Verhalten ihres Partners wirklich unpassend und meint, dass er das nicht zu schätzen wüsste, wenn es eben nur ein paar Euro wären. Sie dagegen meint, dass es doch nicht selbstverständlich wäre und ist zufrieden mit dem was sie eben bekommt.
Könnt ihr euch über kleine Erhöhungen von Rente oder Gehalt auch nicht freuen? Meint ihr, dass man das Geld nicht zu würdigen weiß, wenn man dies so als Nichtigkeit abtut? Würdet ihr euch ebenfalls ärgern, wenn ihr euch darüber freut und euch dann jemand so einem Dämpfer verpasst, weil es ja nur ein paar Euro sind?
Wenn man noch den Spruch im Ohr hat "Die Renten sind sicher" und wenn man dann auch noch die Diätenerhöhungen der Politiker hört, dann sind diese kleinen Rentenerhöhungen wirklich der Tropfen auf dem heißen Stein, den man überhaupt nicht merkt. Ich muss zugeben, dass ich mich darüber wahrscheinlich auch nicht freuen würde, wenn man es kaum merkt und es nur ein paar Euro sind, für die es sich nicht mal lohnt es zur Seite zu legen, dass man sich irgendwann ein größeres Teil leisten kann. Denn das wird man dann nicht mehr erleben.
Gestern bei Stern-TV wurde darüber diskutiert, dass die Renten bei den meisten Leuten sowieso nicht ausreichen und sie Aufstockung bekommen. Und dass, obwohl sie ein Leben lang hart gearbeitet haben. Dass, was sie erspart haben, wird, wenn sie Hilfe brauchen und in ein Heim müssen dann sowieso zum größten Teil weg genommen, auch wenn man Aufstockung bekommt. Da lohnt sich nicht mal zu Arbeitszeit zu sparen. Da soll man sich über ein paar Euro freuen?
Eine Gehaltserhöhung sehe ich etwas anders als eine Rentenerhöhung. Schließlich arbeite ich für mein Gehalt und wenn das seit sechs Jahren unverändert bleibt, ist das schon deprimierend. Und wenn es dann eine kleine Erhöhung gibt, ist das nur rechtens und bedarf nicht unbedingt großer Anerkennung meinerseits.
Wenn sich die Dame über 10 Euro mehr Nettorente freut, ist das doch schön, warum lässt sie sich es denn vom Partner miesmachen? Wenn 10 Euro mehr im Monat nichts wert sind, zweigt sie diese eben monatlich ab und kann sich in 18 Monaten einen feinen Wunsch erfüllen. Nur sie halt, der Partner bekommt nix, der war undankbar.
Von anderen lasse ich mir aber keineswegs meine Freude verderben. Miesmacher werden ignoriert. Ärgere ich mich über solch unreife Menschen, stehe ich schon mal schnell auf der gleichen Stufe mit denen. Und das ist ja wohl unnötig. Also freue ich mich und rechne mir in Gedanken aus, wie viel 10 Euro mal 18 Monate in Geld ausgedrückt sind.
Ich sehe das so ähnlich wie bei der Diskussion von neulich, als es darum ging, warum sich Obdachlose über zu geringe Almosen beim Betteln nicht freuen und diese dann beiseite legen und sich so einen "größeren" Betrag zusammensparen. Ich finde nämlich durchaus, dass auch ein objektiv gesehen positives Ereignis wie blanker Hohn wirken kann, und eine Rentenerhöhung im gerade mal zweistelligen Bereich, während andere Branchen Boni ausschütten wie Konfetti, fällt für mich je nach Lebenseinstellung schon in diesen Bereich.
Es ist ja schön, wenn es Leute gibt, die sich daran erfreuen, dass sie sich jetzt auch die Marken-Tütensuppen leisten können und nicht nur das No-Name-Zeug, oder die jeden Monat lächelnd ihren Zehner auf den wachsenden Stapel legen und sich auf die neue Mikrowelle freuen, die sie im Herbst 2019 davon erwerben können. Vorausgesetzt, sie leben so lang.
Andere sehen es eben eher als Verhöhnung an, wenn sie 40 Jahre gebuckelt haben und die Allgemeinheit von ihnen sogar noch Dankbarkeit erwartet, als handele es sich hier um ein Geschenk, welches ihnen die Gesellschaft gnadenhalber zusteckt. So nach dem Motto: Sei lieber froh und dankbar, wir können dir die paar Öcken nämlich auch nach Herzenslust kürzen! Und die Rentner für heute haben für ihre Rente eben auch gearbeitet. Oft sogar härter und länger als die Arbeitnehmer von heute.
Ich selber kann mich auch nicht wirklich darüber freuen, wenn mein staatlich sanktioniertes Entgelt sowieso schon gerade ausreicht, und dann nicht nur nicht leistungsbasiert erhöht wird, sondern einfach um soviel, wie die Gewerkschaft den Arbeitgebern aus den Rippen schneiden kann. Und wenn dabei gerade mal die Inflation ausgeglichen wird, aber nicht einmal mehr die gestiegenen Fahrtkosten, freue ich mich auch nicht darüber, dass mir 1,50 Euro mehr im Monat zugesteckt werden, auch wenn es sage und schreibe zwei Briefmarken extra sind. Oder ein Eisbecher im Quartal.
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