Stigmatisiert werden, weil man Haushaltshilfe hat?

vom 25.07.2017, 04:56 Uhr

Eine Bekannte von mir würde gerne eine Haushaltshilfe für Haus und Garten beschäftigen, traut sich aber nicht so wirklich. Sie meint, dass man dann automatisch als "faul" abgestempelt und stigmatisiert werden würde und das möchte sie ihren Kindern eben nicht zumuten. So ganz nachvollziehen kann ich das nicht und diskutieren kann man mit ihr auch nicht darüber, warum sie so denkt.

Haltet ihr es für stigmatisierend, wenn jemand eine Hilfe für Haus und Garten beschäftigt? Habt ihr vielleicht selbst so eine Hilfe und wie reagieren das Umfeld und eure Nachbarn in dieser Hinsicht? Oder habt ihr derartige Beobachtungen bei Menschen aus eurem Umfeld machen können?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Was denn nun, will sie oder will sie nicht? So ein Herumgeeiere ist mir völlig fremd. Entweder ich habe einen Wunsch und denke über seine Erfüllung nach und komme letztlich zu dem Schluss, diesen umzusetzen oder ich komme zum Schluss, diesen zu verwerfen. Aber ständig mit mir zu hadern, ist echt nicht mein Ding. Und dann noch die Leute :x Wen bitte interessieren die Leute und wer interessiert sich für die Bekannte? Ganz sicher kaum jemand. Vielleicht sollte sie mal ihr Leben etwas umstellen und sich künftig nicht so wichtig nehmen.

Wenn sie sich eine Hilfe leisten kann, dann her damit. Abgesehen vom finanziellen Aufwand ist es sicher gar nicht so einfach, eine kompetente und fleißige Unterstützung zu bekommen; noch dazu für Gartenarbeit. Da sollte schon einiges an Fachwissen und Einsatzbereitschaft vorhanden sein.

Sie muss es doch selbst am besten wissen ob sie ihren Haushalt ohne Hilfe schafft. Ist das nicht der Fall, wird nicht gejammert sondern werden Nägel mit Köpfen gemacht. Wieso interessieren sich denn die Leute für sie? Vielleicht weil sie sich ebenfalls für die Leute interessiert und sich darum schert, was bei denen so vorgeht. Ich mache übrigens generell keine Beobachtung von Menschen in meiner Nähe, sondern akzeptiere deren Privatsphäre.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Sie will ja schon, hat aber Angst vor Stigmatisierung. Und je nachdem in welchem Umfeld man sich bewegt, kann es ihr wirklich passieren, dass die Leute ihr Faulheit und Dekadenz unterstellen werden. Als sich die Frau meines Onkels eine Putzfrau geleistet hat, ist ihre Schwägerin, namentlich meine Tante, bald grün im Gesicht angelaufen und hat sich wirklich ständig darüber aufgeregt, wie unglaublich faul diese Person ist. Ich denke, da steckt auch immer ein gewisser Neid dahinter, aber oft genug ist es leider immer noch so, dass Frauen in ihrer Rolle als Hausfrau gerade von anderen Frauen beurteilt werden.

Da ist dann der Fleiß in Garten und Hausarbeit eine hoch angesiedelte Tugend, gerade im ländlichen Bereich wird genau geguckt und geredet. Nicht jeder hat die nervlichen Fähigkeiten darüber zu stehen und die eigenen davon angesprochen Sachen zu übergehen. Wenn sie also am Ende immer ein ungutes Gefühl hat und sich selbst schlecht fühlt, dann ist fraglich, ob die Hilfe eine echte Hilfe ist. Und wir sind doch, egal für wie cool wir uns halten, alle mehr oder weniger vollgestopft mit diesen internalisierten Ansprüchen der Gesellschaft, auch wenn jeder gerne das Gegenteil betont.

Ich selbst hätte zum Beispiel auch latent Schuldgefühle, wenn ich jemanden beschäftigen würde für meinen Dreck und würde mich nicht so richtig wohlfühlen. Da sind dann durchaus Implikationen in mir, die von außen stammen. "Das musst du doch selbst schaffen, wenn du das nicht schaffst, bist du nicht leistungsfähig/faul, zu unfähig" wären zum Beispiel einige davon. Da geht es aber eher um das Selbstbild als um das nach außen gelebte. Eigentlich sind es aber fremdbestimmte Anteile, die da in einem munter vor sich hin beurteilen und verurteilen.

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei der Bekannten ähnlich ist und die Vorwürfe, die von außen kommen könnten, eigentlich in ihr selbst verankert sind. Anderenfalls wären den meisten Leuten nämlich Aussagen von außen sehr viel mehr egal, wenn sie nicht selbst zweifeln und auf fruchtbaren Boden treffen würden. Nicht in allen Kreisen ist eine Zugehfrau ein Statussymbol.

» Verbena » Beiträge: 4940 » Talkpoints: 1,49 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Zumindest hier im Forum habe ich schon ein paarmal den Eindruck gehabt, dass es sich in den Augen einiger "nicht gehört", eine Haushaltshilfe zu beschäftigen, wenn man selber noch zwei gesunde Arme zum Zupacken hat, wie meine Oma gerne gesagt hat. Und Frauen sind ja leider nach wie vor so sozialisiert, dass sie den Haushalt nicht nur als ihre ureigene Domäne anzusehen, sondern gefälligst auch noch Spaß an dem endlosen Zyklus aus Wäsche waschen, staubsaugen, Fenster putzen und Kloschrubben haben sollen.

Deswegen gehe ich schon davon aus, dass man sich ein paar spitze Bemerkungen von der Frau Nachbarin anhören muss, was einem denn einfällt, einfach so von der Norm abzuweichen. Aber da muss man in meinen Augen einfach durch, weil man sich ja sonst gleich komplett vorschreiben lassen kann, was man mit seinem Geld und seiner Zeit so anfängt. Ich vermute auch, dass hier in vielen Fällen schlicht der Neid spricht, weil es nicht jeder so gut aushält, mit ansehen zu müssen, wie jemand die ungeschriebenen Gesetze der Hausarbeit einfach so bricht. :lol: Ich selber bin sowieso der Meinung, dass ein Leben nach dem Grundsatz "Was sollen die Nachbarn sagen?" weder erfüllend noch erstrebenswert ist.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Zumindest hier im Forum habe ich schon ein paarmal den Eindruck gehabt, dass es sich in den Augen einiger "nicht gehört", eine Haushaltshilfe zu beschäftigen, wenn man selber noch zwei gesunde Arme zum Zupacken hat, wie meine Oma gerne gesagt hat. Und Frauen sind ja leider nach wie vor so sozialisiert, dass sie den Haushalt nicht nur als ihre ureigene Domäne anzusehen, sondern gefälligst auch noch Spaß an dem endlosen Zyklus aus Wäsche waschen, staubsaugen, Fenster putzen und Kloschrubben haben sollen.

Verbena hat geschrieben:Ich selbst hätte zum Beispiel auch latent Schuldgefühle, wenn ich jemanden beschäftigen würde für meinen Dreck und würde mich nicht so richtig wohlfühlen. Da sind dann durchaus Implikationen in mir, die von außen stammen. "Das musst du doch selbst schaffen, wenn du das nicht schaffst, bist du nicht leistungsfähig/faul, zu unfähig" wären zum Beispiel einige davon. Da geht es aber eher um das Selbstbild als um das nach außen gelebte. Eigentlich sind es aber fremdbestimmte Anteile, die da in einem munter vor sich hin beurteilen und verurteilen.

Das sind hier die beiden Knackpunkte von den Aussagen her die aufeinander prallen. Zum einen geht es wirklich darum, dass man seine Sachen anpackt solange mein zwei gesunde Arme hat und noch gehen kann und es macht und zum anderen auch der Druck den man sich selbst auferlegt mit der Hausarbeit, die man selbst zu schaffen hat da man ansonsten als nicht Leistungsfähig und Belastbar abgestempelt werden kann.

Ich denke ebenfalls, dass es auch auf die restlichen Umstände drauf ankommt ob jemand faul ist oder als dieses bezeichnet wird oder auch nicht. Eine Mutter die den ganzen Tag nur Zuhause sitzt, ein Kind hat, nicht arbeitet diese sollte schon in der Lage sein ihren Kram auch alleine zu erledigen. Denn da entsteht schnell das Bild, dass sie das andere machen lässt und alleine die Füße hochlegt und nichts macht in dieser Zeit.

Bei jemanden, der neben Haushalt und Kinder noch Vollzeit arbeitet, mehrere Jobs hat oder oft im Ausland unterwegs ist, sprich beruflich erfolgreich ist, da gehört eine Haushaltshilfe dann schon zum guten Ton. Auch auf die Kreise in denen man sich bewegt, macht es einen großen Unterschied in der gehobenen Gesellschaft macht kaum einer seine Toiletten noch selbst sauber sondern lässt das machen und das ist in Ordnung. Würde das dagegen jemand aus der Unterschicht machen wo es üblich ist, dass man selbst schrubbt bekommt man eher das angedichtet.

Ich hatte auch zeitlich eine Haushaltshilfe hier angestellt, mit der ich aber nicht warm geworden bin von ihrer Arbeitsleistung her. Sprich sie hat meine Erwartungen nicht erfüllt und daher haben wir uns getrennt. Der Anlass für die Einstellung war einfach nur der, dass ich es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geschafft habe das noch alles nebenbei zu machen neben meinen anderen Dingen. Da es schwer ist jemanden zu finden der meine Erwartungen auch erfüllt, habe ich momentan keine und stelle damit schon eine Ausnahme unter meinen Geschäftspartnern dar, dass ich es alleine mache und sie Personal beschäftigen die diese Aufgaben übernehmen. In meinem Hauptjob ist das unüblich eine Haushaltshilfe zu beschäftigen, aber das ist der Spagat den ich täglich mache zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich glaube das kommt wirklich auf das soziale Umfeld an. In meinem Umfeld würde jemand wohl eher als faul gelten wenn sie keiner Arbeit nachgeht, den ganzen Tag zu Hause ist und natürlich keine Haushaltshilfe braucht, weil sie ja nichts zu tun hat außer Hausarbeit.

Jemand mit Haushaltshilfe würde eher als erfolgreich gelten, denn man muss es sich ja auch erst mal leisten können jemanden zu bezahlen, der die Hausarbeit erledigt. Wenn man dafür überhaupt stigmatisiert werden würde dann wohl höchstens als Workaholic, weil man sich nicht die Zeit nimmt für Dinge, bei denen man das Gehirn auch mal ausschalten und entspannen kann.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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