Zivilklage noch möglich, wenn Strafverfahren fallengelassen?

vom 18.05.2017, 22:43 Uhr

Frau Schmidt hat einen von der Straße geretteten Hund an einen gewissen Herrn Müller vermittelt. Einige Wochen später stellt Herr Müller fest, dass der Hund Schmerzen hat. Ein Tierarzt stellt einen Kreuzbandriss fest und schlägt eine Operation vor, die etwa 1000 € kosten würde. Herr Müller verlangt von Frau Schmidt, dass sie diese Kosten übernehmen sollte.

Als Frau Schmidt sich weigert, stellt Herr Müller Strafanzeige wegen Betrug. Die Staatsanwaltschaft stellt es Frau Schmidt nun frei, eine Spende an ein Tierheim zu tätigen, woraufhin das Verfahren eingestellt werden würde. In dem Schreiben wird sie aber beschuldigt, Herrn Müller tatsächlich wissentlich einen kranken Hund verkauft zu haben.

Somit wurde ja irgendwie ihre Schuld schon festgestellt. Ohne Gerichtsverhandlung. Aber Frau Schmidt wurde nicht verurteilt. Das Verfahren wird ja eingestellt. Jetzt stellt sich die Frage, ob Herr Müller noch durch ein Zivilverfahren das Geld für die Operation einklagen könnte. Aber dazu muss er ja einen Vorwurf erheben, der einerseits von der Staatsanwaltschaft bestätigt wurde, aber andererseits auch vom Tisch ist.

Kann nach einem ohne Urteil eingestellten Strafverfahren noch eine zivilrechtliche Klage eingereicht werden? Man kann ja auch ganz ohne Strafverfahren gleich zivilrechtlich klagen und das Zivilgericht entscheidet dann über die Schuld des Beklagten, aber in dem Fall hat eben das Strafgericht schon eine Entscheidung gefällt. Ist das Zivilverfahren abhängig von dieser Entscheidung?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Neben dem Vorwurf des Betrugs gibt es das Kauf- und Vertragsrecht. Herr Müller hat das Recht auf Ware frei von Mängeln. Auch für Tiere gilt Paragraph 433 BGB und das auch, wenn der Kaufvertrag mündlich geschlossen worden ist.

Auch bei Tieren haftet der Verkäufer zwei Jahre für Mängel, sofern er gewerbsmäßig handelt. Bei einem "gebrauchten" Tier kann die Frist auf ein Jahr verkürzt werden. Die Vermittlung gilt mittlerweile sehr schnell als gewerbsmäßig. Dann müsste Frau Schmidt nachweisen, dass der Hund zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Mängeln war. Gilt Frau Schmidt dagegen als Privatperson und hat den Mangel verschwiegen, dann sind die Chancen ebenfalls gut.

» cooper75 » Beiträge: 13375 » Talkpoints: 509,11 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge.

Und wird es dann im Zivilverfahren gerne mal als Schuldzugeständnis gewertet, wenn man die Auflage bezahlt, um das Strafverfahren einstellen zu lassen? Oder wird es so gewertet, dass man eben lieber an eine gemeinnützige Institution gespendet hat als sich dem Ärger eines Gerichtsverfahrens auszusetzen. Denn den Ärger hat man ja, egal ob man schuldig ist oder nicht.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Die Einstellung eines Verfahrens gegen Auflage ist kein Schuldspruch. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Im Prinzip ist es so: Es besteht kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung und selbst wenn die Dame am Ende der Ermittlungen schuldig sein sollte, wäre die Schuld nur gering.

Wäre die Schuldfrage eindeutig, wäre das Verfahren ohne Auflagen eingestellt worden. Hier ist es nicht eindeutig, aber das Interesse an der Verfolgung fehlt, weil es für die Staatsanwaltschaft Peanuts sind. Also wird die Einstellung gegen Auflage angeboten. Das ermöglicht dem Beschuldigten, aus der Nummer herauszukommen und Prozesskosten zu vermeiden. Es ist aber kein Eingeständnis einer Schuld, diese Frage ist gar nicht erörtert worden.

» cooper75 » Beiträge: 13375 » Talkpoints: 509,11 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Eine Zivilklage ist selbstverständlich noch möglich, da sie völlig losgelöst vom Strafverfahren ist. Auch wenn das Verfahren eingestellt wurde, kann eine solche Klage noch Erfolg haben. Im Grunde hat es die Hundeverkäuferin gar nicht so schlecht gemacht. Da die Unschuldsvermutung noch gilt, weil das Verfahren eingestellt worden ist, kann die Käuferseite zwar argumentieren, dass die Zahlung der Geldstrafe als Schuldeingeständnis zu sehen ist, das Gericht wird der Argumentation aber ohne weiteres Zutun nicht folgen. Jetzt kommt es auf die Beweislage an, die beide Parteien aufbieten können.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Möglich ist es, dass man neben einer strafrechtlichen Verfolgung auch immer direkt die zivilen Ansprüche auch geltend macht. Das eine nimmt das andere davon nicht aus, aber man sollte sich auch fragen wie es mit den Chancen steht. Denn hier zahlt erst einmal der, der den Prozess damit anfängt und wenn es hinterher nicht so aussieht als wenn man Gewinnt, dann bleibt man auch auf diesen Kosten sitzen und muss diese mit beachten.

Selbst wenn man Recht bekommt, bekommt nicht automatisch der Verlierer hier noch die Prozesskosten mit aufgedrückt und das können durchaus einige tausend Euros extra sein. In der Regel wird darauf auch gerne verzichtet und ein Vergleich geschlossen, damit es gar nicht erst soweit kommt und die Frage ist dann auch, deckt die Vergleichssumme die Anwaltskosten und die Operationskosten ab, oder hat man das was man bekommen hat, direkt wieder in den Anwalt gesteckt.

Frage ist hier einfach von Anfang an, hat der neue Besitzer das Tier untersuchen lassen als er es gekauft hat und kann damit nachweisen, dass der Mangel schon bestanden hatte? Oder hat die Dame das machen lassen und kann damit nachweisen, dass der Mangel da nicht bestanden hatte? Und wie wurde gehandelt, war das ein gewerblicher Verkauf oder reine private Ebene? Das sind hier diese Fragen die man klären sollte bevor man sich über etwas weiteres entscheidet und damit noch einen zivilen Prozess vom Zaun reißt, der wenig Aussichten auf Erfolg hat.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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