Schwerbehindertenausweis wegen Job nicht beantragen?

vom 18.07.2017, 19:04 Uhr

Herr A hat körperliche Einschränkungen und hat dadurch einige Probleme mit seiner Mobilität. Er könnte einen Schwerbehinderten Ausweis beantragen. Nun darf er allerdings als Schwerbehinderter beispielsweise keine Nachtschichten arbeiten. Wenn er nun einen Job als Nachtwächter bekommt darf er diesen Job laut Gesetz nicht annehmen. Hat er den Ausweis allerdings nicht kann er das Angebot nutzen. Muss man als Behinderter den Ausweis beantragen oder kann man es auch lassen? Gibt es hierzu eventuell konkrete gesetzliche Vorschriften?

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Niemand wird gezwungen, einen Grad der Behinderung feststellen zu lassen und einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Allerdings wäre es dämlich, auf den Ausgleich der Nachteile zu verzichten. Schließlich muss niemand seinem Arbeitgeber mitteilen, dass er schwerbehindert ist. Und den Steuerfreibetrag sowie eine mögliche Reduktion der Kfz-Steuer sollte man mitnehmen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ja, aber was passiert wenn es zu einen Arbeitsunfall wegen der Behinderung kommt? Kann man dann unter Umständen Ärger bekommen, wenn man beispielsweise als schwerbehindert gilt? Nur wenn nichts passiert ist es in der Regel doch egal?

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Es gibt kein Gesetz, dass einen dazu verpflichtet, seinem Arbeitgeber eine festgestellte Schwerbehinderung mitzuteilen. Im Bewerbungsgespräch darf auch nicht danach gefragt werden. Zwar haben Arbeitgeber ein großes Interesse zu erfahren, ob ein Mitarbeiter schwerbehindert ist. Schließlich müssen Abgaben geleistet werden, wenn ab einer gewissen Betriebsgröße nicht genügend Mitarbeiter mit Schwerbehinderung beschäftigt werden und diese Mitarbeiter stehen nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit unter besonderem Kündigungsschutz.

Aber der Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, seinen Status offenzulegen. Bei einer Kündigung durch das Unternehmen kann er sich auch nachträglich auf seinen Status berufen. Natürlich verzichtet man auf Vergünstigungen wie zusätzlichen Urlaub oder einen angepassten Arbeitsplatz. Schließlich kann der Arbeitgeber nicht hellsehen. Aber das entscheidet jeder Arbeitnehmer selbst.

Wenn Gründe vorliegen, die einen für eine bestimmte Arbeit ungeeignet machen, muss man das sowieso sagen. Da spielt ein Behindertenausweis keine Rolle. Eine Röntgenfachkraft, die wegen zu hoher Werte Strahlenpause hat, kann sich nicht für den Job einstellen lassen und dann sagen, dass sie den Job nicht machen kann. Wer Opiate einnimmt und die Fahreignung für Kfz, aber nicht für LKW oder zur Personenbeförderung bestätigt hat, darf sich nicht als Fahrer für LKW, Taxen oder Busse bewerben und verschweigen, dass er gar nicht fahren darf.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Sollte es Herrn A wirklich geben, sollte er sich dringend von der Behörde beraten lassen, die eine Schwerbehinderung mittels Ausweis bescheinigt. Wer das in seinem Fall ist, kann ihm seine Krankenkasse oder sein Rententräger sagen.
Ein schwerbehinderter Mensch erfährt einige Nachteilsausgleiche. Diese sollte er schon in Anspruch nehmen.

So hat der schwerbehinderte Mensch das Recht mit 65 Jahren in Rente zu gehen, statt mit 67 ohne Minderung der Rente. Auch hat er Anspruch auf mehr Urlaubstage als seine gesunden Kollegen. Und er hat einen besonderen Kündigungsschutz. Bei dem Beratungstermin kann er seine Bedenken, dem Arbeitgeber gegenüber dem Berater mitteilen und dieser kann sie eventuell ausräumen.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Quasselfee hat geschrieben:So hat der schwerbehinderte Mensch das Recht mit 65 Jahren in Rente zu gehen, statt mit 67 ohne Minderung der Rente. Auch hat er Anspruch auf mehr Urlaubstage als seine gesunden Kollegen. Und er hat einen besonderen Kündigungsschutz. Bei dem Beratungstermin kann er seine Bedenken, dem Arbeitgeber gegenüber dem Berater mitteilen und dieser kann sie eventuell ausräumen.

Das ist ja schön und gut, aber nicht alles was hier als Vorteil angeführt wird, ist auch ein Vorteil. Hier geht es um die Schichtarbeit mit Nachdienst, die weitere Zulagen und da mit Gelder gibt. Davon ins Schwerbehinderte ausgenommen und dürfen keine Nachtarbeit verrichten und damit bekommen diese diese Zulagen auch nicht und selbst mit der Umlage die sie erhalten, erreichen sie nicht das Gehalt von jemanden der die Wechselschicht oder Nachtschicht dann mit nimmt. Auch das "ohne Minderung der Rente" ist nett gesagt, passiert aber automatisch da man 2 Jahre weniger eingezahlt hat und damit weniger bekommt, nur weil es nicht herunter gesetzt wird weil man früher geht, hat man davon auch nicht automatisch dann mehr oder das gleiche, wie andere die 2 Jahre länger gearbeitet haben.

Wie bereits gesagt worden ist, gibt es kein Gesetz das einen dazu verpflichtet einen Ausweis zu beantragen und man sollte das auch entsprechend abwägen ob man es macht oder nicht und die "Vorteile" dann auch wirkliche Vorteile sind oder man am Ende sich damit nicht ins eigene Bein schießt. Von manchen Dingen sind Schwerbehinderte einfach von vorne herein ausgenommen und dürfen das dann nicht mehr machen wenn sie einen Ausweis haben, will man das und kann das dann nicht mehr, dann ist das auch kein Vorteil mehr.

Zudem auch ein Ausweis und ein unterschriebener Arbeitsvertrag nicht alles sind, man durchläuft auch die Station beim Betriebsarzt und wenn dieser feststellt, dass man für diese Stelle ungeeignet ist, dann war es das auch mit der Stelle. Spätestens dort sollte dann auch mit offenen Karten gespielt werden, da der Betriebsarzt auch der medizinischen Schweigepflicht unterliegt kann und darf er dem Arbeitgeber auch nicht alles bis ins Detail auf das Brot schmieren und anweisen, wie der Arbeitsplatz oder die Arbeitszeit zu gestalten ist damit das klappt mit diesem Mitarbeiter.

Von der Haftung her kommt es ganz darauf an was passiert ist und wie es passiert ist. Hat jemand keinen Führerschein und fährt LKW, überfährt jemanden dann wird er dafür haftbar gemacht werden, ganz gleich ob er Schwerbehindert ist oder auch nicht, da das mit Vorsatz passiert ist und man nie eine gültige Fahrerlaubnis hatte. Bestehen gesundheitliche Einschränkungen die bekannt sind warum man eine Maschine nicht steuern darf und man verschweigt diese und es passiert etwas, dann ist man ebenfalls mit dabei wenn das nachgewiesen werden kann z.B. durch alte Arztbriefe oder das Entbinden der Schweigepflicht vom Hausarzt damit dieser dann eine Aussage macht usw.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Sorae hat geschrieben:Hier geht es um die Schichtarbeit mit Nachdienst, die weitere Zulagen und da mit Gelder gibt. Davon ins Schwerbehinderte ausgenommen und dürfen keine Nachtarbeit verrichten und damit bekommen diese diese Zulagen auch nicht und selbst mit der Umlage die sie erhalten, erreichen sie nicht das Gehalt von jemanden der die Wechselschicht oder Nachtschicht dann mit nimmt.

Das stimmt nicht. Schwerbehinderte sind nicht automatisch von Nachtarbeit oder Mehrarbeit ausgenommen. Prinzipiell müssen auch Schwerbehinderte Nachtschichten ableisten. Etwas anderes gilt nur, wenn aufgrund der Schwerbehinderung die Arbeitszeit behinderungsgerecht gestaltet werden muss. Das kommt es auf den Einzelfall an.

Und selbst wenn das so ist, dann ist der Arbeitgeber nicht zum vorauseilenden Gehorsam verpflichtet. Erst wenn der Arbeitnehmer diese Anpassung einfordert, muss der Arbeitgeber reagieren. Notfalls muss der Arbeitnehmer klagen. Dass man als Schwerbehinderter automatisch eine 5-Tage-Woche ausschließlich mit Tagschicht hat, das ist ein Märchen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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