Probearbeiten einfach abbrechen sinnvoll?

vom 10.07.2017, 06:07 Uhr

Es ist bisher relativ selten vorgekommen, dass ich mal zum Probearbeiten eingeladen worden bin nach einer Bewerbungsphase und einem Vorstellungsgespräch. Ich habe das Probearbeiten aber immer in der Regel komplett durchgezogen, auch wenn ich direkt wusste, dass der Job vielleicht doch nichts für mich ist. Ich finde einfach, dass das gute Erfahrungswerte sind und wie oft hat man die Gelegenheit, derartige Erfahrungen zu sammeln?

Mein Cousin hat vor kurzem ein Probearbeiten einfach abgebrochen. Geplant waren zwei Tage zu je 8 Stunden, wobei er aber schon nach 3-4 Stunden am ersten Tag gemerkt hat, dass der Job ganz anders war als er im Endeffekt dargestellt worden ist. Da er diese Arbeit nie und nimmer machen wollen würde, hat er dann abgebrochen und auf den Job verzichtet. Habt ihr schon mal ein Probearbeiten abgebrochen? Haltet ihr das für sinnvoll oder muss man das eurer Meinung nach immer komplett durchziehen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Die Frage ist doch auch wie lange das ganze stattfinden sollte und die Beweggründe vom Arbeitgeber. Ja, ich habe das schon Abgebrochen als ich gemerkt habe, dass sich der Arbeitgeber damit nur kostenlose bzw. billige Arbeitskräfte geholt hat die hinterher ohnehin nie eingestellt worden sind. Das Probearbeiten sollte dabei 14 Tage gehen zu je 12 Stunden am Tag und bezahlt wurde rein gar nichts, vom Arbeitsamt gab es eine Tagespauschale von 20 Euro für den kompletten Tag zzgl. 130 Euro für die Fahrstrecke für die kompletten 2 Wochen.

Das ganze hat der Arbeitgeber schon lange gemacht, die Stellen waren seit 3 Jahren ausgeschrieben, es wurde nie einer eingestellt der dort war da angeblich alle zu schlecht waren und in einer Tour. Kaum war einer weg, kam der nächste heran und hat die Arbeit weiter gemacht in der Hoffnung auf eine Stelle. Das hat man auch von den restlichen Mitarbeitern durch die Blume erfahren wenn man nicht ganz unaufmerksam war und auch die Motivation dahinter verstanden hatte, die nicht dem Bewerber dienlich war, sondern nur dem Arbeitgeber für kostenlose Arbeitskräfte.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Mittlerweile hat sich der Arbeitsmarkt in meinen Augen zumindest im Großen und Ganzen soweit erholt, dass man sich in meinen Augen für einen ganz normalen 08/15 Job nicht mehr jeden Blödsinn gefallen lassen muss. Irgendeine Alternative findet sich im Regelfall schon, und man muss sich auch überlegen, ob es beispielsweise sinnvoller ist, die Zeit, die man fürs Probearbeiten verschwendet, da man den Job gar nicht (mehr) will, nicht besser investiert, um sich für weitere, eventuell besser geeignete oder weniger ausbeuterische Anstellungen zu bewerben und zu positionieren.

Deswegen würde ich das Probearbeiten mittlerweile auch tatsächlich abbrechen, wenn ich merke, dass man mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geködert hat oder auch, wenn wie von Sorae beschrieben, überdeutlich wird, dass der Betrieb eigentlich nur davon profitieren möchte, dass sich Leute beim Probearbeiten voll engagieren, ohne etwas zu kosten.

Letzten Endes kommt es aber natürlich auch auf Angebot und Nachfrage an. Beispielsweise habe ich mich mal für einen Museumsjob beworben, welcher für viele Geisteswissenschaftler der Stoff ist, aus dem die Träume sind, während ich nur eine Nebenbeschäftigung gesucht habe, um mir ein paar Euro dazu zu verdienen, während ich mein Studium abschließe. Der Job war auch miserabel bezahlt und eigentlich recht anspruchslos. Aber nur um in die engere Wahl zu kommen, hätte ich praktisch einen anderthalbstündigen wissenschaftlichen Vortrag auf eigene Rechnung ausarbeiten und vor einer Jury(!) halten sollen, um dann 8,50 Euro die Stunde zu verdienen.

Ich hätte also mindestens eine Woche qualifizierte Arbeit investieren müssen, um im Anschluss eventuell so viel zu verdienen, als würde ich im Supermarkt Regale einräumen. Diesem großzügigen Angebot habe ich auch den Rücken gekehrt. Natürlich wären es "wertvolle Erfahrungen" gewesen, aber ich wollte eben keine Erfahrungen darin sammeln, wie es ist, wenn man unbezahlt arbeitet.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Dass man Probearbeiten nicht frühzeitig abbrechen und durchziehen soll, damit man das später als Erfahrung und Arbeit im Lebenslauf stehen hat, dachte ich mir früher auch immer - wenn man etwas beginnt, bringt man es auch zu Ende. Mittlerweile habe ich aber genug negative Beispiele gesehen, bei denen ich voll und ganz verstehe, dass man sich das nicht länger antut.

Wie Sorae habe ich da Probearbeiten, bei denen man für wenig bis gar kein Geld den ganzen Tag durcharbeiten darf, vor allem um den anderen Leuten niedere Aufgaben abzunehmen. Da ist man wirklich nur eine billige Arbeitskraft, die dann nach einer Woche durch die nächste ersetzt wird. Wir hatten da auch schon erlebt, dass einem viele Versprechungen gemacht werden im Sinne von "Wir probieren es mit zwei Leuten und stellen dann jemanden ein". Von wegen. Da wurde schön ein Bewerber nach dem anderen eine Woche lang versklavt und gehört hat man nie wieder etwas.

Da bringt mir die Erfahrung später auch nichts. Wenn ich schon nach wenigen Stunden weiß, dass mir die Arbeit überhaupt nicht zusagt und ich sie künftig nicht tun möchte oder merke, dass ich hier nichts lernen werde, dann hat das Probearbeiten für mich selbst wenig Sinn.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Die Angaben sind sehr vage. So dass man nicht beurteilen kann, ob der Abbruch nachvollziehbar war. Ich wäre schon dafür, das einfach mal durchzuziehen. Etwas durchzuhalten ist doch auch schon ein Erfolg. Seinen Schweinehund zu besiegen finde ich viel besser, als gleich aufzugeben. Zwei Tage sind doch wirklich nicht zu viel. Acht Stunden am Tag finde ich allerdings recht viel.

Könnte mir schon weniger vorstellen. 12 Stunden am Tag zu arbeiten, und das auf Probe, ist eher nicht zu fordern. Denn es gibt ein Arbeitszeitgesetz und Gesetze sind ja da, um diese zu befolgen. Ich würde dann lediglich 8 Stunden ableisten, mehr kann ja nicht gefordert werden.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich hatte bisher einmal das Vergnügen, dass ich einen halben Tag zum Probearbeiten eingeladen wurde. Obwohl ich es auch recht schnell festgestellt habe, dass ich in dem Laden nicht arbeiten wollte, habe ich den halben Tag durchgezogen und es als eine Erfahrung verbucht. Aber bei einem halben Tag ist das ja auch noch überschaubar und das kann man auch mal machen.

Aber wenn ich hier lese, dass sich manche Arbeitgeber auf diese Weise kostenlose Arbeitskräfte holen, die dann in der Hoffnung auf einen festen Job auch mal mehrere Tage oder Wochen dort arbeiten und doch keine Chance auf einen Job haben, dann kann ich es schon verstehen, dass man das Probearbeiten auch mal abbricht.

Bei deinem Cousin weiß ich nun nicht, warum genau er das Probearbeiten abgebrochen hat, aber wenn man es schnell feststellt, dass der Job absolut nichts für einen ist, dann macht es vermutlich auch wenig Sinn, das Probearbeiten durchzuziehen. Ich könnte mir vorstellen, dass ich es auch so machen würde, auch wenn ich in der Regel die Dinge schon gerne beende, die ich angefangen habe.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich würde das von dem Umständen abhängig machen, ob ich Probearbeiten abbrechen würde. Manchmal ist Probearbeiten auch bezahlt. Zumindest wurde mir, als ich einmal als Kellnerin anfangen sollte, nach dem Probearbeiten auch etwas Geld zugesteckt. Das fand ziemlich nett und hätte alleine dadurch natürlich nicht mitten drin abgebrochen.

Als ich in der Schulzeit einen Nebenjob gesucht habe, habe ich bei einem Bekleidungsgeschäft Probearbeiten sollen. Die Chefin war eine Furie und hat mich, obwohl es mein allererster Tag war, schon richtig fertig gemacht. "Du bekommst ja nicht mal die grundlegendsten Dinge hin!" Das fand ich schon richtig anmaßend, denn was erwartet man beim ersten Job einer 17-jährigen? Da habe ich, obwohl ich den ganzen Tag hätte bleiben sollen, auch schon nach zwei Stunden tschüss gesagt. Und die Frau war auch noch richtig baff.

Ein Bekannter von mir war mal bei einer Drogeriekette zum Arbeiten, er sollte den ganzen Tag Regale einräumen. Das war auch körperlich ziemlich anstrengend und er wurde viel gehetzt. Nach dem Arbeiten wurde ihm gesagt, es kämen in den nächsten Tagen noch viele andere Bewerber, sodass man ihm keine Zusage geben könnte. Somit hat die Drogeriekette ziemlich viele unbezahlte Arbeitskräfte gehabt, die die undankbaren Aufgaben übernommen haben.

Wenn ich merke, dass ich tatsächlich nur als kostenlose Aushilfe missbraucht werde, so wie im Falle meines Bekannten, finde ich es völlig in Ordnung, das Probearbeiten hinzuschmeißen.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 16.07.2017, 16:53, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


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