Sein Baby taufen lassen, weil es alle machen?

vom 30.12.2015, 12:27 Uhr

Eine Bekannte von mir ist aktuell in der 9. Woche schwanger und sie hat einige merkwürdige Ansichten, wie ich finde. Aber das ist ja Ansichtssache und es muss nicht jeder so denken wie ich.

Sie will auch im Mai heiraten bevor das Kind da ist, wobei für sie feststeht, dass es nur eine standesamtliche Hochzeit werden soll. Sie hält nicht besonders viel von Kirche und solchen Sachen. Komischerweise will sie aber unbedingt, dass ihr Kind getauft und konfirmiert wird. Welcher Kirche das Kind angehören soll, steht noch nicht fest, weil sie evangelisch ist und der Kindsvater katholisch. Es muss sich also noch geeinigt werden.

Ich habe sie mal direkt gefragt, warum sie das Kind unbedingt taufen lassen will (sie will mich unbedingt als Patentante haben, was ich ablehne), wenn sie selbst doch eh nicht gläubig ist und sich als atheistisch bezeichnen würde. Da meinte sie nur, dass sie eben möchte, dass das Kind sich nicht von den anderen Kindern im Dorf ausgeschlossen fühlt, weil es eben nicht mitreden könnte wenn es dem Konfirmandenunterricht fernbleibt.

Mir ist das aber trotzdem zu hoch. Ich würde mein Kind niemals nur aus dem Grund taufen lassen, damit es "mitreden" kann. Ich finde, wenn man gläubig ist und einem die Kirche und seine Religion so wichtig ist, kann man sie ruhig in seinem Leben lassen. Aber ich verfolge eher das Prinzip "ganz oder gar nicht" und finde es merkwürdig, dass sie sich nicht kirchlich trauen lassen möchte, weil sie nichts davon hält, aber das Kind soll trotzdem getauft und konfirmiert werden. Das passt für mich nicht zusammen.

Könnt ihr verstehen, dass man sein Kind taufen lassen möchte, weil es alle machen und das Kind sich nicht ausgeschlossen fühlen soll?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde es auch Schwachsinn, das Kind nur taufen zu lassen, weil es alle machen oder weil es gar von jemandem erwartet wird. Das beste ist aber, dass ich damals, jung und dumm wie ich war, mit etwa 20 Jahren denselben Fehler bei meiner Tochter auch gemacht habe. Da wurde mir vorgeworfen, dass ich das Kind nicht hätte taufen lassen und der Opa schon zuvor gestorben wäre, und ich das Kind jetzt endlich taufen sollte, damit es die Oma noch mit bekommt.

Es war wirklich ein Desaster. Erstens war ich schon damals nicht vom christlichen Glauben überzeugt, ich selber bin aus der Kirche ausgetreten, sobald ich dazu fähig war. Auch wurde ich wirklich immens unter Druck gesetzt und es war außerdem eine riesengroße Kostenfalle für mich. So jung Mutter und dann mussten die Festlichkeiten bezahlt werden und alles. Das riss ein großes Loch in unser damals überhaupt nicht vorhandenes Budget.

Also wenn ich jetzt als erfahrenere Mutter, als ich es damals war, den Rat geben könnte, würde ich wirklich dazu raten, das Kind nicht taufen zu lassen, nur weil es alle machen. Mittlerweile bin ich sogar davon überzeugt dass es schon ein Gewaltakt darstellt, das Kind in eine Religion hinein zu zwingen, wo es doch gerade erst in unsere Gesellschaft hinein geboren wurde. Das Kind sollte selber zum geeigneten Zeitpunkt entscheiden, ob und welcher Religion es beitreten möchte, so finde ich.

Aber mir kommt so oder so vor, dass wir vor einem Wandel der Zeit stehen, wo sich immer mehr Menschen vom Christentum abwenden. Schuld ist wahrscheinlich das veraltete System. Es ist so, dass das Christentum an sich gute, menschliche Grundsätze vertritt, allerdings sind die Kirchen und wie das alles gehandhabt wird, einfach veraltet. Wenn man sein Kind tauft, dann verpflichtet man das Kind so quasi zur Kirche und man erwartet auch, dass es alle anderen Sakramente auch macht.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke auch, dass man das aus dem Glauben heraus machen sollte und nicht, weil es alle machen. Immerhin sollte mein Kind ja auch in dem Glauben erziehen und wenn man da gar nicht so dahinter steht, macht es in meinen Augen wenig Sinn.

Ich finde, dass man bei solch wichtigen Entscheidungen schon dahinter stehen muss. Meinem Kind möchte ich beispielsweise die Wahl lassen und es nicht taufen lassen. Wobei der Druck in so einem Dorf natürlich auch höher ist und man das als Städter nicht immer nachvollziehen kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke, das Problem, dass "alle" ihr Kind taufen lassen, kann man heutzutage eigentlich nur noch in irgendwelchen kleinen Dörfern haben. In den Städten sind ja immer auch Atheisten dabei oder auch Muslime, deren Kinder ja auch nicht an Kommunion oder Konfirmation teilnehmen, daher wird da kein Kind das einzige sein, dass davon "ausgeschlossen" ist.

Es kann natürlich auch sein, dass das Kind dann später traurig ist, wenn die Freunde dann zum Kommunions- oder Konfirmationsunterricht gehen dürfen und es selbst nicht, immerhin werden da auch mal Ausflüge und ähnliches gemacht, so war es zumindest bei mir damals. Aber ich hätte mein Kind wohl auch wenn ich in einem Dorf wohnen würde nicht taufen lassen, da ich eben auch der Meinung bin, dass man dahinter stehen sollte, wenn man es macht.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Jessy_86 hat geschrieben:Es kann natürlich auch sein, dass das Kind dann später traurig ist, wenn die Freunde dann zum Kommunions- oder Konfirmationsunterricht gehen dürfen und es selbst nicht, immerhin werden da auch mal Ausflüge und ähnliches gemacht, so war es zumindest bei mir damals.

Ich bin selbst auch nicht getauft und konfirmiert worden und ich bin in einem Nachbardorf von meiner Bekannten groß geworden. Traurig war ich deswegen nie und mir war es egal, dass ich nicht mitreden konnte. Für mich waren solche Sachen nie wichtig, dazuzugehören und ich war schon immer ein Mensch, dem es egal ist, anzuecken. Der Druck im Dorf ist natürlich um ein vielfaches größer als in einer Großstadt, aber mir war das egal und ich habe mich trotzdem nicht bebeugt, um mitreden zu können. Daher finde ich es ziemlich charakterschwach was meine Bekannte da abziehen will.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Deine Bekannte hat meiner Meinung nach nicht mehr alle Tassen im Schrank. Versteht mich nicht falsch: Ich habe kein Problem damit, wenn man sein Kind taufen lässt, weil es dem eigenen Glauben entspricht und genau so wenig habe ich ein Problem damit, wenn man das Kind eben nicht taufen lässt. Aber diese Entscheidung sollte man aufgrund der eigenen Gedankengänge, Überzeugungen oder Einstellungen treffen und nicht deshalb, weil es "eben alle so machen". Das halte ich schlicht und ergreifend für absolut bescheuert und wünsche dem ungeborenen Kind schon einmal viel Spaß mit solchen Eltern. Mein Fall wäre das nicht.

Wir haben unsere Kinder auch nicht taufen lasse. Ich bin schon vor einer Ewigkeit aus der Kirche ausgetreten, meine Partnerin zwar nicht, macht sich aber genau so wenig daraus, wie ich selbst. Es kam für uns gar nicht in Frage, die Kinder schon als Babys taufen zu lassen. Stattdessen wollten wir sie die Entscheidung, ob sie sich taufen lassen möchte, selbst treffen lassen, wenn sie im entsprechenden Alter dafür sind. Unser Sohn hat sich mittlerweile auch taufen lassen während seine ältere Schwester dies nicht wollte.

Beides war für uns absolut kein Problem. Uns war es aber wichtig, dass die Kinder ihre eigenen Entscheidungen treffen können, beziehungsweise die Gelegenheit dazu bekommen. Deshalb wollten wir keines der Kinder taufen lassen, was möglicherweise ihrem Willen widersprochen hätte. Das ist, zumindest unserer Meinung nach, das Fairste den Kindern gegenüber.

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich wurde damals auch nur getauft, weil es alle von meinen Eltern erwartet haben. Zudem war die Taufe immer der Anlass in der Familie, dass die meisten das neue Familienmitglied das erste mal gesehen haben. Somit gehörte das einfach zur Familientradition mit dazu.

Ich habe mich gegen diese Familientradition nun gestellt und habe dafür auch von meiner Familie kein Verständnis bekommen. Mir wurde vorgeworfen das ich meinen Sohn nicht der Familie zeigen möchte, was so nicht der Fall ist. Jeder kann vorbei kommen und meinen Sohn kennenlernen, dazu brauche ich keine Feier ausrichten. Viel mehr ist es so, dass meine Familie einen triftigen Grund braucht ihren Hintern zu bewegen und die 600 Kilometer zu fahren.

Der Grund wieso ich mich gegen die Taufe von meinem Sohn stelle ist folgender, ich war nie gläubig und ich empfand es in meiner Jugend immer als Qual in den Konfirmandenunterricht gehen zu müssen und mir dort Dinge anzuhören, an die ich nicht glaube. Ich bin nach meinem 18. Geburtstag auch ziemlich schnell aus der Kirche ausgetreten. Mein Partner selbst wurde nie getauft und gehörte nie einer Konfession an. Ich möchte meinem Sohn selbst die Wahl lassen, ob er daran glaubt oder nicht. Und wenn er später einmal sagt, dass er gerne getauft werden würde dann werde ich mich dem auch nicht entgegen stellen.

Aber ich bin einfach der Meinung, dass man die Wahl jedem Menschen selbst überlassen sollte ob dieser sich Taufen lassen möchte oder nicht und nicht aus veralteten dörflichen Verhaltensweisen oder gar weil man dazu überredet wird. Hingegen wenn beide Elternteile gläubig sind und das auch selbst möchten, bzw. auch möchten das ihr Kind ebenfalls mit Religion erzogen wird und damit aufwächst, sehe ich das etwas lockerer wenn diese Kinder getauft werden.

Dort haben die Kinder hinterher, spätestens jedoch mit dem 18. Geburtstag die Möglichkeit die Entscheidung der Eltern Rückgängig zu machen. Das einzige Positive an meiner Konfirmation waren die Geldgeschenke die es gab, die haben mich doch über die lästigen Unterrichtsstunden getröstet und dafür gesorgt das ich mit 18 Jahren direkt den Führerschein hatte und mir ein Auto kaufen konnte.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich wüsste gar nicht, wie ich da entscheiden würde. Mein Partner ist auch nicht gläubig und ich denke, dass es da durchaus zu Diskussionen kommen würde. Ich kann aber auch nachvollziehen, dass Kinder irgendwann traurig sind, wenn alle anderen zur Kommunion oder Konfirmation kommen und sie eben nicht.

Ich denke, dass es für ein älteres Kind auch nicht so schön ist, wenn es dann noch getauft wird. Aber im Zweifelsfall und wenn sich die Eltern vielleicht auch uneinig sind, würde ich das Kind lieber auch selbst entscheiden lassen, wenn es alt genug ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde Kindstaufen generell furchtbar. Hier wird einem Kind eine Religion aufgedrückt, die es noch gar nicht verstehen kann. Mit dieser Religion wächst es dann gezwungenermaßen auf und wird von den meist gläubigen Eltern im christlichen Unterricht (bei uns hieß das Christenlehre glaube ich) und im Alltag indoktriniert. Man sollte sein Kind nicht religiös beeinflussen, sondern es von außen in verschiedene Religionen hereinschnuppern lassen. Wenn es dann älter ist, kann es immer noch entscheiden, ob es einer Religion beitreten möchte und wenn ja, welcher.

Noch dazu sein Kind nur taufen zu lassen, damit es dazu gehört, macht den Glauben, der etwas sehr Schönes und Halt gebendes sein kann, zu einem Lifestyle-Element. So etwas geht gar nicht, auch wenn der Großteil der Kinder im Ort getauft ist. Ich bezweifle, dass das Kind deshalb gemobbt oder ausgeschlossen wird. Ich habe von vielen Mobbinggründen gehört, aber der Glaube ist keiner davon.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Nachvollziehen kann ich es nicht. Wie soll sich denn ein Baby ausgeschlossen fühlen, wenn es nicht getauft wurde? Und mit 10 oder 12 Jahren wird doch kein Kind gemobbt, wenn es nicht getauft wurde. Und wenn sich ein Kind ausgeschlossen fühlt oder zum Konfirmandenunterricht gehen will dann kann es sich doch immer noch taufen lassen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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