Würdet ihr auch Schwerverbrechern Freigang gewähren?

vom 01.07.2017, 18:47 Uhr

In Italien ist ganz aktuell einem absoluten Schwerverbrecher während eines Freigangs die Flucht gelungen und nun steht man deswegen etwas Kopf und hat gleich mal eine Großfahndung eingeleitet. Mich wundert dabei nur, dass man solchen Leuten mit mehrfachen Mord-, Raub- und Entführungsdelikten überhaupt einen Freigang gewährt, zumal er ja schon einige Ausbruchsversuche hinter sich hat. Eine Resozialisierung kann ja bestimmt nicht der Hintergrund sein, denn ein Mann mit solch einem Strafregister, der kommt ja bestimmt nicht wieder aus dem Knast heraus. Würdet ihr solchen Schwerverbrechern auch einen Freigang gewähren und was sollte dieser dann bezwecken?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ist das eine Frage des Wollens? Freigang wird vermutlich auch in Italien irgendwie gesetzlich geregelt sein. Und wenn einem Häftling laut Gesetz zusteht, dass er langsam wieder außerhalb des Gefängnisses sein darf, dann ist das sein gutes Recht.

Irgendwann sind die meisten Strafen abgesessen und nicht jeder kommt nach der Haft in eine geschlossene Anstalt. Von daher früher oder später sind ehemalige Schwerverbrecher dann wieder komplett frei.

In dem verlinkten Fall scheint es sich wohl schon um Resozialisierung gehandelt haben. Denn laut dem Text hätte der Entflohene anscheinend zur Arbeit fahren sollen und ist dabei entkommen. Und wenn es hier nur um die Arbeit als solche ginge, hätte man ihn ja auch im Gefängnis einer Arbeit nachgehen lassen können, statt ihn im Freien auf Arbeit zu schicken.

Und auch wenn im Artikel steht, er hätte Lebenslange Haft, heißt das ja nicht zwangsläufig, dass er bis zu seinem letzten Atemzug im Gefängnis sitzen wird. Je nach Gesetzeslage heißt Lebenslang gelegentlich ja nur eine bestimmte Anzahl Jahre.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Es geht ja nicht darum, was ich will oder nicht, weil ich das Gesetz nicht mache. Ich habe zu vielen Themen eine äußerst krasse und festgefahrene Meinung. Ich sage nicht, dass mich Meinungen wie von Cooper, Trüffelsucher oder zum Beispiel von Cloudy nicht auch schon zum Nachdenken und Umdenken bewegt haben, in der Tat. Doch bei Straftätern würde das wohl sehr anders aussehen.

Ich wurde zudem Opfer von sexueller Gewalt gegen mich, als Kind. Das ist alles kein Kavaliersdelikt und wenn ich immer Leute reden höre, die sagen, die Leute sitzen ihre Strafen ab und ich? Ich sitze heute noch, weiß alles als sei es gerade erst passiert usw. An uns "Opfer", um mal wirklich den Zug mitzunehmen denkt doch niemand wirklich.

Meine Kindheitsfreundin und beste Freundin zugleich ist wegen mir im Grunde Psychologin geworden. Sie konnte mein Familienleben mit Gewalt, Drogen, Milieu & Co hautnah sehen. Die Übergriffe kriegte sie auch mit, die Drohbriefe aus dem Knast, die Anrufe und das nachstehen nach der Haftstrafe etc. Ihr war es immer ein Wunsch, mir und anderen "Opfern" zu helfen.

Sie ist jetzt seit mehr als 10 Jahren Psychologin und mittlerweile bin ich sogar bei ihr in Behandlung. Anderen würde ich mich sonst wohl nie öffnen oder sie ernstnehmen, weil das alles zu Lehrbuchhaft ist und keiner davon wirklich weiß, was ich durchmachen musste. Da muss man drin stecken, um es genau zu wissen. Lesen, studieren & Co kann schließlich jeder.

Ich habe wirklich kein leichtes Leben und deswegen bin ich in vielen Dingen auch anders festgefahren. Deswegen um die Frage zu beantworten, ob ich einem Schwerverbrecher "Freigang" geben würde? Kommt drauf an, was getan wurde. Vergewaltiger? Nein! Sexuelle Sadisten? Im Leben nicht! Mörder von Kindern? Auch nicht.

Diebstahl & Co, okay, natürlich schadet man einer Ladenkette usw. Doch das sehe ich anders an, als wenn man einem Menschen das ganze Leben kaputt macht. Natürlich ist das eine unfaire Ansichtsseite, weil auch finanzieller Schaden ein Schaden ist, aber Schaden an Menschen überwiegen für mich.

Sexuelle Gewalt ist ein schweres Thema, die dürften bei mir nie wieder raus. Erst letztens eine Reportage mit einer 28-jährigen Psychologin gesehen, die so überzeugt von ihrer Methode der Therapie ist, dass ich als Opfer der sexuellen Gewalt eigentlich im TV kotzen könnte. Ein 84 Jähriger Patient von ihr, in Deutschland in einer Klinik wohlbemerkt, wurde auch von ihr therapiert und er kam raus? Griff sofort über. Mittlerweile wird er nicht mehr rausgelassen, weil er keine Reue gegenüber Kindesmissbrauch sieht.

Ein anderer von den Leuten ist ein sexueller Sadist. Alleine das kranke Lächeln und wie heruntergespielt er seine Taten runterspielte, weil er ja "nur" ein Stalker sei, war der Hammer. Erst später kam raus, dass er ein schwerer sexueller Sadist ist, der bei seinem Freigang sofort eine Frau nachstellte.

Solche Leute möchte ich nicht auf den Straßen sehen. Doch ich weiß, dass ihr dafür kein Verständnis haben werdet. Doch die meisten hier haben auch nicht das fühlen müssen, was ich fühlen musste, um sowas zu verstehen oder ein "Opfer" zu verstehen.

Leider gibt es aber auch Menschenrechte für diese Menschen, unabhängig von dem, was sie einem antun, sodass auch in Italien oder sonst wo, der Freigang gewährt ist. Für mich hat es bis heute seit meiner Kindheit Gründe, wieso ich eine Liebhaberin der vielen US-Gerichte bin, die solches Volk nie wieder vor die Türe lassen.

Doch es kommt halt immer auf die Art der Strafe an. Nehmt es mir halt nicht übel, da mag ich festgefahren und gemein sein. Doch ich habe auch einen Grund im Gegensatz dazu, so zu denken. Denn ich trage mein Laster mehr als 30 Jahre mit mir und da schreit heute auch keiner nach meinen Rechten! Ganz im Gegenteil.

Also würde ich weiterhin sagen, gewissen Leuten gebe ich keinen Freigang, aber ich habe das nicht zu entscheiden und vertraue da, bis ein Rückfall stattfindet, den Experten. Doch wenn ein Rückfall kommt, bestätigt mich das in der Meinung, dass gewisse Straftäter einfach nicht lernen/heilbar sind. Eben wie Kindesmissbrauch usw.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Hierzulande ist es nun einmal so, dass jeder wieder herauskommt, wenn es keinen Grund für eine anschließende Sicherungsverwahrung gibt. Und wenn man die Leute nach x Jahren einfach auf die Straße setzt, dann kann das nicht gutgehen. Also haben wir verschiedene Möglichkeiten, damit die Menschen in den Alltag zurückfinden können.

Der erste Schritt für Gefangene ohne Fluchtgefahr und ohne Anzeichen dafür, dass sie erneut eine Straftat begehen, wäre das Ausführen. Hier geht es stundenweise mit einem Vollzugsbeamten an die frische Luft. Beim Ausgang darf der Betroffene alleine raus. Dann wäre noch die Außenbeschäftigung möglich, da liegt die Arbeitsstelle außerhalb der Haftanstalt, aber ein Beamter überwacht die Arbeit. Beim Freigang geht der Gefangene alleine arbeiten. Und das ist sinnvoll, weil es die Rückfallquote niedrig hält.

Kätzchen, ich kann verstehen, wenn ein Opfer sich ein System wie in den USA wünscht. Nur bringt es nichts. Strafe ist gut und schön. Nur ist mir wichtiger, dass der Täter nach der Haft anständig bleibt. Denn was nützt die Strafe, wenn es danach wieder Opfer gibt? Unser System schneidet da erheblich besser ab als das der USA. Und nochmals überlegen ist das System in Norwegen.

Man muss mal bedenken, dass die USA nur einen Bruchteil der Weltbevölkerung ausmachen, aber ein Viertel aller Gefängnisinsassen auf der Welt in den USA einsitzen. Die Abschreckung funktioniert nicht. Norwegen dagegen hat einen absoluten Kuschelknast, der Langzeitinsassen gesellschaftsfähig macht und erzielt eine Rückfallquote von nur 16 Prozent. Davon hat die ganze Gesellschaft etwas.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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