Bewerbungsunterlagen auch anonymisiert zulassen?

vom 16.06.2017, 21:50 Uhr

Sollte man vielleicht Fotos in Bewerbungen in Zukunft abschaffen und ist es sinnvoller auf Bilder ganz zu verzichten? Wer z.B. weniger attraktiv oder nicht intelligent aussieht, hat auf den Arbeitsmarkt bestimmt weniger Chancen als ein(e) Gutaussehende(r).

Um alle Vorurteile ganz zu vermeiden, müssten auch die Namen abgekürzt werden dürfen, weil manche Namen wie z.B. Justin oder Mohammed auf dem Arbeitsmarkt immer noch schwer haben. In manchen Ländern wie z.B. in Kanada sind die Bewerbungsfotos wohl keine Pflicht mehr. Würdet ihr euch so ein Verbot für Deutschland wünschen? Wo würdet ihr die Vorteile und Nachteile von anonymisierten Bewerbungsunterlagen sehen?

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» Entenhausen » Beiträge: 181 » Talkpoints: 13,32 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ein Problem ist sicherlich, dass sehr viel auch über den Ersteindruck läuft. Wenn die Person also auf dem Bild eher ungepflegt wirkt, dann kann man davon ausgehen, dass sie auch zur Arbeit so erscheinen wird. Genauso wie beispielsweise bei Piercings, die sind zwar herausnehmbar, aber wenn man es für das Foto nicht macht, dann wahrscheinlich auch nicht für die Arbeit. Sollte Anonymität erlaubt, aber nicht erzwungen, sein, besteht dazu auch das Problem, dass eventuell einfach alle bild- bzw. namenlosen Bewerbungen aussortiert werden, denn wieso sollte man das tun, wenn man "nichts zu verbergen" hat?

Den Ansatz finde ich ja nicht mal schlecht. Ich habe auch schon gehört, dass in einem Orchester mal getestet wurde, denjenigen, die auswählen, die Augen zu verbinden. Dadurch sollte eben rein nach den musikalischen Fähigkeiten gewählt werden, und plötzlich waren deutlich mehr Frauen im Orchester zu finden. Das mag ein Zufall sein, aber es scheint mir wahrscheinlicher, dass da Vorurteile im Spiel sind. Das ist allerdings eine sehr spezifische Situation und sicher nicht auf die meisten anderen Arbeitsplätze übertragbar.

Man muss ja auch bedenken, dass so zwar vielleicht auch die unattraktiveren Leute zum Vorstellungsgespräch kommen, aber die werden dann wahrscheinlich da ausgefiltert. Im Endeffekt würde es also wohl nur einen kleinen Unterschied machen, denn der schlechte Ersteindruck, der sonst vom Bild her gekommen wäre, kommt ja dann im Vorstellungsgespräch. Sicher kann die Person dann versuchen, es wieder auszugleichen, aber das ist meist eher schwierig.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Sind wir mal ehrlich, du musst hier schon lange kein Foto mit anfügen. Aber wer stellt jemanden ein, den er nicht gesehen hat und nicht kennt? Verzichtet man darauf, schießt man sich teilweise ins Aus und ich will schon wissen wen ich da einstelle, sei es von der Nase her oder auch der Kultur her. Einfacher ist es für mich als Arbeitgeber, wenn ich das vorher schon weiß mit den Unterlagen und nicht erst, wenn die Person mir gegenüber sitzt und ich damit dann im Endeffekt meine Zeit verschwende.

Denn manches klappt einfach nicht sonderlich gut und ich brauche für einen Beruf in dem ich Körperkraft und solche Dinge brauche die nur ein Mann erfüllt, hinterher keine Frau einstellen die diese Aufgaben nicht bewältigen kann. Nicht weil ich Frauen hasse oder so, aber es gibt einfach Bereiche in denen Frauen körperlich nach wie vor Unterlegen sind und diese Arbeiten nicht erledigen können. Ob das nun ein Kevin oder ein Mohammed ist, ist mir Wurst solange es zum Rest passt.

Ich hole mir auch keine Rechten mit ins Unternehmen die das offen Leben. Denn wenn ich das schon vorher weiß, dann kann ich auch erahnen zu welchem Stress das mit den restlichen Mitarbeitern führt die eine andere Kultur und eine andere Ansicht haben und nicht jeder differenziert dort Privat von Arbeit und geht solchen Dingen in seiner Freizeit nach, sondern bringt das mit.

Von daher ist die Idee zwar nett, weil man damit das Diskriminieren vermeiden möchte, schafft aber weitere Probleme die mehr Zeit fressen und in Anspruch nehmen als sonst. Denn spätestens wenn das Vorstellungsgespräch stattfindet, sieht man wer vor einem sitzt und ob das ein Kevin ist oder nicht, bekommt man dann ebenfalls mit, gleiches wie Männlich oder Weiblich. Einstellen kann ich dann immer noch jemanden oder es sein lassen, und das Diskriminieren verschiebt man damit nur nach hinten bzw. das aussortieren nach bestimmten Kriterien.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Selbst wenn man die Namen anonymisiert und die Bilder weg lässt, hilft das doch nur bei ganz jungen Leuten, da Unterschiede zu verschleiern. Je mehr Leben ein Bewerber schon hinter sich hat, desto verräterischer wird der Lebenslauf. Da müsste man auch hier eine andere Schreibkultur verordnen. Sonst fällt doch auf, dass die mit Lücken im Lebenslauf vermutlich eher eine Mutter ist, die Familienpausen gemacht hat, im besten Fall jedenfalls oder man sortiert solche Leute gleich aus, denn es könnte ja auch ein Mann sein, der Zeit im Gefängnis verbringen musste.

Und das Beispiel mit der Körperkraft ist ja auch manchmal irre führend. Klar haben viele Männer mehr körperliche Kraft als viele Frauen. Aber ein Mann mit einem ständig wiederkehrenden Problem mit der Bandscheibe, der wird körperlich weniger leisten können, als eine gesunde und fitte Frau. Von daher kommt immer irgendwann an irgend einem Punkt das vereinfachende Denken durch und beeinflusst bei der Personalwahl. Und selbst wenn man nur ganz objektiv auf die Leistungen sieht, kann es trotzdem passieren, dass man als Entscheider im Vorstellungsgespräch vor einem top qualifizierten Menschen sitzt, der einen aber unsäglich an den verhassten Nachbarn oder wen auch immer erinnert, so dass man sich nicht in der Lage sieht, mit so jemanden zusammen in einem Team zu arbeiten.

Von heute auf morgen wird sich das nicht so tiefgreifend ändern. Das heißt nicht, dass ich finde, man sollte das Bewerbungsverfahren nicht langsam mal modernisieren. Aber Wunder sollte man sich nicht erwarten.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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