Für Eltern auf Arbeit ständig einspringen müssen?

vom 22.05.2017, 12:09 Uhr

Ich war neulich bei einer Messe, wo verschiedene Firmen eben Werbung für sich gemacht haben und neue Bewerber anlocken und für sich begeistern wollten. Dabei ist mir dann einer besonders aufgefallen, der meinte, dass sein Unternehmen besonders familienfreundlich sei mit der Begründung, dass sein Chef ja vor kurzem den ersten Enkel bekommen hätte.

Es stellte sich dann auch heraus, dass das Unternehmen eher klein gehalten ist und nur wenige Mitarbeiter hat. Ich fragte dann auch konkret, ob überhaupt Frauen in dieser Branche arbeiten würden, denn ich kenne von meinem Studium her, dass sich für diese Branche ausschließlich Männer interessiert haben. Es stellte sich dann auch tatsächlich heraus, dass Frauen in der absoluten Minderheit waren. Es waren nur zwei Frauen vorhanden (von 25 Mitarbeitern) und davon hatte nur eine Frau tatsächlich Nachwuchs.

Ich fragte also konkret nach familienfreundlichen Arbeitszeiten und da meinte der Mann dann auch, dass immer einer im Büro sein müsste und wenn seine Kollegin (also die mit den Kindern) Bescheid geben würde, dass sie später kommen muss weil ihr Sohn einen Termin beim Arzt hat, dann würde jemand anderes eben einspringen und früher kommen. Er hat das so dargestellt, als wäre alles kein Problem und das tollste Arbeitsklima überhaupt. Ich stelle mir jedoch die Frage, wie toll das Arbeitsklima tatsächlich ist. Da das ja eine Werbeveranstaltung war, wird man bestimmt nichts negatives sagen wollen, selbst wenn es die Wahrheit wäre.

Ich gehe mal von mir aus. Wenn ich kinderlos wäre und ständig länger arbeiten müsste und einspringen müsste, weil der Kollege mit Nachwuchs wieder etwas hat, wäre ich früher oder später ziemlich angefressen und genervt. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass das Verhältnis unter den Kollegen so locker-flockig ist wie dargestellt. Zum Glück gibt es derartige Probleme bei uns im Unternehmen überhaupt nicht, sodass ich mir da keine Gedanken machen muss. Wie seht ihr das? Birgt ein familienfreundliches Arbeitsklima immer auch Konfliktpotential? Wärt ihr begeistert, wenn ihr ständig für Kollegen mit Kindern einspringen müsstet oder wäre euch das egal?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Nun, wollen wir mal nicht übertreiben. Kein Kind der Welt muss ständig zum Arzt oder ist alle Furz lang krank. meine Kinder waren das letzte Mal vor 3 Jahren beim Arzt und das auch nur wegen einer U-Untersuchung. Außerdem haben sie höchstens mal eine Erkältung, die sich von selbst heilt in den allermeisten Fällen und ich selbst war das letzte Mal 2013 mit einer sehr heftigen Grippe und fast 41 Grad Fieber krank geschrieben. Seitdem habe ich nicht einen einzigen Tag auf Arbeit gefehlt, während meine Kolleginnen in der Zeit mindestens jede schon 5 mal krank war.

Es ist absoluter Humbug, dass ständig irgendwelche kinderlosen Leute für Mütter einspringen müssen, die ihren Nachwuchs betüddeln müssen. Um ganz ehrlich zu sein: Ich bin in unserem kleinen Unternehmen mit 50 Frauen die einzige mit kleinen Kindern. Für mich ist noch nie jemand eingesprungen meiner Kinder wegen. Ganz im Gegenteil: Ich muss ständig auf Freizeit mit meinen beiden Jungs verzichten, weil Kollegin A "Migräne" und Kollegin B ein Schnüpfelchen hat. Komischerweise immer direkt vor oder nachdem WE oder Urlaub.

Aber ja, selbst wenn was mit meinen kindern wäre, würden meine Kolleginnen anstandslos für mich einspringen, weil ein kleines Unternehmen nun mal viel enger zusammenarbeitet und die Kollegen sich um einiges näher sind als bei einem Großkonzern. Auch sind die Arbeitszeiten bei uns so angelegt, dass ich als Mutter nicht in Schwierigkeiten komme (Kinder gehen z.B. um 8 Uhr zur Schule, also ordert mich meine Chefin nicht schon um 6 Uhr, sondern überlässt mir den Spätdienst und ist sehr dankbar dafür, weil den sonst niemand freiwillig macht.

» cherrypie » Beiträge: 567 » Talkpoints: 30,94 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich denke auch, dass es einfach darauf ankommt, wie oft jemand dann einspringen muss. Wenn das wirklich recht oft passiert, dann kann ich es schon verstehen, dass es die Kollegen ärgert, aber das ist doch eher selten der Fall, dass Eltern wegen ihrer Kinder so oft ausfallen. Bei meiner Arbeit kenne ich es zum Beispiel auch so, dass es nur hin und wieder so ist, dass die Kollegen mit Kindern wegen der Kinder ausfallen.

Wenn es ein regelmäßiges und häufiges Problem ist, dann würde mich das auch ärgern und ich würde dann auch nicht immer einspringen wollen, wenn ich selber dann kaum noch Freizeit habe. Das kann es auch nicht sein, aber es ist doch schön, wenn es in einem Betrieb geregelt ist und es nicht schlimm ist, wenn Angestellte wegen ihrer Kinder auch mal kurzfristig ausfallen. Solange das nicht zu oft passiert, werden die Kollegen doch auch gerne einspringen, wenn das Betriebsklima stimmt.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich denke es kommt immer darauf an, wie das ganze gestaltet worden ist. Bei dem einen Unternehmen ist es ein Drama wenn das Büro einen Tag nicht besetzt ist und beim anderen bleibt diese Arbeit dann halt liegen und es muss niemand einspringen.

Gleiches ist auch, dass es immer noch herum geht, dass die kinderlosen dauerhaft für die einspringen müssen, die Kinder haben. Bei uns ist es immer das gleiche gewesen wie es hier auch angesprochen worden ist, da wurde mit zweierlei Maß gemessen. Wenn die kinderlosen selbst krank waren mit etwas und sei es nur ein querliegender Furz gewesen, dann wurde dafür Verständnis aufgezeigt auch wenn dafür der Alleinerziehende Vater einspringen musste und sich Gedanken machen wo er die Kinder solange lässt. Musste aber ein kinderloser einmal einen Tag einspringen weil das Kind etwas hatte und derjenige nicht konnte, dann wurde daraus direkt ein Drama gemacht.

Grundsätzlich ist es meine Erfahrung, dass sich die kinderlosen im Nachteil fühlen und direkt ein Fass aufmachen wenn sie einmal einspringen müssen und Eltern die einspringen müssen sich dann zwar ärgern, aber das nicht breit treten und hinterher dann einen Aufstand veranstalten. Denn dafür hätte und habe ich ehrlich gesagt auch nicht mehr die Muse mich für so etwas erklären zu müssen und Rechtfertigen.

Auf mich wurde auch schon mit dem Finger gezeigt, dass ich einen Tag wegen einer U-Untersuchung erst um 10 Uhr gekommen bin anstatt um 7 Uhr wenn der Dienst beginnt. Aber das andere dauerhaft verpennen ohne Kinder und drei mal die Woche erst um 9 Uhr aufschlagen oder auch sich früher vom Acker machen als Dienstschluss ist, damit sie ihren Bus erreichen nach Hause und nicht 30 Minuten auf die nächste Bahn warten müssen, dass interessiert dann komischerweise niemanden. Und das sind geschlossen alles Leute die keine Kinder haben, aber die sind die ersten die mit dem Finger auf einen zeigen wenn sie einmal einspringen müssen.

Ein anderes mal hatte ich Wachdienst und konnte nicht kommen, da mein Sohn mit 42 Grad Fieber in die Klinik kam und dort auch bleiben musste über das Wochenende. Da konnte ich nicht einfach weg und hatte eine Krankschreibung auf ihn. Geplärrt hat ein 21 jähriger der sich beschwert hat, dass immer er ran muss. Er hatte die letzten 2 Jahre nicht einen Wachdienst am Wochenende, ich dagegen alle 2 Monate ein komplettes Wochenende mit Kind.

Ihm ging es nur darum, dass er nicht feiern gehen konnte und ausschlafen wie es ihm gefällt, sondern er 48 Stunden in einer kleinen engen Kammer saß und dort nicht raus durfte. Bis heute werde ich mit dem Hintern von diesem nicht angeschaut wenn wir uns begegnen, weil ich ihm sein heiliges Wochenende versaut habe! Übrigens, durfte ich ungefähr 5 mal in den letzten 2 Jahren für diesen Herren einspringen, weil er komischerweise Freitags dann immer "ein ziehen in der Hüfte" hat und eine KzH (Krank zu Hause) vom Truppenarzt verordnet bekommt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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