Mit Job oder mit Gehalt leben können müssen?
Ich hatte neulich eine ziemlich interessante Diskussion mit einem Bekannten. Dieser Bekannte ist der Ansicht, dass es keine Rolle spielt, was man arbeitet und ob die Arbeit Freude bereitet. Es würde nur wichtig sein, dass man mit dem verdienten Geld auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Spaß an der Arbeit ist für ihn eine Art "Luxusproblem" und kann er nicht wirklich nachvollziehen. Seiner Meinung nach ist Arbeit dazu da, um gemacht zu werden und nicht um Spaß zu machen.
Ich sehe das jedoch anders. Ich finde, dass nicht nur das Geld stimmen muss, sondern auch die Arbeit an sich. Für mich muss ein Job abwechslungsreich sein, aber gleichzeitig auch fordernd. Ich persönlich könnte keinen Job bis zur Rente ausüben, der mich langweilt, vielleicht sogar frustriert und total unterfordert. Da würde ich durchdrehen. Gleichzeitig müsste man von dem Gehalt aber auch leben können. Wenn man trotz einer solchen Arbeit mit H4 aufstocken müsste, würde ich umdenken, wenn mich das betreffen würde.
Wie seht ihr das? Muss man mit einem Job eurer Meinung leben können oder nur mit dem Gehalt? Wo setzt ihr eure Prioritäten? Könntet ihr einen frustrierenden Job ausüben und das über Jahrzehnte, nur weil das Geld akzeptabel ist? Oder käme das für euch nie in Frage?
Ich denke, dass man schon Spaß bei dem haben sollte, was man sein Leben lang machen möchte. Das heißt nun aber auch nicht, dass man so eine Arbeit sofort findet und man dazwischen nicht mal nur einfach wegen dem Geld arbeiten geht. Ansonsten finde ich es auch nicht schlimm, wenn man aufstocken lassen muss. Wenn der Job trotzdem Spaß macht, ist das doch in Ordnung, wenn man trotzdem alles irgendwie stemmen kann. Es ist immer noch besser als voll Harz 4 zu beziehen.
Da habe ich erst neulich etwas Interessantes darüber gelesen! Historisch gesehen ist nach diesem Artikel die Vorstellung, Arbeit müsse Spaß machen und erfüllen und generell ein Plus an Lebensqualität darstellen, mehr oder weniger eine Idee der Frühen Neuzeit. Den längsten Teil ihrer Geschichte haben die Menschen gearbeitet, um zu überleben, und wenn es irgend ging, die Arbeit an Sklaven, die niederen Bevölkerungsschichten und wahrscheinlich an Frau und Kinder abgewälzt. Arbeit galt als Buße und Strafe, Müßiggang war das Ideal.
Und die allermeisten Leute mussten eben auf dem Feld buckeln, um etwas zu essen zu haben, oder sind Korbflechter geworden, weil ihre Familie seit Generationen Korbflechter ist und weil sie schon mit fünf Jahren Weidengerten geschleppt haben. Spaß hatte man dennoch reichlich, aber eben an Feiertagen oder wenn saisonbedingt weniger zu tun war. Vorausgesetzt, die Hungersnot ist ausgeblieben.
In dem Artikel hieß es auch, dass die Idee, Arbeit müsse immer Spaß machen und sinnvoll sein, auf die sowieso schon gestressten modernen Arbeitnehmer eher noch zusätzlich Druck ausübt, weil es eben nicht mehr genügt, seinen Job ordentlich zu machen, und viele Leute sich schon deswegen schlecht fühlen und unzufrieden bis frustriert sind, weil sie ihre Arbeit zwar gut können und auch akzeptabel finden, aber eben nicht so sehr lieben und dafür "brennen", wie es ihnen Gesellschaft und Medien vorschreiben, sondern ihre Erfüllung eher in der Familie oder Freizeit finden. Unter dieser Prämisse gedeihen die üblichen Zivilisationsprobleme wie Burnout oder Depressionen auf Grund von vermeintlicher Unzulänglichkeit natürlich besonders gut.
Von daher bin ich eigentlich auch der Meinung, dass einen der Job zwar nicht bis aufs Blut frustrieren sollte, aber dass man sich auch damit arrangieren kann, wenn das Gehalt stimmt, und die Arbeit zumindest akzeptabel ist und einem leicht genug von der Hand geht, sodass noch Energie für andere Dinge übrig bleibt. Außerdem sind die Zeiten lange vorbei, zu denen man "sein Leben lang" Körbe flechten musste, weil man nichts anderes gelernt hat. Viele Leute haben die unterschiedlichsten Jobs in ihrem Leben, machen sich selbständig oder satteln auf halber Strecke komplett um. Aber dafür muss man dann meistens finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, weswegen viele Leute nach meinem Eindruck dann doch lieber bei ihrem ungeliebten, nicht erfüllenden und unglamourösen Broterwerb bleiben und lieber jammern, als etwas zu ändern.
Die meisten die jammern und damit unzufrieden sind, bekommen ihren Hintern nicht hoch und ändern daran etwas. Die Gründe warum es nicht gemacht wird sind unterschiedlich. Der eine sagt er ist zu alt für etwas neues, der andere will keine finanziellen Einbußen in Kauf nehmen und andere ist einfach nur zu faul. Sicherlich baut das Druck auf einen auf, wenn man unzufrieden ist in seinem Job aber die wenigsten ändern daran etwas.
Zudem sich auch die Interessen ändern und es nun nicht mehr unüblich ist, dass man in seinem Leben mehrmals etwas neues macht und nicht von der Ausbildung bis zur Rente das gleiche macht. Ich fand die Medizin auch super und Rettungsdienst, aber irgendwann kam der Punkt wo es mich genervt hat und frustriert und habe etwas anders gemacht.
Bereut habe ich es nicht, zwar vermisse ich es manchmal schon noch etwas, manchmal nervt und frustriert mich auch mein neuer Job aber insgesamt gesehen ist das für mich ein reines Luxusproblem. Zwar verbringe ich viel meiner Lebenszeit auf Arbeit, aber Spaß kann ich auch hinterher in der Freizeit und Urlaub haben, dass das nicht an der ersten Stelle steht. Ein Job muss mich geistig und körperlich fordern, Lebensunterhalt sollte bestritten werden können damit und danach kommt alles andere.
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