Als Pastor teures Auto fahren?

vom 05.06.2017, 15:34 Uhr

Mal ganz davon abgesehen, dass es wohl niemanden etwas angeht, welches Auto eine Person unabhängig von ihrem Job fährt, wundert es mich immer wieder, mit welcher Doppelmoral manche Leute auf Mitmenschen mit geistlichen Berufen schauen. Einerseits ist es schon lange nicht mehr schick und "in", sich persönlich mit der christlichen Religion zu identifizieren und zu beschäftigen, andererseits werden die paar verstreuten Hanseln, die sich tatsächlich noch für eine geistliche Laufbahn entscheiden, immer noch an in meinen Augen völlig überzogenen Moralvorstellungen gemessen. Gerade so, als müssten die verbliebenen Geistlichen das Defizit an Religiosität in der breiten Bevölkerung persönlich auf sich nehmen und durch doppelte und dreifache "Christlichkeit" wieder ausgleichen.

Ich sehe das so: Wenn man mit dem ganzen organisierten Religions- und Kirchenkram nichts am Hut hat, ist Pfarrer oder Pastor doch eigentlich nur ein Job wie jeder andere. Wenn man davon absieht, dass hier jemand dafür bezahlt wird, mit einem unsichtbaren Opa im Himmel zu sprechen, wie es viele Leute so gern darstellen. Und dann kann die Person ihr Gehalt doch schließlich ausgeben, wofür sie will. Bei einem Ingenieur oder höheren Beamten schreit ja auch keiner, dass derjenige gefälligst eine billige Schrottkarre zu fahren und den Differenzbetrag an hungernde Kinder in Afrika zu spenden hat.

Oder man nimmt das religiöse Drumherum ernst. Dann ist man von Gottes wegen verpflichtet, selber mit gutem Beispiel voran zu gehen und nicht mit dem Finger auf andere und deren tatsächliche oder vermeintliche moralische Verfehlungen zu deuten und über sie herzuziehen. Die Vorgaben sind da sehr genau und unmissverständlich. Aber die Leute, die tatsächlich und bewusst auf nennenswerten materiellen Besitz verzichten und statt dessen lieber anderen helfen, denen es schlechter geht, sind a) selten und b) gehen mit ihrer Wohltätigkeit in der Regel nicht hausieren. Es ist eben einfacher und billiger, mit zweierlei Maß zu messen und anderen Leuten vorzuwerfen, was man selber auch nicht anders machen würde.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



@Zitronengras: Das hat doch nichts mit überwachen zu tun. Dieselfahrzeuge sind meist als solche gekennzeichnet. Dass der Pastor im Dorf nicht viel Auto fährt kriegt man eigentlich mit. Meine Nachbarn wissen da auch gut bescheid, wann ich weg bin und wann mein Auto vor der Tür steht.

Ich bin in keinster Weise neidisch, warum auch? Was sollte ich mit einem teuren komfortablen Auto, wenn ich nur selten damit fahre? Wenn ich so ein Fahrzeug haben wollte könnte ich mir eins kaufen. Nein ich bin viel mehr enttäuscht.

Wer gibt denn dir das Recht, zu entscheiden, wofür andere ihr Geld ausgeben dürfen und ob sie das dann brauchen, was sie kaufen?

Die Bibel. Diese spricht von Bescheidenheit. Diese sehe ich bei solch einem Fahrzeug nicht. Für Geistliche sollten die Gebote der Bibel aber erst recht gelten.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Sternenbande hat geschrieben:Das Auto ist definitiv neuer als 2011 und wer 4 dicke Auspuffrohre braucht fährt bestimmt keine 100PS. Und wozu braucht man einen Diesel, wenn man kaum fährt?

Es gab 2014 eine Modellpflege, ansonsten gibt es keine Möglichkeiten, das Baujahr anhand der Optik näher einzugrenzen. 2014er gibt es ab ca. 15.000 €, es bleibt somit immer noch ein erschwingliches Fahrzeug der oberen Mittelklasse (nicht Oberklasse, das wäre der A8), ein neuer Golf ist teurer. Es ist nur das Markenimage, das den Wagen hochpreisig erscheinen lässt.

Um den Motor anhand des Auspuffs zu identifizieren bin ich nicht genug in der Audi-Materie, aber ich finde kein A6-Modell, das ab Werk eine 4-Rohr-Anlage hat. Selbst das fast 600PS-starke Topmodell RS6 hat, soweit ich sehe, nur 2 Rohre (ich räume ein, dass ich den jetzt auch leicht deplatziert fände). Das wird vermutlich ein nachgerüsteter Sportauspuff sein, vielleicht sind es auch nur preisgünstige Blenden.

Sprich ihn doch einfach mal an. Wird ihn sicher auch interessieren, welchen Eindruck er damit in der Gemeinde hinterlässt. Als junger Mensch hat er sich darüber vermutlich gar keine Gedanken gemacht und freut sich einfach nur, sich ein Auto seiner Wünsche leisten zu können.

Aus Notwendigkeit fährt so etwas auch niemand, das ist der falsche Gedankengang. Es geht mehr um Lebensfreude und Lebensqualität. Als ich arbeitslos war, habe ich trotzdem meinen großen Mercedes behalten, obwohl ich fast nur noch Stadtverkehr fuhr und sogar alles fußläufig erreichen konnte. Denn das Auto und damit zu fahren habe ich nun mal geliebt und mit meinem Auto-Hobby konnte ich am besten vom Alltag und allen Problemen abschalten.

Für viele Menschen sind Autos nun mal keine Gebrauchsgegenstände, die nur nach Nutzen und Wirtschaftlichkeit bewertet werden. Sondern Leidenschaft und eher Spaßobjekte mit hohem Nutzfaktor. Der Mann hat halt "Benzin im Blut", ist keine Seltenheit hierzulande.

Dass Menschen, für die Autos nur etwas sind, das sich günstig von A nach B bewegen muss, das nicht mal im Ansatz nachvollziehen können, ist ja bekannt. Das ist umgekehrt aber exakt genauso.

Sternenbande hat geschrieben:Die Bibel. Diese spricht von Bescheidenheit. Diese sehe ich bei solch einem Fahrzeug nicht. Für Geistliche sollten die Gebote der Bibel aber erst recht gelten.

Missgunst sieht die Bibel aber auch nicht gerne. Nun lass ihm doch sein Hobby, einen ollen A6 kann sich schließlich jeder holen, der nicht gerade auf Hartz IV ist, wie Du siehst. Und wer weiß schon, was Jesus heute fahren würde, um mal abzuschalten? :D

» Paulie » Beiträge: 554 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Es gab 2014 eine Modellpflege, ansonsten gibt es keine Möglichkeiten, das Baujahr anhand der Optik näher einzugrenzen. 2014er gibt es ab ca. 15.000 €, es bleibt somit immer noch ein erschwingliches Fahrzeug der oberen Mittelklasse (nicht Oberklasse, das wäre der A8), ein neuer Golf ist teurer. Es ist nur das Markenimage, das den Wagen hochpreisig erscheinen lässt.

Genau, finde ich gut dargestellt. Hätte der Mann einen Golf, sagt keiner was. Aber der A6 sieht nach mehr aus, auch wenn er gebraucht günstiger gewesen ist und schon zerreißt sich die Gemeinde. Ein neuer Dacia Duster kostet auch 14.000. Der preisliche Unterschied ist nicht groß.

Wenn der Mann stattdessen ein anderes nutzloses Hobby hätte, von dem man genauso sagen kann, dass es unnötig ist (wobei ja eigentlich alle Hobbys unnötig sind) - dass er Sportkarten sammelt oder Steine oder diverse Tiere hält - da würde man vermutlich nichts sagen. Aber ein Auto, das so aussieht, als wäre es teuer, das ist natürlich ganz schlimm.

Das hat doch nichts mit überwachen zu tun. Dieselfahrzeuge sind meist als solche gekennzeichnet. Dass der Pastor im Dorf nicht viel Auto fährt kriegt man eigentlich mit. Meine Nachbarn wissen da auch gut bescheid, wann ich weg bin und wann mein Auto vor der Tür steht.

An einem kleinen Symbol hinten auf der Heckklappe, dass man nur aus der Nähe erkennt und das bedeutet, dass da jemand schnüffeln gewesen sein muss. Du hast vielmehr einen Grund, von dir selbst enttäuscht zu sein, dass du es dem Mann nicht gönnst und dich nicht einfach für ihn freuen kannst. Und nur weil andere in der Nachbarschaft herumschnüffeln, macht es das nicht besser. Leben und leben lassen.

Die Bibel. Diese spricht von Bescheidenheit. Diese sehe ich bei solch einem Fahrzeug nicht. Für Geistliche sollten die Gebote der Bibel aber erst recht gelten.

Bist du Christ? Ich glaube nicht oder? Denn so richtig viel scheinst du nicht über den Glauben zu wissen, da du einfach nur die Vorurteilskeule schwingst. In den zehn Geboten findet sich das schon mal nichts, was deine Argumentation unterstützen würde. Da haben wir nur Fremdgötterverbot (1), Gottes Namen nicht missbrauchen (2), Feiertag heiligen (3), Eltern ehren (4), nicht töten (5), nicht ehebrechen (6), nicht stehlen (7), nicht lügen (8), des Nächsten Haus nicht begehren (9), Eigentum anderer nicht begehren (10). Und im neuen Testament wird das zusammengefasst als „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Da steht nicht „kauf dir kein schönes Auto“ oder „leiste dir nichts“.

Wenn es in der Bibel irgendwie um Reichtum oder Bescheidenheit geht, auch wenn das nicht immer wortwörtlich angesprochen wird, dann ist eher damit gemeint, dass man sich nicht für etwas Besseres halten soll. Man soll nicht auf andere herabschauen und verächtlich von anderen denken. Es geht nicht darum, dass man sich nicht auch mal etwas leisten dürfte oder sich an einem teuren Gegenstand freuen dürfte. Mit dem Aufruf zur Demut ist die Warnung verbunden, dass manche nie zufrieden sind, immer besser sein wollen als andere, mehr haben wollen, immer ein Streben nach Konkurrenz da ist.

Bescheidenheit heißt dann nicht, dass man auf alles verzichtet, was etwas mehr kostet (oder danach aussieht), sondern es meint, dass man nicht nach immer mehr streben soll, sondern auch zufrieden sein soll mit dem, was man hat, weil man sonst immer unruhig und gehetzt ist. Der Reiche, der in biblischen Texten kritisiert wird, der wird nicht kritisiert, weil er reich ist, sondern weil er auf andere herabschaut und nach immer mehr strebt. Und wenn man auf jemanden herabschaut, weil man den wegen seines teuren Autos für unmoralisch hält, dann beißt sich die Katze in den Schwanz, denn dann würde man viel eher gegen diesen Grundsatz verstoßen, weil man sich dann gedanklich erhöht (ich bin besser als der unmoralische Kirchenmann, der so ein Protzauto hat) und eben in diesem Sinne nicht bescheiden ist.

Wer denkt, dass Christen oder kirchliche Amtsträger wirtschaftlich bescheiden leben müssen und sich nichts leisten dürfen, der versteht den Kern der Aussagen nicht. Es ist absolut legitim, wenn sich auch ein Pfarrer mal was leistet. Denn er hat das Geld verdient und kann damit, genau wie alle anderen auch, machen was er will. Es zwingt ihn keiner - auch nicht der Glaube - sein Gehalt zu spenden und auf einem Esel durchs Dorf zu reiten.

Viel christlicher wäre es, wenn man sich für ihn freut. Siehe zehntes Gebot. Wenn man sich sagt „Toll, der hat so ein schönes Auto und kann sich daran freuen, ich freue mich auch für ihn“. Das wäre Bescheidenheit - dankbar sein für das, was man hat, anderen nichts missgönnen, kein Richten über andere, kein „das darf der als Pastor aber nicht, das ist zu teuer“.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 07.06.2017, 20:49, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich würde das nun gar nicht komisch finden und das daran festmachen, was jeder für einen Geschmack hat. Auch einen Audi A6 bekommt man billig als Leasingfahrzeug oder gebraucht als Jahreswagen, dass dieser dann auch nicht mehr wesentlich teurer ist, als wenn man sich einen Nagelneuen Golf mit der Vollausstattung in den Hof stellt.

Wie will man daran etwas fest machen? Manch einer der ein klappriges altes Auto fährt, hat ein dickes Bankkonto und ihm ist ein schickes tolles Auto eher nicht wichtig und andere legen dort jeden Cent drinnen an, nehmen noch Kredite auf damit sie sich die dicken Karren finanzieren können damit sie auch ein schickes Auto fahren können.

Ich würde dem nun so gar keine Bedeutung zumessen mit was der Pastor nun unterwegs ist, sei es nun der Eselskarren oder auch ein Porsche, es ist sein Leben und er muss es sich leisten können warum sollte ich mich da einmischen und aufregen? Er bekommt für seinen Job ebenfalls Gehalt und für was er das auf den Kopf haut, ist doch ganz alleine seine Sache und solange er seinen Job erfüllt und alles gut macht, wo ist das Problem an einer dicken Karre die privat gefahren wird?

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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