Wenn man gesund lebt braucht man keine Impfung?
Ein Bekannter von mir hat neulich eine These aufgestellt, die ich persönlich in die Schublade "Verschwörungstheorie" stecken würde. In meinen Ohren klingt sie einfach viel zu abgespaced, aber gut. Jedem das seine. Er hat die These aufgestellt, dass wir Menschen doch gar keine Impfungen bräuchten, wenn wir uns gesund ernähren würden. Wenn man auf die ganzen Nahrungsmittel mit Konservierungsstoffen verzichten würde, sondern nur noch natürliche und "reine" Lebensmittel konsumieren würde, bräuchte man gar keine Impfung.
Denn diese ganzen chemischen Konservierungsstoffe würden dafür sorgen, dass das Immunsystem geschwächt wird und damit anfällig für Masern und andere Erkrankungen wäre, gegen die man sich hinterher impfen lassen müsste. Seiner Meinung nach würden die Nahrungsmittelindustrie und die Pharma-Industrie zusammenarbeiten in dieser Hinsicht.
Dass ich diese These nicht wirklich glauben kann oder will, habe ich ja bereits gesagt. Dass chemische Konservierungsstoffe nicht gut für die Gesundheit sind, glaube ich sogar. Aber dass man auf den Verzicht derselben keine Impfungen braucht und praktisch "immun" ist, glaube ich überhaupt nicht. Wie seht ihr das? Bräuchte man keine Impfungen, wenn man nur natürliche Nahrungsmittel konsumiert? Oder haltet ihr das für Blödsinn?
So eine Behauptung kann man mit einem Blick in die Geschichte ganz leicht widerlegen. Wann wurden diese ganzen Zusatzstoffe für Nahrungsmittel in Massen auf den Markt gebracht? Eigentlich erst nach dem zweiten Weltkrieg, da fing das langsam an.
Wann waren große Epidemien mit Typhus, Kinderlähmung, Pocken und solchen Krankheiten? Schon viel früher. Also eigentlich zu Zeiten als die Menschen alles noch in Bio-Qualität gegessen haben. Eben weil damals chemische Spritzmittel und so weiter noch nicht erfunden waren. Deshalb kann ein zurück zu gesundem Essen keine Epidemien verhindern, höchstens die Abwehrkraft stärken, dass man mit solchen Krankheiten besser zu Rande kommt.
Wenn die chemischen Substanzen in unserer Nahrung nicht währen, hätten vermutlich weniger Menschen Allergien und Krebs. Aber bei Infektionen wird die Wirkung der Nahrung nach meiner Ansicht von solchen Leuten überschätzt und zu kurzsichtig argumentiert.
Wie bei den meisten Verschwörungstheorien gilt auch hier: Bildung hilft.
Lernt man nicht bereits in der Schule im Biologieunterricht, wie das Immunsystem arbeitet? Wir hatten das Thema mal in der siebten oder achten Klasse. Natürlich wurde es nur in Grundzügen einmal grob umrissen und nicht auf Hochschulniveau vermittelt. Wenn sich dein Bekannter ein wenig informieren würde wüsste er, dass diese Theorie Schwachsinn ist.
Das Immunsystem erstellt ja nicht allein durch gesunde Ernährung, die frei von jeglichen vom Menschen hinzugefügten Stoffen ist, Antikörper. Dazu muss sich der Körper zu allererst einmal mit der Krankheit angesteckt haben, heißt mit den Bakterien oder Viren in Kontakt getreten sein. Dies allein führt ja oftmals schon zu einem Ausbruch der Krankheit. Nur dann kann das Immunsystem Antikörper herstellen, die dich immun machen. Durch die hohe Mutationsrate der Erreger in jedem Körper kommt es aber oft vor, dass die Antikörper nicht mehr greifen und man sich wieder ansteckt. Deshalb werden auch Medikamente immer weiter entwickelt.
Eine gesunde Ernährung stärkt einzig das Immunsystem und hilft ihm bei der Bekämpfung der Erreger, dass war es dann aber auch schon. Wie bereits Trüffelsucher schon anmerkte, sieht man ja anhand der Geschichte allein schon, dass die Theorie nicht stimmen kann. Beispiele hierfür gibt es viele. Ein besonders bekanntes ist zum Beispiel die Pest, die im Mittelalter die Hälfte der Menschheit dahingerafft hat, diese Menschen hatten ganz sicher niemals Kontakt mit unseren Konservierungsstoffen oder sonstigen Schadstoffen.
Ich habe mir ebenfalls mit dem Gedanken an die geschichtlichen Hintergründe mit der flachen Hand gegen die Stirn gehauen. Wie kann man nur so einen Blödsinn verzapfen, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken?
Auch wenn man so gut wie keine Hintergrundinformationen aus der Geschichte und der Biologie hinzuzieht, ist die Aussage Quatsch. Das Immunsystem wird nicht nur von der Ernährung beeinflusst. Selbst wer sich perfekt ernährt, hat kein perfektes Immunsystem. Man könnte sich trotzdem verletzen oder emotionalen Stress haben und dann ist der Körper geschwächt, wenn man auf eine Krankheit trifft. Zudem sind wir auch Umwelteinflüssen ausgesetzt, die wir nicht beeinflussen können, die unseren Körpern auch zusetzen.
Die Ernährung ist der eine Punkt, den wir mehr oder weniger leicht steuern können. Hinzu kommt die Hygiene. Aber alles andere - Umwelteinflüsse, andere Menschen und deren Hygiene - kann man nicht beeinflussen. Und so wird man immer Krankheitserregern ausgesetzt sein. Und daher bekommen auch Menschen, die sich sehr gesund ernähren mal eine Erkältung. Wie man da auf die Idee kommen kann, dass man Impfungen gegen tödliche Krankheiten weglassen könnte, ist mir echt schleierhaft.
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