Andere Menschen für Charakter verantwortlich machen?

vom 29.10.2016, 19:06 Uhr

Meine Freundin rechtfertigt sich ganz gerne mal für ihre Macken. Nicht immer reagiert sie so, wie es angebracht wäre, wobei das ja nicht so schlimm ist. Jeder hat ja seine Fehler und Macken und jeder hat eben auch einen unterschiedlichen Charakter.

Wenn die Freundin etwas macht, was nicht so gut ankommt, dann schiebt sie das immer auf ihren Vater, von dem sie den Charakter geerbt hat. Sie meint dann immer aus Spaß, dass ihr Vater schuld wäre, da er sie nicht nur so erzogen hätte, sondern dass er selbst genauso sei. Von daher könne sie gar nicht anders und es sei eben nicht ihre Schuld, dass sie entsprechend handeln würde.

Macht ihr auch schon mal andere Menschen für euren Charakter verantwortlich? Würdet ihr das als Ausrede überhaupt gelten lassen? Ist das für euch überhaupt eine Ausrede oder findet ihr solche Aussagen völlig gerechtfertigt?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich denke schon, dass man gewisse Charakterzüge von seinen Eltern mitbekommt. Aber ich finde, dass man es sich schon leicht macht, wenn man dies dann auf seinen Vater oder seine Mutter schiebt. Das wäre ja dann quasi ein Freifahrtschein, warum diesen und jenen Charakterzug hat. Ich denke, dass da schon jeder für sich selbst verantwortlich ist und man es sich eindeutig zu leicht macht, wenn man dies dann eben auf ein Elternteil abwälzt.

Mir wurde auch schon gesagt, dass ich ein paar Charaktereigenschaften eindeutig von einem Elternteil habe. Aber ich habe das nie benutzt, um zu sagen, dass ich für gewisse Handlungen eben nichts kann, da dies vererbt wurde. Das wäre mir auch ehrlich nie in den Sinn gekommen und würde das auch nach wie vor nie machen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Sicher ist es so, dass man durch die Eltern sowohl erblich als auch durch die Erziehung geprägt wird und sich dadurch natürlich auch der Charakter formt. Auch wenn deine Freundin diese Ausrede scheinbar als Spaß gebraucht, glaube ich, dass bei ihr sicher auch ein wenig Ernst dabei ist, wenn sie das sagt. Ich würde eine Ausrede so aber eher nicht verwenden, weil man immer auch an sich arbeiten kann und nicht immer anderer für den eigenen Charakter verantwortlich machen kann.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Natürlich werden wir alle von den Eltern und deren Einfluss geprägt, aber das ist doch auch nicht alles. Man bestimmt immer noch selber was aus einem werden soll und wie man werden möchte. Meine Eltern sind beispielsweise auch ganz anders als ich. Ich wollte nicht so sein, auch vom Charakter her und habe es deswegen anders gemacht. Keiner muss so sein, wie seine Eltern ihn geprägt haben.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich mache niemand anderen für meinen Charakter verantwortlich. Sicherlich sieht man von den Eltern einiges und stellt dann für sich selbst fest, ob man das möchte oder nicht, aber im Endeffekt hat jeder das Zepter dazu selbst in der Hand ob er sich davon manipulieren lässt oder auch nicht. Auch eine komplette Abwendung von den Eltern ist nichts weiter als eine Manipulation, zudem das ohnehin nicht gelingt da auch einiges genetisch mit vererbt wird und das kann man nicht so ohne weiteres abstellen. Daher bleibt immer ein kleiner Teil übrig bei dem man so drauf ist wie seine Eltern, egal ob man sich das eingesteht und ob es einem in den Kram passt.

Das aber als Ausrede zu missbrauchen ist einfach nur erbärmlich. Deine Freundin ist doch nun erwachsen und hat ihr eigenes Leben in der Hand. Sprich sie kann ihren Charakter ändern und anpassen nach ihren eigenen Vorstellungen und braucht dafür niemand anderen weiter verantwortlich machen, denn es liegt nun alleine an ihr. Und das nicht erst seit heute, sondern auch schon die Jahre davor seitdem sie bewusst denken kann und ihre eigenen Meinungen bilden.

Ich würde nicht behaupten, dass ich das komplette Gegenteil bin von meinen Eltern. Durchaus haben sie auch positive Charakterzüge mitgegeben, wie die Belastbarkeit, Zielorientiert, Leistungsorientiert. Dabei waren auch negative Dinge wie Jähzorn, aber das muss man nicht übernehmen und kann es kontrollieren wenn man möchte. Ich habe auch meine Situationen wo ich alles kurz und klein hauen könnte, aber im Unterschied zu meinem Vater kann ich diese Wut kontrollieren und muss nicht auf alles und jeden eindreschen der gerade im Weg steht wenn das aufkommt. Das unterscheidet mich vom Charakter doch schon um einiges, da es dazu auch Stärke braucht die er in meinen Augen nicht hat und die mir auch von Seiten meiner Mutter nicht vorgelebt worden ist, die immer nur Ja Sagend in der Ecke gesessen ist.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich sehe das so wie Sorae. Wenn man wirklich möchte, dann kann man seinen Charakter auch verändern und anpassen. Wenn man mich und meine Eltern zum Beispiel ansieht. Ich finde manche Charaktereigenschaften, die ich von ihnen geerbt habe, positiv, andere wiederum negativ. Die negativen habe ich gezielt versucht zu ändern und zum größten Teil ist es mir bisher auch gelungen, wobei der Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Wenn man das wirklich möchte, dann findet man auch Wege zum Ziel und erfindet nicht ständig neue Ausreden.

Ich finde es traurig, peinlich und beschämend, wenn eine erwachsene Frau die Verantwortung für ihre Einstellung und für ihr Handeln und ihr Wesen, ständig auf andere Personen schiebt statt selbst dafür gerade zu stehen. Von so einer Freundin hätte ich mich schon längst distanziert. Denn ich hätte keine Lust mir ständig das Gejammer anzuhören, dass man doch nichts für seinen schlechten Charakter könnte, obwohl sie erwachsen ist und es selbst in der Hand hat.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich denke, dass unterschiedliche Faktoren dazu beitragen, den Charakter eines Menschen zu formen, wozu natürlich auch die Erziehung und die Wesenszüge der Eltern und sonstigen Bezugspersonen gehören, die diese bewusst oder unbewusst übernommen haben und weitergeben.

Auch meine Eltern haben natürlich keine perfekte Erziehung hingelegt und waren auch selber keine vollkommenen Menschen, aber ich würde nie auf die Idee kommen, ihnen vorzuwerfen, dass ich so geworden bin, wie ich bin. Hätte ich Kinder, würde ich bei der Erziehung sicher auch mein Bestes geben, aber dennoch Etliches vermasseln.

Andererseits halte ich es auch für nicht wirklich praktikabel, davon auszugehen, man könne seinen eigenen Charakter nach Belieben formen. So gut kennt sich erstens keiner, und zweitens stellt sich mir die Frage, ob man wirklich nicht mehr jähzornig, träge oder arrogant ist, wenn man im Lauf der Jahre lernt, kein Geschirr mehr an die Wand zu schmeißen, den Hintern vom Sofa zu lüpfen oder sich nicht mehr anmerken zu lassen, dass man alles und jeden für den letzten Dreck hält.

Selbsterkenntnis ist in meinen Augen nicht nur die Voraussetzung dafür, an seinem Charakter zu arbeiten, sondern auch ein schwieriges Unterfangen, welches sehr viel Kritikfähigkeit, analytisches Denken und auch eine gewisse Demut erfordert. Ich kenne jedenfalls sehr viele Menschen, die sich bei jeder Gelegenheit breitbeinig hinstellen und verkünden "Ich bin nun mal so, und alle anderen können mich", oder die sich selbst für konfliktfähig, charakterstark oder ehrgeizig halten, während ihre Umwelt sie eher als wehleidig, dickschädlig oder verbissene, arrogante Streber hält. Die Leute, die ernsthaft versuchen, sich charakterlich oder menschlich zu verbessern, stellen meines Erachtens eher absolute Ausnahmen dar.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Inwieweit Gene da eine Rolle spielen, kann ich nicht sagen. Aber Fakt ist, dass es definitiv eine Erziehungssache ist. Nicht nur, aber eben auch. Und wenn die Mutter hysterisch ist, dann ist zu erwarten, dass sich ein Kind das abschaut. Ob es dann nun auch von Natur aus leicht hysterisch ist, oder ob es das nur "nachspielt" ist dann etwas anderes.

Ich würde mich da schon als gesunde Mischung aus meinen Eltern betrachten, aber ich habe definitiv einige Charakterzüge meines Vaters. Sei es Zufall, oder Vererbung (Erziehung kann es hier nur bedingt sein). Leider sind das Charakterzüge, die weniger vorteilhaft sind und ich musste mir von meiner Mutter auch anhören das ich wie mein Vater bin, aber dazu sage ich dann nur, dass ich herzlich wenig dafür kann, denn es ist schließlich der Mann, den sie sich ausgesucht hat und nicht ich. Das macht es nicht besser, ist aber nun einmal so.

Deswegen sollte man wohl gucken, ob man mit den Macken des Mannes oder der Frau klar kommt, weil es wohl möglich ist, dass das eigene Kind ebenso wird.

Problematisch ist, dass man da so gut wie nichts dagegen machen kann, ohne sich vollkommen zu verbiegen. Ich kenne meine Charakterschwächen und wann immer ich versuche, die nicht an den Tag zu legen, habe ich Bauchschmerzen, weil man dann eben nicht man selbst sein kann. Anstrengend ist das definitiv. Aber ja, ich kann nichts dafür. Den Charakter formt man nun einmal nicht selbst. Das sind halt, so oder so, schon zum großen Teil die Eltern und das restliche Umfeld.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich kenne eine Frau, die aufgrund von ihrer Erziehung sehr verantwortungslos ist. Sie wurde schon früh von Zuhause rausgeschmissen und musste sich selbst durchs Leben beißen, wobei sie sich wie ihre Mutter auch verschuldet hat und manchmal wie die Mutter auch zu viel Alkohol trinkt.

Außerdem schnorrt sie sich oftmals durch oder ernährt sich zu Monatsende immer nur von Wasser, weil das Geld nicht reicht. Sie macht ihre Mutter indirekt für ihre Misere verantwortlich, aber versucht sich zu bessern, auch wenn es ihr schwer fällt.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9228 » Talkpoints: 24,02 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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