Wem im Todesfall Beileid aussprechen?

vom 04.05.2015, 13:14 Uhr

Eine Bekannte von mir, mit der ich häufiger telefoniere, wohnt in einer Gegend Tür an Tür mit ihren Großeltern und ihrem Großonkel auf dem Land. Jetzt kam es vor 1,5 Wochen, dass ihr Großonkel also der Bruder ihrer Oma plötzlich verstorben ist. Der Großonkel und seine Schwester hatten seit 20 Jahren ein sehr schlechtes Verhältnis und hatten sich sogar zerstritten. Seit über 10 Jahren haben die beiden zwar in unmittelbarer Nachbarschaft in verschiedenen Häusern gewohnt, aber kaum ein Wort miteinander gewechselt, nicht mal ein "Hallo" oder so.

Jetzt ist der Großonkel meiner Bekannten gestorben und das hat gerade auf dem Land natürlich sehr schnell die Runde gemacht. Meine Bekannte traf nach dem Todesfall auch ihre Oma und hat ihr kein Beileid ausgesprochen, weil sie zwar ihren Bruder verloren hat, aber die beiden waren sich eigentlich fremd und haben sich gehasst. Meine Bekannte wurde deswegen von ihrer Mutter total zusammen gefaltet, weil die Mutter wohl der Meinung ist, dass man bei Blutsverwandten immer das Beileid aussprechen sollte, egal wie das Verhältnis zum Toten war.

Wie seht ihr das? Muss man im Todesfall immer sein Beileid aussprechen? Bei welchen Personen würdet ihr das tun und bei welchen nicht? Ist das Verhältnis der Person zum Verstorbenen dafür essentiell oder die Blutsverwandtschaft? Würdet ihr allen Nachbarn euer Beileid aussprechen, wenn jemand in unmittelbarer Nachbarschaft auf einmal verstirbt?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde nicht, dass deine Bekannte ihrer Oma ein Beileid hätte aussprechen müssen. Der Grund ist ganz einfach. Der Verstorbene war doch auch ein Verwandter deiner Bekannten und nicht nur deren Oma. Also sollte man wohl eher IHR, aber auch ihrer Oma das Beileid aussprechen.

Hier, wo ich wohne, interessiert das irgendwie keinen. Oft bekommt man das nur nebenbei mit, obwohl es hier ein Dorf ist. Man unterhält sich oft zufällig und dann erst kommt sowas heraus. Das ist mir schon ein paar Mal passiert. Ich habe dann natürlich mein Beileid bekundet.

» YariXxX » Beiträge: 635 » Talkpoints: 21,58 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Da gibt es ja wirklich ganz unterschiedliche Situationen. In der beschriebenen hätte ich wohl mein Beileid ausgedrückt. Einfach wegen dem Alter der Großmutter. Bei der Generation wird das erwartet und alles andere wäre unhöflich. Je nach Verhältnis zur Großmutter kann man dann ja auch weiter fragen, wie es ihr damit geht. Ich denke, wenn man mit dem Verstorbenen Streit hatte und viel böses Blut geflossen ist, macht es die Sache mitunter sogar schwerer. Auch aus dem Grund hätte ich mein Beileid ausgesprochen.

Meine Schwägerin hat bei dem Absturz des Germanwings-Flugzeuges einen Kollegen verloren und dies mir und anderen Familienmitgliedern mitgeteilt. Daraufhin habe ich auch mein Beileid ausgedrückt. Andere aus der Familie fanden das daneben, weil es ja "nur" ein Kollege war und meinten auch, dass man das nur bei Blutsverwandtschaft macht. Aber zum einen weiß ich nicht, wie eng ihr Verhältnis war und zum anderen war sie eben traurig. Was sollte ich also sonst sagen?

Ich denke, in Fällen wie diesen werde ich immer mein Beileid ausdrücken. Also bei Blutsverwandtschaft immer, egal wie sie sich verstanden haben. Denn man weiß nie, was für Gefühle unter dem ganzen Hass und Streit verborgen liegen. Er war immerhin ihr Bruder und ist das auch immer geblieben. Das hört nicht auf. Und es steht einem nicht zu, das zu beurteilen. Man macht jedenfalls nichts falsch, wenn man sein Beileid ausdrückt. Da kann man dann abwinken. Aber andersherum kann es eben für viel Ärger sorgen.

Außerhalb von Blutsverwandtschaft ist "Mein Beileid" einfach eine Floskel, die ein bisschen helfen soll. Man muss ja auch nicht unbedingt "Mein Beileid" sagen. "Du Ärmste, das tut mir aber leid" ist doch im Endeffekt nichts anderes. Und wenn derjenige traurig ist, kann man ihm das doch kaum verwehren.

Wenn allerdings kaum Verbindung zwischen den beiden bestand, finde ich es auch überflüssig. Bei Nachbarn, die nur Hallo gesagt haben, beispielsweise. Dann kann man ja auch kaum von Traurigkeit sprechen. Dann ist man überrascht, spekuliert über die Todesursache oder solche Dinge, es erinnert einen an die eigene Sterblichkeit. Man ist also nicht superfröhlich, aber traurig eben auch nicht. Und wo kein Leid ist, brauche ich nicht mein Beileid ausdrücken.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Bei uns starb in der Nachbarschaft auch ein guter Bekannter und wir haben der Witwe unser Beileid ausgesprochen und ihr ein bisschen Geld gegeben, die Krebskrankheit ihres Mannes hat alle Ersparnisse aufgebraucht. Seitdem sind wir sehr gut befreundet, früher doch eher verfeindet.

Ich denke einfach, man sollte wirklich nur sein Beileid aussprechen wenn man es wirklich ernst meint. Wenn man also einen Nachbar verloren hat und man kein schlechtes Verhältnis hatte, so sollte man schon eine Karte oder sein Beileid aussprechen. Ich habe zu einem Großvater in Italien auch keinen Kontakt und wenn er sterben würde, würde ich auch kein Beileid oder ähnliches zusenden, da ist mir die Verwandschaft egal.

» Bascolo » Beiträge: 3586 » Talkpoints: 0,29 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich würde das auch so handhaben, wie ich es für richtig empfinden würde. Für mich muss auch nicht immer eine Blutsverwandtschaft oder ähnliches bestehen, damit ich jemandem mein Beileid ausspreche. Ich denke, dass sich das auch in manchen Situationen einfach so ergibt.

Im Fall mit der Oma, hätte ich auch trotz allem mein Beileid ausgesprochen. Es mag ja sein, dass sie sich von ihrem Bruder entfernt hatte und sie zerstritten waren, dennoch war es ihr Bruder und es heißt ja auch nicht zwingend, dass sie ihn gar nicht mehr mochte oder ihr sein Tod so gar nichts ausmacht.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


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