Sich nach Todesfall als Held fühlen können?
Ich habe in einem Artikel von einem kleinen vierjährigen Jungen gelesen, der mehr oder weniger als Held gefeiert wird. Dieser hatte wohl gelernt, wie man einen Notruf wählt für den Fall der Fälle und das dann auch erfolgreich umgesetzt, als die Oma - die auf ihn aufpassen sollte - in der Wohnung umkippte und regungslos liegen blieb.
Er machte dann auch den Rettungskräften die Tür auf nach dem Anruf und die Oma wurde ins Krankenhaus transportiert. Wenige Tage später starb sie trotz aller Bemühungen und der Junge war ganz traurig, was man auch verstehen kann.
Nun wird er aber laut Artikel als "Held" dargestellt, was ich so gar nicht verstehen kann. Ich finde es gut, dass er den Notruf wählen konnte und sich vorbildlich und korrekt verhalten hat. Aber als Held würde ich mich in der Situation nur dann fühlen, wenn die Oma auch überlebt hätte und wieder gesund geworden wäre. Wie seht ihr das? Kann man sich noch als Held fühlen, wenn es doch noch zum Todesfall kommt? Wie würdet ihr euch in so einer Situation fühlen?
Ich glaube, dass das für ein Kind eine ganz harte Sache ist. Immerhin hat es ja eigentlich alles richtig gemacht, konnte letztendlich aber doch nicht helfen und dann noch die Oma beim fast Sterben zu beobachten ist sicherlich nicht schön für ein Kind in dem Alter. Als Held sollte man ihn sicherlich nicht zwingend feiern, aber es ist schön, dass er das gemacht hat und den Willen hatte der Oma zu helfen.
Dem Jungen tut es bestimmt ganz gut, wenn auf diese Weise immer wieder betont wird, dass er alles richtig gemacht hat und es nicht seine Schuld ist, dass die Geschichte nicht gut ausgegangen ist. Ansonsten ist es natürlich eine rührselige Geschichte, die sich gut verkauft. Dazu braucht es natürlich eine entsprechend reißerische Schlagzeile, in die das Wort "Held" ganz gut reinpasst.
Das Gute daran ist, dass vielleicht einige Eltern dadurch darüber nachdenken, ihren Kindern beizubringen, wie man den Notruf wählt. Immerhin sind in vielen Situationen nur kleine Kinder anwesend, wenn Erwachsene in Not geraten und wenn sie wirklich nur unwissend weinend daneben sitzen können, ist ein Trauma mit großen Schuldgefühlen ja vorprogrammiert.
Aber generell finde ich nicht, dass heldenhaftes Verhalten und Erfolg immer zwingend zusammengehören. Nehmen wir mal an, zwei Menschen drohen zu ertrinken. Zwei andere Menschen springen in die Fluten, um sie zu retten. Der eine schafft es, der andere nicht. Warum ist der Erfolgreiche dann mehr ein Held als der andere? Beide haben den gleichen Mut bewiesen. Vielleicht war bei dem einen die Strömung stärker, aber sein Verhalten war exakt das gleiche.
Wie Bienenkönigin schon gesagt hat: Rührselige Geschichte, die sich gut verkauft, mit kleinem Buben in der Hauptrolle. Da greift man schon etwas tiefer in die Trickkiste der großen Worte. Aber "Held" hin oder her, ich finde schon, dass es eine Leistung ist, wenn ein Vierjähriger(!) in einer schlimmen Situation richtig reagiert und etwas schafft, was sogar viele Erwachsene vergeigen, nämlich einen Notruf richtig abzusetzen. Dafür hat der Bub in meinen Augen schon eine Menge Lob und Anerkennung verdient.
Dass die Oma trotzdem über den großen Jordan gegangen ist, hat damit in meinen Augen gar nichts zu tun. Manchmal kann man eben nichts machen, aber das findet man immer erst hinterher heraus. Ich würde daher "Heldentum", wenn man das Wort schon so verwenden möchte, nicht vom Ergebnis abhängig machen, sondern von den Werten und Qualitäten, die der "Held" gezeigt hat, und die ihn von der breiten Masse abheben, die entweder panisch oder gar nicht reagiert hätte.
Generell tue ich mir jedoch sowieso schwer damit, jemanden außerhalb von Filmen und Klatschgeschichten wie der hier genannten als "Held" zu bezeichnen. Viele Leute tun "heldenhafte" Dinge als Teil ihres Jobs, und die wahren Helden würden sich so einen dämlichen Titel sowieso nicht anhängen lassen wollen. Es handelt sich dabei nämlich nicht um eine separate Spezies, sondern in den allermeisten Fällen um ganz normale Menschen, die über sich hinauswachsen, wenn es darauf ankommt.
Ich würde das auch nicht einfach so abtun und finde ebenfalls, dass es für ein Vierjähriges Kind schon eine wirklich große Leistung ist, den Notruf zu wählen und vor allem die Situation richtig einzuschätzen. Ich denke, dass dem Kind damit nur gezeigt werden soll, wie toll es reagiert hat und wie großartig man dies findet.
Ob die Bezeichnung Held da nun so gut gewählt ist, ist natürlich fraglich. Trotzdem hat er sich sehr gut verhalten und der Oma vielleicht erspart, dass sie eben lange in der Wohnung gelegen hätte. Den Jungen als Held zu bezeichnen wird in den Medien auch einfach für mehr Aufmerksamkeit und Interesse daran sorgen.
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