Sich als Student mit bestimmten Themen nicht befassen wollen

vom 17.12.2016, 08:47 Uhr

Eine Bekannte von mir ist Medizin-Studentin und in einem Kurs ist es wohl so, dass sie das Thema "Suizidalität" zugewiesen bekommen hat und das Thema aufbereiten und anschließend dem Kurs vermitteln muss. Jeder aus diesem Kurs hat wohl ein anderes Thema zugewiesen bekommen. Was für ein Kurs das ist, kann ich nicht sagen.

Jedenfalls meint meine Bekannte, dass sie sich aus persönlichen Gründen nicht mit diesem Thema beschäftigen kann und es auch nicht möchte. Sie ist aus diesem Grund auf der Suche nach jemandem, der bereit wäre, dieses Thema mit ihr zu tauschen, aber bisher hat sich noch niemand gemeldet. Auch verstehe ich nicht, wo da jetzt der Unterschied sein soll. Sie wird das Thema so oder so behandeln müssen, egal ob jetzt bei der Recherche und Aufbereitung für die anderen Kursteilnehmer oder als Zuhörer. Um die Prüfung kommt sie nicht herum und muss sich mit dem Thema so oder so beschäftigen.

Eine andere Bekannte ist der Ansicht, dass die Medizin-Studentin sich total anstellen würde. Denn als angehender Mediziner müsste man mit allen Formen der psychischen und physischen Erkrankung (Suizid ist ja eine Folge von depressiver Erkrankung) umgehen können und wenn man das nicht könnte, wäre man zu sensibel für diesen Beruf und sollte etwas anderes lernen. Wie seht ihr das? Findet ihr das in Ordnung, wenn man sich als Student nicht mit bestimmten Themen befassen möchte, die vom Dozenten aber so zugeteilt worden sind? Wäre das nicht Leistungsverweigerung? Ist so jemand im medizinischen Beruf überhaupt richtig?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Will sie sich denn niemals mit dem Thema beschäftigen oder fühlt sie sich nur gerade unwohl damit, weil vor kurzem jemand in ihrem Umkreis Selbstmord begangen hat? Wenn sie sich tatsächlich nie mit Selbstmord beschäftigen will, ist das bei der Berufswahl schon kritisch.

Selbst als Hausärztin oder als Fußärztin kann es zu Situationen kommen, in denen man Selbstmordabsichten bei Patienten erkennen muss. Man arbeitet immerhin mit Menschen und man ist Ansprechpartner für medizinische Probleme. So ein Gespräch kann ganz schnell eine neue Wendung bekommen und muss nicht bei Entzündungen Halt machen. Ich stell mir nur mal vor, meine Füße wären seit Jahren ein Problemherd, ich hätte Schmerzen und könnte nicht mehr gehen. Da liegt Selbstmord doch fast nahe.

Mich erinnert das an einen Kurs in meinem Biologiestudium. In dem Kurs haben wir Tiere seziert. Viele der Teilnehmer haben auf Lehramt studiert. Als sich einige anstellten, als sie einen Regenwurm sezieren sollten, hat ihnen der Dozent auch ganz schnell klargemacht, dass sie sich als Biologielehrer ordentlich blamieren würden, wenn ein Schüler mit einem Regenwurm in der Hand in den Unterricht kommt und sie sich so anstellen würden.

Jeder Beruf umfasst Bereiche, die man mag und andere nicht. Mit manchen kann man sogar richtig Probleme haben. Aber vermeiden lassen sie sich nicht. Die selbstmordängstliche Medizinstudentin könnte in die Forschung gehen, aber man kann seine Karriere doch nicht danach festlegen und in den nächsten 50 Jahren niemals von diesem Weg abkommen.

Sehr viel besser wäre es, wenn sie das Thema aufarbeitet. Das kommt ja auch als Nicht-Mediziner immer mal in unsere Nähe. Vielleicht ist jetzt nicht der beste Zeitpunkt für ein Referat darüber, aber in absehbarer Zukunft sollte sie das in den Griff bekommen. Für ihre Karriere und vor allem auch für sich selbst. Gerade, wenn man selbst direkt oder indirekt betroffen war, kann man später entsprechenden Patienten viel einfühlsamer helfen. Das ist eine Chance und kein Hindernis.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Manchmal sind Themen einfach zu präsent um neutral betrachtet zu werden. Manche können dann gut miteinander umgehen und andere Leute haben damit ein großes Problem und können sich dann gerade nicht mit dem Thema beschäftigen. Natürlich ist es für Ärzte wichtig Anzeichen zu erkennen, aber manchmal braucht man einfach ein bisschen Abstand zu solchen Themen, wenn man selber gerade irgendwie betroffen ist. Letztendlich kann man später vielleicht auch besser damit umgehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Da muss man halt durch, das ist doch überall so. Was sollen angehende Tiermediziner sagen, die später eine Kleintierpraxis führen möchten. Auch die müssen bis zum Erbrechen Lebensmittelsicherheit pauken, durch die klinische Rotation und das Schlachthofpraktikum durchstehen.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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