Erkennen Ärzte Adipositas nicht mehr?

Auf einer Familienfeier im vergangenen Jahr entstand eine Diskussion, da ich eine sehr übergewichtige Großtante habe. Ihrer Aussage nach erkennen Ärzte die Erkrankung Adipositas, also krankhafte Fettleibigkeit, nicht mehr. Selbst wenn es zu Rücken- und Gelenkbeschwerden, Pilzinfektionen oder Luftnot kommt, wird die Adipositas nicht angesprochen oder laut ihrer Aussage nicht erkannt.

Ich habe darüber gelegentlich nachgedacht und ich glaube, dass viele Ärzte das Übergewicht ihrer Patienten nicht ansprechen, da sich die Übergewichtigen unwohl oder gedemütigt fühlen und den Arzt anschließend nicht mehr aufsuchen wollen. Einige Menschen schieben ihr Gewicht auch auf die Gene und nicht auf Bewegungsarmut oder Fehlernährung. Auch geht man davon aus, dass man die Folgeerkrankungen kennt.

Erkennen Ärzte krankhafte Fettleibigkeit nicht mehr oder wird diese Erkrankung unter den Tisch gekehrt, da man Patienten nicht auf den Schlips treten möchte?

Was soll das mit nicht Erkennen oder mit der Sorge, den Patienten emotional zu verletzen zu tun haben. Die Großtante ist also zu schwer und das weiß sie. Sonst würde sie schließlich nicht meckern, dass Ärzte die Adipositas nicht erkennen. Außerdem leidet sie unter Rückenbeschwerden, Pilzinfektionen, Gelenkproblemen und Luftnot.

All das bewegt sie nicht dazu, ihr Gewicht zu verringern. Sie fragt auch nicht den Arzt, wie sie abnehmen könnte. Warum sollte jetzt ein Arzt seine Zeit verschwenden und gegen die Wand reden? Oder glaubt sie, dass sie dann auf magische Weise leichter wird?

Ich höre ja immer wieder mal - auch hier in diesem Forum - dass Patienten auf ihr Übergewicht und ihre Unsportlichkeit angesprochen werden, obwohl sie aus ganz anderen Gründen einen Arzt aufgesucht haben. Die fühlen sich wohl schon auf den Schlips getreten, aber angesprochen wurde es wohl schon.

In deinem Fall ist die Frage ja aber auch, was die Frau mit "erkennen" überhaupt meint. Was erwartet sie von ihren Ärzten? Wenn sie eine Behandlung für ihr Übergewicht möchte und nicht nur für ihre Symptome ist es ja erst mal ihr Job das anzusprechen. Die meisten Ärzte erwarten heutzutage von ihren Patienten ja schon, dass sie mitdenken und sich nicht wie unmündige Kinder verhalten.

Und wenn man als Arzt eine Patientin vor sich sitzen hat, die ganz offensichtlich extrem dick ist, geht man doch davon aus, dass sie weiß, dass sie extrem dick ist. Was soll der Arzt dann machen wenn sie von sich aus das Problem nicht anspricht? Er muss doch davon ausgehen, dass sie nichts am eigentlich Problem ändern will.