Wegen Babygeschrei an elterlicher Kompetenz zweifeln?

vom 15.05.2017, 06:38 Uhr

Ich habe kürzlich gelesen, dass etwa 13 Prozent aller Babys so genannte Schrei-Babys sind. Das Thema soll wohl sehr schambesetzt sein. Viele Menschen würden das Schreien nämlich als etwas interpretieren, was mit der eigenen elterlichen Kompetenz zu tun hat. Das wäre aber Unsinn, da die Gründe für das Schreien auch andere Ursachen haben können, zum Beispiel Reizüberflutung durch die Umgebung.

Da ich kein Baby habe, weiß ich nicht, wie normal oder verbreitet derartige Gefühle sind. Ist es tatsächlich so, dass man an der elterlichen Kompetenz zweifelt und sich schämt, wenn das eigene Baby schreit oder ist das kompletter Unsinn? Wie erging es euch bei euren Kindern, als diese noch klein waren? Seid ihr der Meinung, dass gute Eltern keine schreienden Babys zu Hause haben? Findet ihr Scham bei diesem Thema angebracht und normal?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es ist schwer da mit zu reden, wenn man das nicht kennt und nicht weiß, was das für ein Stress ist wenn man auch ein Schreikind Zuhause hat. Sicherlich zweifelt man da auch an sich selbst, wenn man alles probiert hat, einem nichts mehr einfällt und das Kind sich dennoch nicht beruhigen lässt. Dazu musst du das weiter aushalten, alleine das Schreien mit anhören verursacht weiteren Stress der auch dumme Gedanken erzeugt.

Es ist rein menschlich und natürlich, wenn man etwas nicht weiß woran es liegt und warum das so ist, dass man sich unwohl fühlt. Bis zu einem Punkt und irgendwann interpretiert man das auch in ein eigenes Versagen hinein, warum man das nicht auf die Reihe bekommt, warum das Kind nicht aufhört zu schreien. Der Grund ist nicht immer ersichtlich und klar was einem Kind fehlt und da probiert man einfach aus, ob es nun Bauchweh ist, Hunger, Kuscheln usw. Aber auch da ist die Geduld irgendwann mal vorbei und man möchte, dass es aufhört schon um den eigenen Willen her.

Ich habe kein Schreikind aber ich weiß wie es mit einem Zuhause ist. Meine kleinste Schwester war ein Schreikind die jeden Tag 8-12 Stunden geschrien hat. Was ihr fehlte und warum wusste auch erst niemand bis man nach mehreren Monaten auf den Trichter gekommen ist, dass sie eine Geburtsverletzung erlitten hatte die ihr starke Schmerzen verursacht hat. "Dank" einem Arzt der wie ein bekloppter an ihr gezogen hatte, hatte sich die Wirbelsäule verklemmt und starke Schmerzen verursacht. Da sie sich nicht anders zu helfen wusste, hat sie geschrienen vor Schmerzen und dazu noch Luft in den Bauch bekommen, welches noch mehr Schmerzen verursacht hatte. Mit einer eingeleiteten Therapie mit Krankengymnastik, Osteopathie und Schmerzmitteln wurde es besser.

Aber meine Mutter hättest du da mal sehen sollen, 12 Stunden am Tag mit schreiendem Baby auf dem Arm, dazu 3 Kinder im Alter von 2,5-8 Jahren, Haushalt, komplettes Haus an der Backe. Sie kam zu nichts mehr, hat nicht mehr gegessen, nicht mehr geschlafen und unser Erzeuger war lieber Monatelang im Ausland unterwegs anstatt Zuhause. Hilfe von der Familie? Blöde Sprüche das ging, aber nicht mehr.

Entsprechend war ich und mein Bruder die größte Entlastung und wir haben den Haushalt geworfen mit 7 und 8 Jahren neben der Schule, das Kind abgenommen und solche Dinge. Da wog meine Mutter noch 30 Kilogramm als das endlich vorbei war und auch das Schreien sorgte mit dafür, dass sie hinterher mit Depressionen zur Flasche gegriffen hat. Weil sie auch festgestellt hat als das Schreien vorbei war, dass ich und mein Bruder soweit selbstständig sind und es alleine hin bekommen uns um die kleinsten ebenfalls mit kümmern, hat es nicht besser gemacht und sie fühlte sich Nutzlos. Somit kam da auch das eine zum anderen und in der Summe bestimmt das ihr Leben bis heute, obwohl das schon knapp 30 Jahre her ist.

Jedes Kind ist unterschiedlich, dass eine schläft durch, das andere nicht. Eines weint mehr, eines gar nicht. So kann man es nicht pauschal sagen aber wird einem gerne vieles eingeredet als Elternteil und schnell wird man Kritisiert von Leuten die nur Momentane Sachen sehen und nicht jeder kann darüber stehen. Somit ist es vor allem die Gesellschaft die dazu beiträgt, dass sich eben die Eltern dann minderwertig vorkommen und zu dumm für ihre Kinder und an sich Zweifeln. Gerade wenn du schon unter Stress stehst, bist du noch angreifbarer und lässt solche Dinge mehr an dich heran, als wenn alles super läuft wie es sich der Rest vorstellt und auch erwartet.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Also ich selbst habe schon des Öfteren an meinen mütterlichen Fähigkeiten gezweifelt, wenn mein Kleiner stundenlang vor sich hin gebrüllt hat und sich durch nichts und niemanden beruhigen ließ. Ich denke aber, dass das normal ist, das man irgendwann einmal die Nerven wegwirft und an sich selbst zweifelt.

Vor allem dann wenn es so scheint, als ob nur das eigene Kind ständig schreit, während die Kinder von Bekannten seelenruhig zu sein scheinen und schon nach wenigen Monaten die ganze Nacht durchschlafen.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Man hat ja einfach nicht Nerven aus Stahl, wenn das Kind stundenlang schreit. Zum Glück habe ich kein Schreikind, aber ich kenne es durchaus, dass man verzweifelt, wenn man keine Ursache findet oder nicht sofort eine Ursache findet und das Kind schreit. Da zweifelt man wirklich schnell mal, ob man alles so gut macht, aber letztendlich geht es wohl allen Eltern mal so.

Gerade bei einem Schreikind mag ich mir gar nicht vorstellen, wie es ist da die Nerven zu behalten, ruhig zu bleiben und nicht völlig fertig und am Ende zu sein. Ich würde mir das so nicht zutrauen. Man wächst ja mit seinen Aufgaben und letztendlich würde ich so ein Kind genauso lieben, aber es kostet einfach Nerven und natürlich zweifelt man dann auch an sich. Gut ist es dann sicherlich, wenn man einen starken Rückhalt hat und jemanden, der einen auch mal helfen kann, aber das hat ja auch nicht jeder.

Ich habe dafür ein Kind, was mit wenig Schlaf auskommt, was bei meinem Mann auch so war und gerade am Anfang hat dieser Schlafmangel auch dafür gesorgt, dass ich gezweifelt habe ob ich das alles so schaffen kann. Man macht dann aber einfach weiter und es geht auch. Es wird auch irgendwann besser, selbst mit einem Schreikind, denn irgendwann kann das Kind ja auch sagen, was es möchte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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